Stumme Zeugen
musste alles per Hand erledigt werden.«
Hearne hörte konzentriert zu und war gespannt auf den Fortgang der Geschichte.
»Letztlich hatten wir 1377 Seriennummern von den Hundertdollarnoten. Der Rest waren andere Scheine oder Kreditkartenbelege. Aber der größte Teil der Beute waren kleine gebrauchte Scheine, deren Zirkulation man unmöglich verfolgen kann.«
Hearne blickte auf die Fotokopien der Banknoten auf seinem Schreibtisch.
»Während der nächsten drei Jahre tauchte kein einziger Hundertdollarschein mit einer registrierten Seriennummer auf«, fuhr Villatoro fort. »Nicht einer. Dann erfuhren wir von einem, der durch vier verschiedene Geldinstitute gewandert war, aber die Herkunftsbank war Ihre. Damals haben wir nichts getan, weil ein einzelner Schein bedeutungslos ist. Womöglich war er durch die Hände eines Dutzends von Personen oder Geschäftsleuten gegangen. Trotzdem habe ich eine Kopie für meine Akte gemacht, und die liegt jetzt vor Ihnen. Im Laufe der Jahre tauchten zwei weitere Scheine auf, einer erst in Kalifornien und später in Nevada, der andere in Nebraska. Wir entdeckten keinerlei mögliche Verbindung zu dem Raubüberfall. Vor zwei Monaten tauchten dann weitere vier Banknoten auf, die alle aus Ihrer Bank kamen. Sie sind auf den vier oberen Kopien abgebildet. Diesmal schien es, als könnte etwas dahinterstecken. Ich habe die Information an meine Verbindungsleute beim LAPD weitergegeben, doch für sie war die Akte geschlossen. Schnee von gestern. Meine Polizeibehörde war sehr klein, mit nur vier Detectives. Unser Budget war so gering, dass es mir nicht möglich gewesen wäre, im ganzen Land herumzureisen,
um die Spur zu verfolgen, und der Tag, wo ich gezwungenermaßen in den Ruhestand treten musste, rückte näher. Nach meinem Abschied hatte keiner der Detectives Interesse daran, sich weiter mit dem Fall zu beschäftigen, doch mir ließen diese Banknoten keine Ruhe. Woran sich bis heute nicht geändert hat. Sie sind meine einzige Spur zu der verschwundenen Beute und somit zu den Tätern. Arcadia ist ein friedlicher Ort, Mr Hearne, zumindest war es mal einer. Dort hat es jährlich nie mehr als vier Fälle von Mord oder Totschlag gegeben, der Durchschnitt während meiner dreißig Dienstjahre betrug zwei pro Jahr. Nur zwei, und dabei handelte es sich nicht um abscheuliche, mysteriöse Verbrechen, sondern um die Folgen häuslicher Gewalt oder leicht zu lösende Tötungsfälle. Der Tod des Sicherheitsbeamten der Bank ist der einzige ungelöste Mordfall in unseren Akten, und zuständig war ich. Ich muss einfach versuchen, den Fall zu lösen, selbst wenn ich es jetzt nicht mehr im Dienst, sondern in meiner Freizeit tue.«
Hearne warf einen weiteren Blick auf die Kopien und wartete gespannt, dass Villatoro weitererzählte.
»Ich glaube nun, dass jemand, der zumindest zu einem Teil der Beute des Raubüberfalls Zugang hat, hier in der Gegend wohnt und Kunde Ihrer Bank ist«, sagte Villatoro. »Jetzt will ich herausfinden, wer das sein könnte.«
»Und wie wollen Sie vorgehen?«
Villatoro lächelte. »Ich würde gern einen Blick auf die Konten Ihrer Bank werfen. In erster Linie auf diejenigen, die vor vier Jahren eröffnet wurden und auf denen immer noch Bewegung ist. Vielleicht stoße ich auf einen Namen, der mir ins Auge springt. Wenn ich ihn mit Kalifornien in
Verbindung bringen kann, wäre das ein erster Schritt in die richtige Richtung.«
Hearne zog eine Grimasse. »Wir können Ihnen nicht einfach eine Liste unserer Kunden geben. Das verstößt gegen das Gesetz.«
Villatoro nickte. »Ich weiß. Aber wenn ich eine Genehmigung der zuständigen Behörden bekomme, werden Sie sich hoffentlich kooperativ zeigen. Um mehr bitte ich nicht. Aber falls Sie auf Anhieb eine Ahnung haben, wer diese Person sein könnte …«
Hearne schüttelte den Kopf und gab Villatoro die Kopien zurück. »Ich habe keine Ahnung. Bei uns gibt es Hunderte von neuen Konten, und ich wette, dass ein Viertel der Inhaber aus Kalifornien kommt. Selbst wenn ich einen Verdacht hätte, bin ich mir nicht sicher, ob ich ihn Ihnen gegenüber äußern dürfte.«
»Bei dem Raubüberfall ist ein Mensch ums Leben gekommen, Mr Hearne. Ein verheirateter Mann mit zwei Kindern.«
Hearne wandte den Blick ab. »Das ändert nichts an meinen Vorschriften, und Sie wissen es.«
Villatoro lehnte sich zurück. »Entschuldigen Sie. Ich verstehe.«
»Reden Sie mit dem Sheriff«, sagte Hearne. »Er heißt Carey. Wenn Sie ihm Ihr Problem erklären,
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