Stummer Zorn
Heckklappe geöffnet hatte, wuchtete ich mit gewaltigem Elan Müllsäcke.
„Das ist der mit dem ganzen Katzenstreu und dem zerbrochenen Glas", protestierte er, als ich nach dem letzten Beutel griff.
Ich warf ihm einen höhnischen Blick zu. Weil Cully nicht nur ein Mann und ein Südstaatler, sondern außerdem noch Jogger war, neigte er aufgrund seiner überlegenen Stärke dazu, eingebildet zu sein. Pfui, Cully! Ich bin groß und trainiere jeden Tag - na ja, fast jeden Tag -, und ich werde hier nicht die hilflose Frau spielen.
Meine Übung darin, meine Gesichtsmuskeln zu kontrollieren, erwies sich als sehr nützlich. Ich schaffte es, den Beutel mit der erforderlichen Begeisterung von der Ladeklappe auf den Müllhaufen zu wuchten, aber ich war froh, daß Cully die Heckklappe schließen mußte. Das verschaffte mir Zeit, um wieder in den Pick-up zu steigen und den Schmerz einen glückseligen Augenblick lang durch sehr bodenständiges Fluchen herauszulassen.
Ich ließ noch einige weitere Schimpfworte heraus, als ich merkte, daß ich blutete. Scherben des zerbrochenen Glases hatten den Beutel und mich durchbohrt. Ich vermutete, der Schnitt sei klein; aber wie das Handverletzungen nun mal tun, blutete et heftig, und ich konnte nicht sicher sein. Als Cully neben mich kletterte, könnte er das Anzeichen eines Lächelns auf dem Gesicht gehabt haben, aber es verschwand (zu seinem Glück), als er das Blut sah.
„Charles hat einen Verbandskasten im Handschuhfach, weil er den Pick-up benutzt, wenn er jagen geht." Er griff über mich hinweg, sein Arm berührte mein Knie, und er holte den Kasten heraus.
Ich war zornig und verlegen. „Es ist nur ein Kratzer", sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Er zog meinen Arm zu sich herüber, als sei er nicht an einem Körper befestigt. Vorsichtig tupfend stoppte er die Blutung mit Verbandsmull. Seine Augen funkelten einmal in meine Richtung, aber sein Blick prallte an meinem ab und zurück zu dem Schnitt.
Es dämmerte mir, daß Cully ein Heiler war. Das war ein wundervoller Charaktetzug an einem Psychologen, einem Bruder oder Busenfreund, aber ziemlich erschreckend an einem Lustobjekt. Wenn ich es irgendwie schaffte, einen ziemlich schweren Autounfall zu überleben, hätte ich eventuell sogar via Mund-zu-Mund-Beatmung einen Kuß abstauben können.
„Was wolltest du mir an dem Tag, als Alicia bei uns zu Besuch war, sagen?" fragte ich, um ihn zu erinnern, daß ich tatsächlich am Ende meines Armes zugegen war.
„Oh." Er war scheinbar auf den kleinen Schnitt konzentriert. Er holte ein Pflaster heraus und riß die kleinen Papierstreifen ab, die die Klebeseite bedecken. „Ich wollte nur sagen, du sollst darauf achten, nachts abzuschließen und einfach irgendwie generell auf Mimi aufpassen."
Ich runzelte die Stirn. „Vielleicht bin ich ein bißchen schwer von Begriff, aber warum?"
„Na ja, sie hat viel durchgemacht in letzter Zeit; Großmutter und Richard und so."
Mimi war etwa so zart wie eine Federkernmatratze. Wenngleich Cully sie vielleicht nicht so sah; schließlich war er ihr innig geliebter einziger Bruder. Da steckt mehr dahinter, sagte ich weise zu mir selbst und zwirbelte an einem imaginären Schnurrbart, bis Cully aufiah und mich dabei ertappte.
„Was zum Teufel tust du da?"
„Es gibt da etwas, das du mir nicht erzählst", wich ich aus.
Er richtete sich auf und blickte nachdenklich drein. Ich fragte mich, ob ich meinen Arm wiederhaben konnte, nachdem das offensichtlich keiner dieser aufgeladenen Filmmomente war, in denen der Held seiner Leidenschaft plötzlich nachgibt, nachdem er das Mädchen berührt hatte, normalerweise, wenn sie absteigt. Ich hatte kein Pferd, von dem ich abrutschen konnte. Das Beste, was ich tun konnte, war, mir in die Hand zu schneiden.
„Nein", entschied Cully laut. Er beugte sich wieder über meinen Schnitt, brachte das Pflaster minutiös an und reichte den Arm zu mir zurück.
„Was nein?" fragte ich garstig. Meine Muskeln schmerzten vom Gewicht des Müllbeutels, der Schnitt begann zu pochen, und es gab ungefähr fünfundsiebzig Dinge zu tun, bevor ich mich zu meinem dringend benötigten Schlaf vor der Party zurückziehen konnte.
„Es war sowieso nicht so wichtig", sagte Cully und lenkte den Pick-up ruckelnd die Straße entlang.
Wir waren halb zu Hause, als ich mich zu ihm drehte und in vollkommener Ernsthaftigkeit sagte: „Cully Houghton, du bist einer der unangenehmsten und frustrierendsten Menschen, die ich je kennengelernt
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