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Sturm auf mein Herz

Titel: Sturm auf mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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bloß, dass sie nicht Nein sagen konnte zu dem Mann, auf dessen Lippen ihre Tränen glitzerten, der Mann, der sie so zärtlich hielt, der sie so erschreckend gut kannte.
    Aber ja konnte sie ebenso wenig sagen.
    Wieso nicht?, fragte sie sich mit unheimlicher Ruhe. Du hast doch nichts zu verlieren, was du nicht schon verloren hast, oder?
    Oder?!
    »Shelley?«
    Sie nickte langsam.

16
    Die runde Scheibe eines Vollmonds war über dem Kamm der Hügel aufgetaucht und überzog die felsige Landschaft mit einem blass orangenen Licht. Die leichte Abendbrise verursachte in dem dichten Gebüsch, das Cains und Shelleys Picknickplatz umgab, ein leises Rascheln. Alles, was noch vom Dinner übrig war, war ein Hühnerflügel, an dem Shelley herumkaute, und der Geschmack von Limonade auf Cains Schnauzer.
    »Und was passierte, als du die Erzproben vorgelegt hast?«, fragte sie.
    »Das Übliche.«
    »Politik wie gehabt?«
    »Bingo.«
    Sie knabberte einen Fleischfetzen von dem schmalen Knochen und leckte sich seufzend die Lippen. »Und was war die übliche Politik dort unten?«
    »Korrupt. Ein paar Wochen nach meiner Abreise habe ich erfahren, dass der Schwager des Entwicklungsministers Geologie studiert hat und sicher sei, dass es in ihrem Land keinerlei Eisenvorkommen gäbe. Und Zinn oder Mangan? Unmöglich.«
    »Die Behörden glaubten also seinem Schwager mehr als deinen Erzproben?«
    »Ja, tatsächlich. Da saß ich also auf einem Erzvorkommen, das den Grundstein für eine heimische Stahlindustrie hätte legen können, und musste mir von einem Idioten anhören, dass es in diesem Land kein verwertbares Erz gibt.«
    »Was hast du dann gemacht?«
    Cain zuckte die Schultern. »Bin stracks zu dem Militärtribunal gegangen, das das Land zwischen den Wahlen regiert. Hab den Sack Erz auf den Tisch eines Colonels gedonnert und gesagt, dass der Entwicklungsminister ein Volltrottel ist. Dann bin ich gegangen.«
    Sie lachte kopfschüttelnd. »Ich wette, man hat dich aus der Stadt gejagt.«
    »Keine Chance. Hab den nächsten Flug nach Norden genommen.«
    »Und das war’s dann wohl.«
    »Nicht ganz. Drei Tage später hat mich fraglicher Colonel in L.A. angerufen. Scheint, dass der Schwager des Entwicklungsministers - der zufällig auch Handelsminister ist - einen Abschlag auf alle Stahlimporte ins Land kassiert.«
    »Der Schwager wollte also keine heimische Stahlindustrie?«
    »Genau. Heimischer Stahl hätte seine Profite geschmälert, also hat der Handelsminister alles getan, um meine Empfehlungen unter den Teppich zu kehren.«
    »Aber sagtest du nicht, das Land hätte ein riesiges Handelsdefizit und müsse dringend die Importe zurückschrauben?«
    »Das, was das Land benötigt, ist leider nicht so wichtig wie das, was der Handelsminister benötigt«, sagte er zynisch.
    »Aber so ist es doch nicht immer. Manche Regierungen kümmern sich um ihr Volk.«
    »Nicht, wenn das fragliche Volk arm und nicht mit der regierenden Klasse verwandt ist. Wenn die Gier der Regierenden und die Bedürfnisse der Armen kollidieren, gibt es ein kräftiges Gerangel am Geldtrog. Und rate mal, wer gewinnt -die Bedürftigen oder die Besitzenden?«
    Nicht einmal die sanft hereinbrechende Nacht konnte Cains Überdruss und Verachtung verbergen.
    »Manchmal gewinnen aber auch die Guten«, warf Shelley nach einer kleinen Pause ein.
    »Aber zu verdammt selten. Ich kann dir gar nicht sagen, wie oft ich auf Bodenschätze gestoßen bin, die das jeweilige Entwicklungsland zumindest zu einem Schwellenland gemacht hätten. Doch mein Fund wurde ignoriert oder verschenkt, nur weil eine Hand voll Leute in Schlüsselstellungen jede Veränderung verhindern wollten.«
    »Man sollte doch glauben, dass sie inzwischen wissen müssten, dass es dem Land besser geht, wenn es auch seinem Volk besser geht.«
    »Da machst du dir was vor. Sobald frischer Wind Einzug hält, weiß keiner mehr, wohin es gehen wird, wer aufsteigen und wer gekippt wird. Das wissen die Herrschenden besser als alle anderen. Deshalb ersticken sie jede Veränderung möglichst schon im Keim.«
    »Kein schönes Bild.«
    »Die Welt ist auch kein schöner Ort«, sagte er verbittert. »Neunzig Prozent der Bevölkerung leben irgendwo zwischen Steinzeit und Mittelalter. Und die Kinder ...«
    Er zuckte mit den Schultern und machte eine müde Handbewegung.
    »Ich weiß«, sagte sie und ergriff seine Hand. »Das hat mich immer ganz krank gemacht, das Lächeln von Kindern mit geschwollenen Bäuchen und eiternden Wunden. Einfaches

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