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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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begleitet er Sie vielleicht zu einem Richter, der einen Beschluss beantragen kann, dass Sie die Konten einsehen dürfen. Ich kann nichts mehr für Sie tun.«
    Für einen Augenblick herrschte ein unbehagliches Schweigen, das schließlich von Villatoro gebrochen wurde. »Den
Sheriff werde ich mit Sicherheit aufsuchen, das hatte ich sowieso vor. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass der Bankdirektor des renommiertesten Geldinstituts einer Stadt häufig derjenige ist, der den Charakter anderer am besten einschätzen kann. Das habe ich in solchen Situationen mehrfach festgestellt. Ein Bankdirektor oder sein Stellvertreter wissen, wo seltsame Bareinzahlungen herkommen oder ob etwas daran merkwürdig ist, wie Kunden ihre Geldgeschäfte handhaben. Große Bareinzahlungen - vielleicht knapp unter der Benachrichtigungsgrenze von zehntausend Dollar - erregen gewöhnlich Aufmerksamkeit. Besonders, wenn es … gewisse Elemente unter den Bewohnern einer Stadt gibt, bei denen man mit solchen Bargeldmengen nicht rechnen würde.«
    Villatoro fühlte den prüfenden Blick des Bankers auf sich ruhen und wartete auf seine Reaktion.
    »Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, Mr Villatoro. Wie alle haben auch Sie die Geschichten über rassistische Weiße bei uns hier oben gehört. Über eine Organisation wie die Aryan Nations und diese Nazis. Das halbe Land glaubt, wir alle wären keinen Deut besser als reaktionäre Südstaatler oder sonstige Rassisten. Und sie fragen sich, ob diese Klientel zu den Kunden meiner Bank gehört.«
    »So könnte man es sagen.«
    Hearne machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wir haben diese Typen schon vor Jahren von hier vertrieben, Mr Villatoro, denn wir mochten sie genauso wenig wie Sie. Und wir haben sie auf dieselbe Weise drangekriegt, wie das FBI es damals bei Al Capone gemacht hat. Nämlich herausgefunden, dass sie ihre Steuern nicht bezahlten. Doch obwohl
das Problem seit Jahren nicht mehr existiert, werden wir unseren schlechten Ruf anscheinend nie mehr los.«
    Villatoro antwortete nicht sofort. Er verstand die Heftigkeit von Hearnes Reaktion und seine Empörung, glaubte aber trotzdem, dass er ihm helfen würde. Im Gegensatz zu ihm waren andere Banker offen feindselig und zogen Nachforschungen in die Länge. Hearne schien anders zu sein.
    Er schloss seine Aktentasche und stand auf. »Vielen Dank, Mr Hearne. Falls ich Ihnen oder Ihren Mitbürgern zu nahe getreten bin, tut es mir sehr leid.«
    »Schon vergeben.« Hearne schüttelte seinem Besucher die Hand. »Erzählen Sie Ihren Kumpels in L. A., dass wir die Dreckskerle vertrieben haben. Übrigens würden sie heutzutage wahrscheinlich überall lieber leben als hier. Wussten Sie, dass viele pensionierte Polizisten hierher gezogen sind? Sie machen einen großen Teil unserer Ruheständler aus.«
    Villatoro nickte. »Ich habe davon gehört. Einer meiner besten Freunde vom LAPD nennt die Gegend hier Blue Heaven. Interessant, dass so viele ehemalige Polizisten herziehen. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund?«
    Hearne zeigte auf das Fenster. »Es ist ein wundervoller Landstrich, wie Sie sicher schon bemerkt haben. Berge, Seen, jede Menge Freizeitangebote unter freiem Himmel. Verglichen mit dem, was man sonst so hört, sind Grundstücke verdammt billig. Und unsere Lebenskultur ist einladend, denke ich. Die Menschen hier sind bodenständig und sehr auf ihre Unabhängigkeit bedacht. Sie stellen nicht viele Fragen und glauben an die Maxime ›Leben und leben lassen‹. Mit der Regierung und irgendwelchen Autoritäten
haben sie nicht viel am Hut, und doch sind sie stets für Gesetz und Ordnung. Jeder hat eine Waffe, und wir sind stolz darauf. Solange man sich wie ein guter Nachbar verhält, ist es uns egal, wo einer herkommt, was er beruflich tut oder was sein Vater war. Wie gesagt, die Leute hier sind bodenständig, früher waren viele Holzfäller, Minenarbeiter oder Cowboys. Meiner Ansicht nach mögen sie die Excops, weil sie die nicht für feine Pinkel halten.« Hearne errötete leicht. »Das alles hört sich an, als würde ich gerade einen Werbefilm für unsere Handelskammer drehen.«
    »Schon okay. Offenbar haben Sie lange über diese Dinge nachgedacht.«
    »Ich möchte meine Kunden kennen.« Hearne beugte sich vor und verschränkte die Finger auf der Schreibtischplatte, offenbar ein dezenter Hinweis, dass das Gespräch beendet war.
    Als Villatoro gerade die Tür öffnen wollte, räusperte sich Hearne. »Bevor Sie gehen, möchte ich Ihnen eine Frage stellen, Mr

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