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Stummer Zorn

Stummer Zorn

Titel: Stummer Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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und - Sperma." Meine Finger verschlimmerten die Laufmasche.
    „Bei manchen Männern ist die Blutgruppe anhand des Spermas feststellbar", erklärte Cully Mimi schnell in einem wohltuend sachlichen Tonfall. „Bei manchen nicht. Aber die Blutgruppe zu ermitteln ist ein guter Hinweis. Wie sich herausstellte, gehört der Mann zur ersten Gruppe, und ich glaube, von Alicia haben sie einige Hautpartikel und Blut, das unter ihren Fingernägeln war, weil sie sich gewehrt hat."
    „Mir ist niemand aufgefallen, der mit einem riesigen Kratzer im Gesicht durch die Gegend läuft", sagte ich. Aber ich würde von nun an darauf achten. Worauf hätte Alicia gezielt? Nicht sein Gesicht, Dummerchen. Die Hände. Das Messer. Klar. Ich hatte gesehen in welchem Zustand Alicias Hände gewesen waren, ihre Handflächen „Aber das hilft alles nichts, oder?" fragte Mimi unvermittelt. „Bis der Scheißkerl gefaßt ist. All diese Beweise miteinander zu vergleichen hilft nicht, ihn zu fassen, stimmt's? Es wird nur helfen, ihn dingfest zu machen, wenn er gefaßt ist."
    „Stimmt", sagte Cully.
    Es galt, den Rest des Tages einfach irgendwie rumzubringen. Weder Mimi noch Cully kam eine Gemeinsamkeit von uns Opfern in den Sinn. Ich lag wach, lange nachdem Cully eingeschlafen war. Ich sah mich der Tatsache gegenüber, daß der Mann, der mir Leid zugefügt hatte, vielleicht ungestraft davonkommen würde. Es war möglich, daß man ihn nie für die Vergewaltigung meines Lebens und meines Körpers bestrafen würde.
    Dann hatte ich einen derart aufrüttelnden Einfall, daß ich mich aufsetzte und mit der Faust aufs Kissen schlug. Ich schüttelte Cully an der Schultet.
    „Hmm?"
    „Wach auf!"
    ,Alles in Otdnung, Nickie?" Er streichelte meine Schultet.
    „Mir geht es gut. Hat dir dein Freund erzählt, welche Blutgruppe der Kerl hat?" Ich hielt die Luft an.
    „Was? Oh. ja. Warte mal."
    Verdammt.
    „Keine große Hilfe", brummte er. „0 positiv. Weit verbreitet."
    „Schlaf wieder ein, Liebster", flüsterte ich, „Es ist alles in Ordnung." Nach zwei Minuten schnarchte er wieder, aber ich wartete zehn, ehe ich aus dem Bett kroch, um Barbara anzurufen. Ich wußte, sie würde wach sein.
    Der Donnerstag morgen begann wunderbar. Cully erwachte voller Lust. An meinem großartigen Plan festhaltend ging ich frohgemut darauf ein. Das Zimmer war kalt. Cully und das Bett waren warm. Mein erster Kurs entfiel aufgrund eines Seminars, an dem mein Professor teilnahm, also mußte ich nicht vor neun Uhr fünfundvierzig am College sein. Alles lief glänzend, bis ich kicherte, als Cullys Finger eine sensible Stelle streiften. Um mich neckisch zu tadeln, legte er eine Hand auf meinen Mund.
    Ich war sofort blind vor Angst. Ich schlug seine Hand mit aller Kraft weg, meine Atmung schien stillzustehen, und mein Herz raste auf das Ende zu, oh Gott, ich werde sterben ...
    „Nickie! Nickie!" Cullys Gesicht war über mir, kreidebleich und schockiert. „Oh mein Gott, Liebling, ich habe nicht daran gedacht! Tut mir leid!"
    Ich schaffte es, nach Luft zu ringen. „Warte. Warte einen Moment." Ich rang verzweifelt um die Kontrolle über meine Lunge.
    Er hatte mir so große Angst gemacht, daß ich ihn für ein paar Sekunden verabscheute. Sein schwarzes Haar, das vom Schlaf zerwühlt war, schien mir eher lächerlich als liebenswert. Einen entsetzlichen Augenblick lang dachte ich: Was tut er hier? Ich kenne diesen Mann nicht. Es war keinerlei Lebenskraft mehr in mir, nichts übrig, das nicht vom Aufflammen der Furcht und des Hasses verbrannt und verwelkt war.
    „Ich werde dir nicht wehtun", sagte er sehr ruhig.
    Ich stierte ihn an. Ich glaubte kein Wort.
    „Ich werde dir nicht wehtun." Dann sagte er zum ersten Mal: „Ich liebe dich, Nick." Aber er sagte es in seinem „beruhigenden" Tonfall, professionell und ruhig. Er legte die Arme um mich, um den Tonfall auszugleichen. Ich erschrak. „Ich würde dir um nichts in der Welt wehtun", flüsterte er, und ich begann, mich zu entspannen. Ich befand mich wieder am richtigen Tag und im richtigen Moment.
    Tageslicht schimmerte durch die zugezogenen Gardinen. Das war mein Cully.
    „Ich passe auf dich auf", sagte er. Er liebkoste meinen Hals. Ich starrte an die Decke über seiner Schulter. Er begann langsam, mich wieder zu streicheln. Ich reagierte darauf, so gut ich konnte. Ich versuchte sehr angestrengt, ihn nicht zu enttäuschen, mich nicht zu enttäuschen. Als wir fertig waren, war es einfach nur eine Pflichtübung für mich gewesen, um

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