Stunde der Vergeltung (German Edition)
mechanischen Kugelgelenke. »Umarm mich«, wiederholte er gehorsam.
Rachel belohnte ihn mit einem Lächeln, dessen Schönheit ihn vom Hocker haute. Sie presste die Gesichter der Puppen aneinander. »Küssen?«, fragte sie.
Ihre ernsthafte Frage brachte ihn zum Lachen. »Lass uns die Dinge nicht überstürzen«, antwortete er. »Ich bin schüchtern. Und wir kennen uns kaum.«
Rachel runzelte die Stirn und schlug die Kunststoffgesichter der Puppen gegeneinander. »Küssen«, sagte sie hartnäckig.
»Rachel, belästige Mr Janos nicht«, sagte Tam in warnendem Tonfall.
»Sie belästigt mich nicht«, widersprach Val und merkte zu seinem eigenen Erstaunen, dass es die Wahrheit war. »Also küssen«, willigte er resigniert ein.
Rachel schenkte ihm noch ein strahlendes Lächeln. Ihre Puppe küsste seine mit einer Inbrunst, dass ihm ein wenig unbehaglich zumute wurde, zumal Steele ihn mit einem eindeutig unfreundlichen Blick bedachte.
»Was ist?«, platzte er hervor. »Ich habe nichts getan, als meine Puppe küssen zu lassen. Passiv. Sie hat den Kuss noch nicht mal erwidert.«
Steele schüttelte den Kopf. Sie wirkte nervös. »Es ist ungewöhnlich, wie offen sie dir begegnet. Normalerweise schreit sie in Gegenwart fremder Männer Zeter und Mordio.«
»Vielleicht sind ihre Instinkte besser als deine.«
Tam schnaubte verächtlich. »Nein, sie muss einfach noch eine Menge lernen. Die Lektion, sich vor Männern mit hübschen Gesichtern und großen Waffen in Acht zu nehmen, kommt gleich nach den grundlegenden Sprachkenntnissen, dem Erlernen, wie man eine Gabel hält, und dem Töpfchentraining. Komm zu deiner Mama, um mit deinen Puppen zu spielen.«
Rachel ignorierte sie und hielt Val eine andere kleine Puppe hin, damit er sie bewunderte. »Sveti mir Püppchen gebt«, erklärte sie Val mit ernster Feierlichkeit.
» Si? «, entgegnete er höflich. »Wer ist Sveti?«
»Wir sehen Sveti bei Hochzeit!« Sie machte einen Freudensprung. »Rotes Kleid! Für mich! Hübsch!«
»Eine Hochzeit?« Er schaute Tam an. »Du gehst zu einer Hochzeit?«
»Heute Hochzeit! Heute Hochzeit! Sveti sehen! Mama versprochen!«, rief Rachel aufgeregt und schaute zu Steele, um von ihr die Bestätigung zu bekommen. »Versprochen!«
Steele runzelte ihre blasse Stirn. »Schätzchen, lass das Geplapper«, ermahnte sie Rachel.
»Will rotes Kleid! Will Sveti! Versprochen!«
Sie massierte sich die Stirn mit den Fingerspitzen. »Ich habe dein rotes Kleid im Moment nicht dabei, Schatz«, sagte sie erschöpft. »Ich habe es zu Hause vergessen. Und Sveti ist nicht hier. Es tut mir leid.«
Rachel verzog weinerlich das Gesicht. Val machte sich auf eine weitere Heulsirene gefasst. Heute Hochzeit . Er gab nicht viel auf das Zeitgefühl einer Dreijährigen, aber Steeles Unbehagen angesichts Rachels Enthüllung deutete darauf hin, dass es Pläne gegeben hatte, heute zu irgendeinem Ereignis zu gehen, bevor seine Manipulationen sie zur Flucht getrieben hatten.
»Heiratet einer deiner McCloud-Freunde?«, fragte er.
»Das geht dich einen feuchten Kehricht an, und woher wusstest du überhaupt von den McClouds?«
»Will Sveti!«, jaulte Rachel. »Will Hochzeit!«
»Wird jemand an dieser Hochzeit teilnehmen, dem du Rachel für eine Weile gefahrlos anvertrauen könntest?«
»Auch das geht dich nicht das Geringste an.« Tamara stand auf. »Es wird Zeit für uns zu gehen. Danke für die … «
»Setz dich.« Val legte absolute Bestimmtheit in die Worte. »Ich versuche, das Leben deines Kindes zu schützen.«
Sein scharfer Ton bewirkte, dass selbst Rachels lautes Geheul zu einem verunsicherten Wimmern abklang. Steele presste ihre sinnlichen Lippen zusammen und ließ sich langsam wieder auf die Bettkante sinken.
»Die Hochzeit ist heute?«, fragte er. »In Seattle?«
Ein mürrisches Achselzucken war ihre einzige Antwort.
»Du hattest vor hinzugehen?«
»Ja, bevor ich versucht habe, fluchtartig das Land zu verlassen«, bestätigte sie verbittert. »Die Geschehnisse von letzter Nacht haben meinen gesellschaftlichen Ambitionen einen gewaltigen Dämpfer verpasst. Und das Abenteuer von heute Morgen hat sein Übriges dazu beigetragen.«
»Wir sollten hingehen«, meinte er. »Der Zeitpunkt ist perfekt.«
Ihre Augen weiteten sich. »Was soll dieser Wir-Scheiß? Ich werde nirgendwo mit dir hingehen, Janos. Auf keinen Fall bringe ich meine Freunde mit dir und deinen durchgeknallten, mordlüsternen Kumpels in Kontakt. Abgesehen davon haben wir nichts
Weitere Kostenlose Bücher