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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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geschehen. Das ist alles.“
    Flerdistar sah Meure direkt ins Gesicht. „Es schließt eine Grundfrage ein, die die Existenz selbst betrifft. Das geht über Ler- oder Menschentum, ja selbst über jede intelligente Lebensform hinaus. Eine Grundfrage eben. Vor langen Jahren gab es in unserer Geschichte einen heftigen Streit um ihre Beantwortung. Sie haben dies bestimmt vergessen, darum will ich Sie jetzt auch nicht damit belasten. In diesem Streit gab es keinen Sieger, denn eine Partei war gar nicht wirklich an einer Antwort interessiert – darum ließ sie der anderen Partei einfach unangefochten ihren Standpunkt. Alles, was wir sind, Sie und ich, läßt sich auf diese Frage zurückführen. Alles. Und immer, wenn jemand an dieses alte Problem rührt, kommt erneut die Möglichkeit ins Gespräch, daß doch die andere Seite recht gehabt haben könnte.“
    „Was macht es für einen Unterschied“, sagte Meure wieder. „Wenn die andere Seite recht gehabt hat, dann müssen wir uns eben ändern.“
    „Wenn das so einfach wäre! Wenn jene Deutung, die sich schließlich nicht durchgesetzt hat, die Wirklichkeit wahrhaftiger deuten würde, würde dies bedeuten, daß wir alle wahnsinnig sind, es waren und immer sein werden. Aber ich habe hier von Dingen gesprochen, die viel zu hoch für Sie sind. Ehrlich gesagt ist selbst für mich das meiste davon kaum zu verstehen. Eigentlich wiederhole ich nur Dinge, von denen ich gehört habe. Ich bin ein Forschungsapparat, der nach der einen Wahrheit sucht. Jetzt will ich versuchen, Ihren Traum zu lesen. Erzählen Sie mir davon.“
    Meure fühlte sich unbehaglich, verwirrt von ihrem plötzlichen Sinneswandel. Einen Anflug von demselben Gefühl hatte er gespürt, als er mit Clellendol gesprochen hatte. Es war, als ob ihre Aufmerksamkeit – das galt für beide – eigentlich ganz woanders lag. Aber wo? Er entschied, daß ihm das eigentlich nichts auszumachen brauchte. Er war fast dankbar, daß sie zweierlei Dinge beschäftigten, denn so stand er nicht völlig im Zentrum ihrer Konzentration. Er begann: „Jedermann hat Träume, aber die meisten sind nichts Außergewöhnliches, selbst ein gelegentlicher Alptraum wirkt oft läuternd. Aber dieser war so … überdeutlich. So als ob ich wirklich ich selbst sei und doch gleichzeitig jemand anders. Ich war in einem Schloß, einer Burg. Sie war ganz aus dunklen Steinen erbaut. Ich war der Herr über diesen Ort, und doch fürchtete ich ihn oder jemanden in ihm. Ganz so, als ob er mein Herr geworden sei. Das war alles sehr dunkel und verwirrend. Dann brach der Traum ab und begann von neuem in einem finsteren, unterirdischen Verlies. Feuchtigkeit war in der Luft, aber die Steine waren trocken. Ich wollte etwas tun, etwas, das ich sehr fürchtete und von dem ich doch wußte, daß es notwendig war. Ich hielt etwas in der Hand – ich weiß nicht, was das war. Es war schneidend scharf, aber es war kein Messer. Ein massiver Gegenstand war es wohl auch nicht. Ich sah mich selbst im Spiegel, und ich war es nicht! Ich will sagen, da stand jemand vor mir, der nicht ich war. Der Mann war rothaarig und hatte einen Bart. Er sah aus wie einer dieser Herumtreiber, die man auf der Messe in Kundre trifft. Ein streitsüchtiger Typ. Ich war in tiefer Furcht vor der schlimmen Tat, aber was er vorhatte, mußte getan werden. Dann wachte ich auf.“
    Flerdistars Augen blickten an Meure vorbei. Sie schienen einen fernen Punkt zu fixieren, etwas, das weit jenseits der Wände und Türen der Offiziersmesse lag. Ohne ihre Blickrichtung zu verändern, begann sie zu sprechen: „Das Verstehen schreitet in dem Maße fort, in dem es einem gelingt, verwandte Phänomene in entsprechende Gruppen zusammenzufassen. Selbst wenn sich der erste Ansatz als teilweise falsch erweist, deutet die dem System innewohnende Ordnung auf die notwendigen Korrekturen hin, und so kann man sich der Lösung nähern. Auch Träume sind in diesem Sinne Phänomene und können in Gruppen zusammengefaßt werden. Da Sie vermutlich kein Student dieses Wissenschaftszweiges sind, möchte ich Sie nicht langweilen, indem ich Ihnen das Ordnungssystem vorstelle, das zur Zeit am häufigsten Verwendung findet. Es mag in diesem Zusammenhang genügen, wenn wir feststellen, daß Ihr Traum keinem ungestillten Verlangen oder einem ungelösten Konflikt entspringt. Auch scheidet die Deutung als Déjà-vu-Erlebnis aus, denn Sie sind offensichtlich nicht rothaarig und zeigen auch keine Neigung zu dieser Farbe.“
    „Wie

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