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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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eine kleine Summe aus seiner Lebensversicherung erhalten, doch das Geld war schon fast aufgebraucht. Es war absehbar, dass sie das Haus nicht halten konnte. Sie hatte Villatoro angefleht, ihr zu helfen, aber er konnte nichts tun. Als er an jenem Tag das Haus verließ und im Vorgarten beinahe über das Schild mit der
Aufschrift zu verkaufen gestolpert wäre, hatte er sich etwas geschworen: Er würde den Mörder ihres Mannes finden.
    Doch niemand von den Verurteilten nannte je die Namen der flüchtigen Männer, die die Geldtransporter ausgeraubt und Steve Nichols ermordet hatten. Entweder waren die Inhaftierten außerordentlich raffiniert, oder - und Villatoro neigte mittlerweile zu dieser Annahme - sie kannten die Identität der Täter nicht. Und niemand hatte etwas gesagt, das Licht in die Geschichte bringen und ihm weiterhelfen konnte.
     
    Es wäre unhöflich gewesen, Celeste am Wochenende um diese Uhrzeit noch durch einen Anruf zu stören. Villatoro zog das Telefon an den Rand des Nachttischs und beschloss, seiner ehemaligen Partnerin eine Nachricht auf der Mailbox ihres Handys zu hinterlassen.
    »Es tut mir leid, dir das Wochenende zu verderben, Celeste, aber würdest du bitte morgen ins Büro gehen und alle Akten zum Fall Santa Anita hervorkramen? Du musst sie durchblättern und sehen, ob du irgendwo den Namen Newkirk findest.« Er buchstabierte ihn. »Seinen Vornamen kenne ich nicht, aber ich vermute, dass er früher Polizist beim LAPD war. Der Name kann in den Akten stehen, vielleicht auch in der Randspalte oder auf einem Stück Schmierpapier. Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Ich wünschte, ich würde mich erinnern. Irgendwie kommt mir der Name bekannt vor.« Er schwieg kurz. »Falls du ihn irgendwo findest, rufst du sofort an. Auch wenn du mich nicht erreichst, musst du noch mal genau unsere Ermittlungsberichte und die Gerichtsakten unter die Lupe nehmen. Alles und jedes.
Mir ist bewusst, was ich von dir verlange, zumal jetzt, wo ich doch eigentlich im Ruhestand bin. Du musst mir nicht helfen, und ich würde es dir nicht übel nehmen, wenn du keine Lust hast. Aber ich weiß nicht, an wen ich mich sonst wenden sollte, und ich will diesen Fall unbedingt lösen. Und ich weiß, dass es bei dir nicht anders ist. Vielen Dank, Celeste.«
    Warum kam ihm der Name bekannt vor? Weshalb musste er immer wieder an das zufällige Zusammentreffen im Büro des Sheriffs denken? Vielleicht irrte er sich. Eventuell lag es nur daran, dass Newkirk der Erste in North Idaho gewesen war, der ihn misstrauisch angeblickt hatte. Natürlich, andere blickten ihn erstaunt an, weil er nicht hierher passte. Aber Newkirk hatte ihn mit einem kalten Blick gemustert, ihn einzuschätzen versucht. Er war nicht auf sein Angebot eingegangen, ihm die Hand zu schütteln, als wollte er jeder weiteren Annäherung ausweichen.
    Und er war der Erste, der ihn nach den Begrüßungsfloskeln nicht gefragt hatte, wie es ihm in North Idaho gefalle.
    Ein Klopfen an der Tür ließ ihn zusammenzucken. Er stand auf, strich sein Hemd glatt und steckte es in die Hose. Da es keinen Spion gab, öffnete er die Tür einen Spaltbreit.
    Es war die Frau von der Rezeption, und sie hatte einen Eiskübel dabei.
    »Hallo«, sagte er. »Ich habe kein Eis bestellt.«
    Sie bedachte ihn mit einem verschwörerischen Lächeln. »Wir könnten etwas Bourbon darüberkippen und uns einen Drink genehmigen.«
    Er spürte, wie er errötete. Obwohl er im Weg stand, sah
er sie den Hals recken und in das Zimmer spähen. Sie wollte wissen, ob er allein war.
    »Sie scheinen ein sehr netter Mann zu sein.«
    »Ein netter verheirateter Mann.«
    Sie lachte heiser. »Ich verlange ja nicht, dass Sie sich scheiden lassen. Ich bin gerade mit meiner Schicht fertig und habe mir gedacht, Sie würden vielleicht gern ein Glas mit mir trinken.«
    Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sie war so geradeheraus, so verwegen. Und jetzt, nach Feierabend, kam sie ihm deutlich attraktiver vor als bei ihrer ersten Begegnung.
    Offenbar konnte sie Gedanken lesen. »Lieber ein anderes Mal, was?«, fragte sie lächelnd.
    »Vielleicht.«
    »Sie wissen, wo Sie mich finden«, sagte sie, ihm den Eiskübel reichend. Er blickte ihr nach, als sie den Flur hinabging. Hübscher Gang, dachte er. Wie hat sie wohl vor zwanzig Jahren ausgesehen? Am Ende des Korridors blieb sie stehen, warf ihm einen Blick zu und zwinkerte. Er winkte ihr zu und schloss die Tür.
    Während er den Eiskübel geistesabwesend auf den Schreibtisch

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