Stunde der Vergeltung (German Edition)
unseren Angriff ausführen.« Er wandte sich an Ferenc. »Ruf die anderen an. Wir werden eine Strategiesitzung abhalten und brauchen eine Videokonferenzschaltung. Beeil dich. Wir müssen einiges planen.«
Ferenc zog sein Handy hervor und machte sich an die Arbeit.
Georg schlenderte auf die Terrasse der Luxusvilla, die direkt über der wogenden See thronte. Er stellte die Lautstärke seines Telefons höher. Das Tosen der Brandungswellen eignete sich perfekt als rauschende Störung, um seine Stimme unkenntlich zu machen. Er gab den Code ein, der sein Gespräch dechiffrieren würde, dann rief er den PSS -Agenten an, mit dem er neuerdings zu tun hatte. Der Stellvertreter des verstorbenen Hegel.
»Ja?«, meldete sich der Mann.
»Es wird morgen passieren«, sagte Georg ohne Vorrede.
Es entstand eine verdutzte Pause. »Morgen? So bald?«
»Meine Leute dürfen nichts davon wissen«, fuhr Georg fort. »Sie legen die Falle aus. Ihr Team wird den Angriff starten. Ich rufe Sie in zwei Stunden wieder an und erkläre Ihnen die Details. Sie werden morgen ein Acht-Mann-Team in Budapest benötigen.«
Georg legte auf und beobachtete die brechenden Wellen. Es gab viel zu planen. Die meisten seiner Leute würden den morgigen Tag vermutlich nicht lebend überstehen. Er würde sie opfern müssen, um den Verräter zu identifizieren, und es würde schwer werden, sie zu ersetzen. Das Ganze würde ihn teuer zu stehen kommen.
Aber er war zu abgelenkt, um Pläne zu schmieden. Sein Kopf war voller schmutziger, schweißtreibender Fantasien, die seinen Schritt vor Verlangen pochen ließen. Fantasien, wie er Tamar wieder und wieder nahm. Vor den Augen der ganzen Welt.
Andrea bemerkte das lockenköpfige kleine Mädchen, das mit dem Daumen im Mund zusammengerollt neben seinem Vater schlief, zum ersten Mal, als sie in der Ersten Klasse die Kopfhörer austeilte. Das Kind war so groß wie Andreas zweijährige Liliana, die zu Hause gerade von ihrer Großmutter nach Strich und Faden verwöhnt wurde. Diese Langstreckenflüge von und nach Frankfurt waren hart. Wann immer Andrea heimkam, verzehrte sie sich vor Sehnsucht nach ihrer Lili.
Seltsam, dass der süße Fratz schon vor dem Start eingeschlummert war. In der Regel reagierten Kinder auf den Lärm und das Gewusel ziemlich überdreht. Wenn sie sich überhaupt beruhigten, geschah das meist erst, sobald sie in großer Höhe mit eintönigem Gebrumm ruhig dahinflogen. Portland–Frankfurt war ein langer Flug für ein Kleinkind, aber Andrea hatte außer den Buntstiften, die die Fluggesellschaft zur Verfügung stellte, noch alle möglichen anderen Tricks für Kinder in petto. Sie würde bereit sein, wenn das Mädchen aufwachte.
Sie warf der Kleinen einen warmen Blick zu, dann lächelte sie ihren Vater an, einen großen, bärtigen, dunklen Typen.
»Was für eine Süße«, schwärmte sie. »Wie alt ist sie?«
Der Mann blinzelte mehrfach, bevor er antwortete. »Zwei.«
»Ich habe zu Hause selbst eine Zweijährige«, vertraute Andrea ihm an. »Das ist ein tolles Alter. Ganz egal, was manche behaupten.«
Er lächelte flüchtig, dann nahm er das Bier entgegen, das sie ihm eingeschenkt hatte, und nippte mit abgewandtem Blick daran. Er war wohl nicht der mitteilsame Typ.
Andrea schaute jedes Mal zu dem Kind, wenn sie an 10A und 10B vorbeikam. Es schlief wie ein Stein in exakt derselben Position weiter, die dünnen Beinchen angezogen, den Daumen im Mund, die Arme über dem Kopf.
Stunden später hatte sich das kleine Mädchen noch immer nicht bewegt. Der Vater starrte vor sich hin oder las in einer Zeitung. Andrea servierte ihm sein Essen. Er aß es, dann verschränkte er die Hände und döste, ohne das Kind ein einziges Mal berührt oder angesehen zu haben.
Nach siebenstündiger Flugzeit brachte Andrea dem Mann einen Drink und nickte zu der Kleinen. »Sie schläft wirklich wie ein Murmeltier«, bemerkte sie. »Da haben Sie aber Glück, auf so einem langen Flug.«
Der Blick des Mannes huschte zu ihr und wieder weg. »Ich schätze schon.«
»Lassen Sie es mich wissen, wenn sie aufwacht, dann bringe ich ihr etwas Joghurt und Saft«, bot sie ihm an.
Er murmelte etwas in seinen Bart und senkte den Blick wieder auf seine Zeitung.
Nachdem zehn Stunden vergangen waren, wurde Andrea allmählich nervös. Sie checkte die Passagierliste, ohne genau zu wissen, warum. John und Melissa Esposito. Nun, natürlich, er war ihr Vater. Was sonst?
Vielleicht hatte man dem kleinen Mädchen ein Antihistaminikum
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