Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
nicht stimmt.«
    »Alles ist in Ordnung«, sagte er. »Ich muss gehen.«
     
    Im Büro des Sheriffs gab er der für die Sicherheitskontrolle zuständigen Frau seinen Gürtel, ein Multifunktionswerkzeug und sein Taschenmesser. Jetzt war er sich nicht mehr sicher, was er eigentlich hier wollte und mit wem er zu sprechen hoffte. Vielleicht mit jemandem, der Verständnis zeigen würde. Mit jemandem, den er kannte.
    Er trat zur Seite, als drei Endfünfziger den Korridor hinabkamen, um sich ihre Sachen zurückgeben zu lassen. Es war unübersehbar, dass sie wütend waren.
    »Das ist doch Schwachsinn«, sagte einer.
    »Völlig ausgeschlossen, dass sie ausreichend Leute haben«, fügte ein anderer hinzu. »Der Sheriff jammert immer, dass er nicht genug Männer hat, aber uns weist er ab.«

    »Genau«, sagte der dritte. »Ich wette, dass dieses Arschloch von Singer dahintersteckt. Über den ist mir schon allerhand zu Ohren gekommen.«
    Der erste Mann blickte auf, als er seine Brieftasche einsteckte, und sah, dass Jess ihnen an der Sicherheitskontrolle den Vortritt lassen wollte.
    »Tut uns leid, wir wollten Sie nicht warten lassen.«
    »Wollten Sie sich als Freiwillige melden?«, fragte Jess. »Sind Sie auch Polizisten?«
    »Polizisten im Ruhestand«, antwortete der zweite Mann. »Wir waren früher beim LAPD. Aber der Sheriff wollte uns nicht mal empfangen. Er hat durch seine Sekretärin ausrichten lassen, wir sollten unsere Namen aufschreiben, aber im Moment benötige er keine Hilfe. Soll man den Unsinn glauben? Jetzt, wo zwei Kinder spurlos verschwunden sind?«
    Für Jess war diese Information äußerst interessant.
     
    Die Frau hinter dem Schreibtisch im Empfangsbereich sagte, der Sheriff sei im Haus, könne aber niemanden empfangen. Jess blieb keine Zeit, sich nach dem Grund zu erkundigen. »Er ist an seinem Schreibtisch eingeschlafen«, sagte die Frau. »Der Ärmste ist völlig erschöpft. Gerade hat er eine Pressekonferenz gegeben, um den Beginn der Großfahndung bekannt zu geben. Jetzt sucht das ganze Land nach Tom Boyd und diesen bedauernswerten Kindern. Ich nehme an, Sie haben gehört, was passiert ist. Sind Sie in einer dringenden Angelegenheit hier?«
    Konnte man das sagen? Er war sich nicht sicher.
    Tom Boyd. Den Namen kannte er. »Der Fahrer von UPS?«, fragte er ungläubig.

    »Genau der.«
    Am anderen Ende des Raums sah er Buddy Millen, einen Deputy des Sheriffs, der früher auf der Rawlins Ranch bei der Heuernte geholfen hatte. Jess winkte, Buddy erwiderte den Gruß. Dann trat er durch die Schwingtür hinter die Theke und setzte sich an seinen Schreibtisch.
    »Ich habe eben noch an Sie gedacht«, sagte er. »Mein Suchtrupp war in der Nähe Ihrer Ranch unterwegs. Wenn ich Ihre Weiden sehe, tut mir sofort wieder der Rücken weh.«
    Buddy wirkte erschöpft, und seine Kleidungsstücke waren dreckig.
    »Warum wurden diese drei Männer abgewiesen?«, fragte Jess. »Es sind Polizisten im Ruhestand, die bei der Suche nach den Kindern mithelfen wollten.«
    »Sie sind nicht die Ersten, die abgewiesen wurden«, sagte Buddy. »Die Hälfte unserer Ruheständler war hier.«
    »Warum will der Sheriff ihre Hilfe nicht annehmen?«
    Buddy zuckte die Achseln. »Meiner Meinung nach steckt Singer dahinter. Vermutlich glaubt er, bereits genug Freiwillige zu haben. Er hat hier das Sagen. Ich persönlich halte das für Schwachsinn. Wenn’s nach mir ginge, würden Hundertschaften nach den Kindern suchen.«
    »Die drei von eben waren der gleichen Ansicht«, sagte Jess.
    »Hören Sie, ich mache gerade Feierabend. Gleich geht’s nach Hause, dann haue ich mich erst mal hin. Ich bin seit sechsunddreißig Stunden auf den Beinen.«
    »Und die Suche war erfolglos?«
    Buddy nickte traurig, blickte sich kurz um und beugte sich vertraulich zu Jess vor. »Eigentlich dürfte ich es nicht
sagen, aber hier ist einiges in Bewegung geraten. Wir verfolgen eine Spur. Jemand aus der Stadt hat vor laufender Kamera ein Geständnis abgelegt.«
    Das Video. »Tatsächlich? Der Fahrer von UPS?«
    Buddy nickte. »Unglücklicherweise suchen wir mittlerweile nicht mehr die Kinder, sondern ihre Leichen. Eine entsetzliche Geschichte. Bitte behandeln Sie das vertraulich. Eine öffentliche Erklärung wird es erst morgen geben.«
    Jess versuchte, sich seine Verwirrung nicht anmerken zu lassen. Am liebsten hätte er gesagt: Es geht ihnen gut, Buddy. Aber was sollte es bedeuten, dass Tom Boyd ein Geständnis abgelegt hatte? Was hatte er gestanden?
    Okay, dachte er.

Weitere Kostenlose Bücher