Stummer Zorn
konnte mich nicht bewegen, um es zu suchen.
Mein Herz schlug unregelmäßig, immer weiter, und wünschte sich verzweifelt, das alles möge aufhören. Verlangte verzweifelt nach einem Ende des Ganzen. Ich wußte, daß es bald zu Ende sein würde.
Dann war es vorbei. Er war von mir runter, und ich hörte ein Tasten im Dunkeln, als er den Reißverschluß seiner Hose schloß. Meine stummen Schreie hatren sich in mir zu einem solchen Lärm aufgetürmt, daß ich kaum hörte, was er flüsterte. Ich war froh darüber.
Ich hatte den tiefsten Punkt der Demütigung und Hilflosigkeit erreicht.
Er schlug mich wieder, jetzt den Körper; immer wieder, und ich dachte, es wäre vielleicht besser, wenn er einfach von dem Messer Gebrauch gemacht hätte. Die Angst wäre vorbei, der Schmerz würde enden. Ich würde sterben. Ich hatte keine Chance zu überleben. Ich spürte den Zorn, schmeckte ihn in dem Blut in meinem Mund — meinen Zorn und seinen. Er würde mich sicher nicht leben lassen, damit ich ihn so sehr hassen konnte.
Er beugte sich zu meinem Ohr, beugte sich zu dem Luftspalt unter dem Kissen herunter. „Vielleicht komme ich wieder, du arrogante Schlampe", flüsterte er. „Denk daran. Ich könnte zurückkommen."
Mir wurde schlagartig klar, daß er beabsichtigte, mich dieses Mal am Leben zu lassen — am Leben. Dieser Bastard würde mir gestatten zu leben; mein Haß auf ihn pochte in dem von meinem erschöpften Herzen durch meine Adern gepumpten Blut.
„Halt still, oder ich bringe dich um, Nickie", flüsterte er wieder. „Verstanden?"
Ich nickte irgendwie; er mußte die Bewegung des Kissens gesehen haben.
Dann ein seltsames Geräusch. Mir wurde klar, daß ich Handschuhe hörte, die an Hände gezogen wurden.
Ein letztes „Keine Bewegung." Ich spürte einen Luftzug.
Ich würde leben.
Er verschwand.
Wenn ich aufgestanden und zum Fenster gegangen wäre, hätte ich ihn vielleicht sehen können. Ich konnte mich nicht regen. Nichts konnte mich von diesem Bett bewegen. Meine Muskeln blockierten, und die Angst floß immer noch kreischend durch meine Venen und Arterien.
Ich hatte überlebt.
Ich starrte unter dem Kissen hervor, das naß von meinem Blut - aber nicht von meinem Herzblut — war, in die Dunkelheit. Die Tatsache, daß ich leben würde, erfüllte das Universum unter diesem Kissen.
Aber et konnte zurückkehren. Ich spürte, daß er nicht mehr da war; aber er konnte zurückkommen, er konnte nur ein Zimmer weiter sein. Hatte er sofort gemeint? Oder hatte er irgendeine Nacht in der Zukunft gemeint?
Oh Gott, ich ertrage es nicht, wenn er zurückkommt. Ich kann das nicht noch mal überleben.
Zeit existierte nicht mehr. Es gab nur Atemzug um Atemzug, ein Atemzug mehr, den ich lebte, dann noch einer ... Ein. Aus. Nicht tot, ich bin nicht tot, am Leben am Leben am Leben. Ein. Aus.
Es kam ein Atemzug, bei dem ich davon überzeugt war, daß er verschwunden war.
Ich warf ruckartig das Kissen von meinem Gesicht, und die kühle Nachtluft berührte es. Ich starrte in die finsteren Ecken des Raumes. Selbst der Strahl Mondlicht war verschwunden, von Wolken bedeckt.
Es war vorbei. Es war geschehen. Ich roch danach, es ekelte mich an. Ich hatte es überlebt, und ich brauchte Hilfe. Ich schaffte es, mich zu drehen. Ich streckte den Arm aus. Ich fand den Schalter meiner Nachttischlampe. Licht. Wohltuendes Licht, das den Raum von den Schatten befreite, die ihn verbergen konnten. Er war fort. Ich würde leben. Ich war vor Verwunderung hochgradig erschüttert.
Wenn ich doch nur hätte aufstehen können. Ich sah an meinem Körper hinunter und schauderte, während ich mich so nackt fühlte, wie ich es nicht für möglich gehalten hatte. Ich war verletzt. Er mußte einen Ring getragen haben; vielleicht hatte er extra einen angezogen, um mehr Schaden anzurichten. Mein Kötper tat mir leid, als sei er ein separates Ding, nicht Teil von mir. Mein Geist bemitleidete meinen Körper für das, was ihm geschehen war. Ich mußte ihn bedecken, das arme, blutende, geschändete Ding. Ich mußte den Schrank erreichen, um diesen verletzten Körper zu bedecken. Ich wollte nicht mehr nackt sein, nie mehr.
Allerdings war der Schrank einige Schritte entfernt. Die Not trieb mich an. Ich schwang die Beine über die Kante des Bettes und stellte sie eng, schützend, nebeneinander. Ich hielt mich am Nachttisch fest und stand auf. Ich wankte einen Augenblick und fing mich. Ich schob mich mit zitternden Knien voran und drehte den Türknauf. Öffnete
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