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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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tragen halfen. Von dieser Unterkante verliefen die Umrißlinien zunächst nach innen, und hier stießen sie auf eine stumpfe, auf den Kopf gestellte Pyramide, die vorn eine dreieckige Öffnung für das Gesicht freiließ. Auf der oberen, geraden Fläche der Pyramide waren viele kleine Pyramiden mit der Spitze nach unten befestigt. Die Farbgebung des Helmes trug einiges zu seiner Monstrosität bei: Die Seitenflächen der großen Pyramide waren leuchtend rot bemalt, die Basis auf den Schultern erstrahlte hellgrün, und mattschwarz waren die kleinen Pyramiden, die den oberen Abschluß bildeten.
    Das Gesicht im Innern war kaum zu sehen, denn der Helm stand oben so weit über, daß das Gesicht völlig im Schatten lag. Man konnte jedoch sehen, daß es bärtig war und daß die Augen von Kreisen umgeben waren, die grünweiß leuchteten. Leuchteten? Eindeutig Phosphorfarbe. Meure unterdrückte ein nervöses Kichern. Er unterdrückte es, weil Tengufts Haltung eine deutliche Unterwürfigkeit erkennen ließ.
    Morgin verbeugte sich höflich vor der schweigenden Gestalt, dann wandte er sich seinen Gefährten zu. Er sagte feierlich: „Vor euch steht kein Geringerer als der Edle Molio Azendarach, Phanet von Dzoz Cucany. Ihr seid seine Gäste, und ihr müßt wissen, daß dies etwas Besonderes ist, denn es ziehen nur wenige Reisende durch Incana, und Gastfreundschaft wird längst nicht allen gewährt. Tretet also ein mit dem gebührenden Respekt.“
    Der Helmträger verbeugte sich leicht, dann bedeutete er ihnen, ihm zu folgen. Darauf wandte er sich um und schritt voran in die dunklen Tiefen des Gewölbes, ohne sich noch einmal zu vergewissern, ob sie ihm tatsächlich folgten. Morgin ging als erster, ihm folgten Tenguft und Meure, dann kamen die anderen.
    Ein zweites behelmtes Wesen trat aus dem Schatten hinter der Tür, um diese wieder zu verriegeln, aber sie hatten kaum Zeit, es genau zu betrachten. Sie sahen gerade noch, daß sein Helm mindestens ebenso groß und so bizarr geformt war wie der Azendarachs. Der Phanet ging vor ihnen durch einen gewaltigen Säulengang. Ihre Augen hatten Mühe, sich vom Tageslicht auf das Dämmerlicht umzustellen, das diesen Korridor in so tiefes Dunkel hüllte, daß seine hohe Decke von unten nicht zu sehen war.
    Nachdem sie eine Weile dem hohen, breiten Gang gefolgt waren, bog Azendarach in einen schmalen Seitengang ein, danach ging es eine steile Treppe hinauf. Die Wände im Innern machten den gleichen rohen, unbehauenen Eindruck wie die Außenmauern, hin und wieder ragten die Enden von Tragbalken aus der Wand.
    Die Treppe mit ihren zahlreichen unregelmäßigen Windungen schien endlos zu sein. Bald konnten sie die Richtung, in die sie sich bewegten, nicht mehr bestimmen. Ab und zu stieß die Treppe auf kleine Plattformen, von denen Türen in die Festung führten. Keine der Türen war offen, und kein Geräusch war hinter ihnen zu hören. Das ganze Gebäude machte einen verlassenen Eindruck. Aber es lag nirgendwo Staub, und es gab keine Anzeichen von Verfall. Offenbar lebten also doch Menschen in Cucany, sie schienen sich nur sehr still zu verhalten.
    Die Treppe führte weiter aufwärts. Manchmal wurde sie so steil, daß sie die Bezeichnung „Treppe“ gar nicht mehr verdiente; sie glich dann mehr einer Leiter. Azendarach ging immer im gleichen Tempo, sowohl auf ebenem Boden als auch bei den steilsten Anstiegen. Dabei hielt er sich kerzengerade.
    Schließlich gelangten sie zu einer breiten Plattform, wo die Treppe endete. Bis auf den Phaneten rangen nach diesem Anstieg alle nach Luft. Der Edle ging zu einer eisenbeschlagenen Tür und machte sich an ihrem Schloß zu schaffen. Während er konzentriert an dem Schließmechanismus arbeitete, beugte sich Tenguft zu Meure herab und flüsterte: „Hüte dich! Ein Zauberer!“ Dabei durchlief sie ein Frösteln.
    Azendarach stieß die Tür auf und lud sie ein, ihm zu folgen. Blendendes Licht ergoß sich aus dem riesigen Raum hinter der Tür ins Treppenhaus.
    Der taghelle Raum mußte sehr hoch in der Festung – oder dem Dzoz, wie Morgin sie genannt hatte – liegen. Der kreisrunde Grundriß war von einer Bogen- und Säulenreihe umgeben. Ein Teil dieser Bögen war mit schweren Vorhängen verhängt, die anderen waren völlig offen und ließen Luft und Licht in den Raum, dessen offene Seite nach Süden wies. Alles Mauerwerk trug einen schneeweißen Anstrich. Das Dach war leicht gewölbt und freitragend, keine Säulen stützten es. Eine bemerkenswerte Fensterbank

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