Stunde der Vergeltung (German Edition)
Novak weisgemacht, dass du tot wärst und dass ich deinen blutigen Leichnam gesehen hätte.«
In theatralischem Erstaunen klappte sie die Kinnlade auf. Das würde erklären, warum sie so lange überlebt hatte. Es war ihr immer ein Rätsel gewesen und zu gut, um wahr zu sein, dass der alte Mann sie freiwillig so lange ignoriert haben sollte.
»Das habe ich ja nicht geahnt«, wisperte sie. »Ich dachte, niemand wüsste, wo ich bin. Aber es hätte mir klar sein müssen, dass ich mich vor dir niemals verstecken kann.«
»Wie ich höre, hast du ein Kind adoptiert«, fuhr er fort. »Das bereitet mir ein wenig Sorge. Ich hoffe, du verstehst, welchen Aufwand an Zeit und Energie es bedeuten wird, an meiner Seite zu stehen und mir zu helfen, das weltweite Imperium zu leiten, das ich kontrolliere. Ganz zu schweigen von der bevorstehenden Expansion.«
Tam zuckte gelassen mit einer Schulter. »Mach dir keine Gedanken über meine Prioritäten«, sagte sie. »Ich werde Arrangements für das Kind treffen. Es wird keine Konflikte geben.«
Georgs Lächeln wurde breiter. »Ich wusste, dass du mich verstehen würdest. Und jetzt, Tamara … gib mir, worauf ich … schon seit Jahren warte.«
»Und was wäre das?« Sie machte sich auf das Schlimmste gefasst.
Er straffte die bleichen Lippen über seinen großen, künstlichen Zähnen zu einer dünnen Linie. »Dich.«
Ihr Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen. Sie lächelte ihn strahlend an und stellte den Schmuckkoffer ab, während ihr Hirn eine blitzschnelle Situationsanalyse durchführte. Sie war allein mit ihm – ein Vorteil – , aber bestimmt war er bis an die Zähne bewaffnet. Er war ein tödlich schneller Gegner. Auch wenn er jetzt dünner war, wog er mindestens ein Drittel mehr als sie, hinzu kam seine wesentlich größere Reichweite. Er war mit seinen knapp eins neunzig ein großer Mann. Geisteskrank, das ja, aber nicht dumm. Er würde auf der Hut sein.
Ihre beste Chance waren die Ohrringe, allerdings erst dann, wenn er sich stöhnend auf ihr wand und von seiner Geilheit abgelenkt war. Sobald sie ihn erst mal ausgeknockt hätte, konnte sie ihn ganz nach Belieben auf ein Dutzend Arten umbringen.
Die Herausforderung bestand darin, nicht zu kotzen oder die Besinnung zu verlieren, während sie mit ihm intim war. Sie hatte ihre professionelle Coolness verloren, woran Val Janos und seine maskulinen Zauberkünste schuld waren. Es war viel einfacher, sich mit ruhigem Kalkül die Hölle auf Erden vorzustellen, wenn man kein strahlendes Paradies hatte, um beides zu vergleichen. Verdammt sollte er sein.
Tam verdrängte diese Gedanken. Jetzt ging es nur noch ums nackte Überleben. Mit den Folgen würde sie sich später auseinandersetzen.
Georg streckte ihr gebieterisch die Hand entgegen. »Nun? Komm zu mir.«
Sie machte einen Satz auf ihn zu, als hätte sie jemand von hinten gestoßen. Seine Finger packten ihr Handgelenk. Sie waren feuchtkalt und entsetzlich stark, wie der Würgegriff einer Schlange.
»Was, äh, möchtest du?«, fragte sie mit schwacher Stimme.
Luksch grinste wie ein fleischfressender Dinosaurier. »Zieh dich aus.«
»Interessantes Material.« Hegel gab ein schmieriges Lachen von sich. »Jetzt verstehe ich, warum Sie sich quergestellt haben. Sie wollten nicht aufhören, sie zu ficken, hm? Und dann verewigen Sie das Ganze auch noch auf Video. Spulen Sie den letzten Teil zurück. Ich liebe die Form ihres Arschs, wenn sie sich über Sie beugt. Und diese rasierte Muschi macht mich ganz wild, so seidig und weich. Spulen Sie es zurück.«
»Lecken Sie mich am Arsch«, knurrte Val.
Der Pistolenlauf bohrte sich tiefer in seinen Hals. »Spulen Sie zurück«, wiederholte Hegel.
Val klappte den Monitor zu. »Nein.«
Hegel lehnte sich vor, bis Val die feuchte Wärme seines Atems spürte. »Legen Sie sich bloß nicht mit mir an, Janos. Wissen Sie überhaupt, in welchem Licht ich dastehe wegen Ihrem Benehmen? Haben Sie auch nur den leisesten Schimmer, wie sauer ich auf Sie bin? Falls nicht, werden Sie es gleich rausfinden.«
Val wollte sich umdrehen. Die Waffe grub sich noch tiefer in seine Haut. »Keine falsche Bewegung, Janos«, knurrte Hegel. »Es wäre mir eine Freude abzudrücken.«
Drei Schritte zurück . Val setzte den Mechanismus in Gang, ließ die Matrix in seinem Kopf rotieren und nahm Abstand. Besser gesagt, er versuchte es, aber die ängstliche Frage entschlüpfte ihm, bevor er sie zurückhalten konnte. »Wo ist sie? Was passiert gerade mit ihr?«
»Ich
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