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Stummer Zorn

Stummer Zorn

Titel: Stummer Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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müssen."
    Ich mußte mich an die Wand lehnen, während Mimi sie hochzog. Sie sah meinen Körper und mußte sich einen Augenblick lang hinsetzen und schluchzen, tiefe, quälende Atemzüge. Ich stand an die Wand gestützt da und beobachtete sie.
    Sie stand nach einem kurzen Augenblick auf. „Wir werden jetzt nach draußen gehen müssen, aber die Polizei wird bei uns sein", sagte sie mit zitternder Stimme. Sie legte den Arm um mich, und ich lehnte mich an sie, meine eigenen Arme immer noch vor der Brust verschränkt. Einer der Kriminalbeamten stand mir zur Seite, als wir durch das Wohnzimmer und zur Hintertür hinausschlichen. „Wir werden zu meinem Arzt gehen", erklärte Mimi behutsam, während sie mich in ein seltsames Auto manövrierten, „Der Beweise wegen und weil du verletzt bist, ja?"
    Ich nickte. Wenn ich versucht hätte zu sprechen, hätte ich angefangen zu schreien und nie wieder aufgehört.
    Die Untersuchung mußte ich ertragen, also ertrug ich sie. Ich biß die Zähne zusammen, während der Arzt die Rißwunden behandelte und die sich bildenden Blutergüsse begutachtete, mir dann sagte, daß ich keine gebrochenen Knochen hatte und nur zwei lockere Zähne, was einem Wunder gleichkam. Der Arzt empfahl den Besuch bei einem Optiker, um meine Augen untersuchen zu lassen, erzählte mir, daß ich ein Veilchen haben würde und holte dann irgendwelche Instrumente hervor, um Beweise für die Polizei zu sammeln.
    In einem ängstlichen Versuch, Smalltalk zu betreiben und die Stille zu füllen, während ich ihn anstarrte, erzählte er, daß er die Studentin Heidi Edmonds letzten Sommer untersucht hatte; ebenso Barbara Tucker zwei Monate zuvor. Die Polizei hatte ihn mit einigen Spurensicherungssets ausgestattet, für den Fall, daß der Vergewaltiger wieder zuschlug. Er hatte, wie er mir erzählte, einen Kurs belegt, um zu lernen, wie man sie benutze.
    Ich hätte eine schreckliche Vision von mir selbst, wie ich für eine Anzeige für Spurensicherungssets für Vergewaltigungen posierte, eine Anzeige, die für irgendeine juristische Fachzeitschrift bestimmt war. Ich würde eines in der Hand halten, lächelnd posieren und auf dem Untersuchungstisch sitzen, während mir ein onkelhafter Arzt den Rücken tätschelte. Ein ernster, entschlossener Polizeibeamter wäre durch eine halb geöffnete Tür in den Flur sichtbar.
    Ich bemerkte plötzlich, daß ich noch meinen Bademantel anhatte. Mimi trug aus irgendwelchen Gründen Jeans, obwohl ich gar nicht gemerkt hatte, daß sie von meiner Seite gewichen war, um sich umzuziehen.
    Der Arzt sagte mir, ich müsse nicht notwendigerweise ins Krankenhaus gehen, es sei aber das Beste, wenn ich ein paar Tage dort zur Beobachtung bliebe.
    „Nein." Ich würde mich nicht von noch mehr Leute anstarren lassen.
    Während ich auf dem Rücken auf dem kalten Untersuchungstisch lag, sah ich eine Uhr an der Wand. Ich begriff schlagartig, daß sie vier Uhr morgens anzeigte. Wann war ich durch die Hand auf meinem Mund geweckt worden? Ich war gegen zweiundzwanzig Uhr dreißig ins Bett gegangen. Mimi war mit Charles Seward außer Haus gewesen; ich erinnerte mich vage daran, gehört zu haben, wie sie nach Hause kam, wußte aber nicht, wie spät es da gewesen war. Ich war sofott wieder eingeschlafen.
    Als der Arzt fertig war, wich die Nacht bereits dem Morgengrauen. Wir fuhren im Auto des Kriminalbeamten zurück. Wir gingen ins Haus, wo größere Betriebsamkeit herrschte als zum Zeitpunkt unserer Abfährt. Ich sah Männer in meinem Schlafzimmer, die Fingerabdrücke suchten. Erstmals fiel mir auf, daß das Gitter am Fenster, das ich beim Zubettgehen einen spaltbreit offengelassen hatte, nicht vorgelegt war - ein Fenster, das zur umlaufenden Veranda hinausging.
    Auf diesem Weg mußte der Mann in mein Schlafzimmer gelang! sein. Es war mir zuvor nicht in den Sinn gekommen, mir darüber Gedanken zu machen. Während ich schlief, in meinem eigenen Bett in meinem eigenen Zu Hause, hatte er dort gestanden, mich durch das Fenster beobachtet und dann behutsam das Gitter entfernt und war eingedrungen.
    Ich hatte gedacht, ich könnte in einer kühlen Herbstnacht mit offenem Fenster schlafen. Trotz Heidi Edmonds, trotz Barbara Tucker.
    Das war die Sache, derer ich schuldig war: Ich hatte ein Fenster offengelassen. Ich war schuldig, nicht genug Angst gehabt zu haben.
    „Es hat schon zwei Vergewaltigungen gegeben", sagte ich informativ zu dem Kriminalbeamten, der mir half, zum Sofa zu gelangen.
    Er zuckte zusammen. Es war

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