Sturm der Barbaren
erreicht hat, könnte mit einem Schlag weg sein. Sie hat kein großes Haus hinter sich.«
»Das stimmt.«
Kiens Augen verengen sich zu einem Schlitz. »Du wirst diese Beziehung beenden. Erst nachdem du deinen Dienst wieder angetreten hast, natürlich.«
»Ich kann nur das tun, was ich für richtig halte, Vater.«
Kien’elth zuckt sichtlich zusammen. Er bewegt die Arme, als wollte er den Gehstock gegen Lorn erheben, doch stattdessen klopft er damit heftig auf die Bodenfliesen. Schließlich sagt er: »Vernt macht einer reizenden jungen Dame den Hof.«
»Ich wünsche ihm alles Gute.« Lorn lächelt. »Er verdient eine reizende junge Dame.«
»Du schlägst einen gefährlichen Weg ein, Lorn.«
Der Lanzenkämpferhauptmann lächelt träge. »Wie gefährlich ist denn mein Dienst als Lanzenkämpfer? Und wie gefährlich ist eine Frau, die eine talentierte Händlerin ist?«
Kien’elth räuspert sich … einmal … zweimal. Dann schüttelt er den Kopf. »Deine Mutter und ich haben versucht, den Weg des blühenden Chaos zu gehen, dem Licht zu folgen und euch ein Vorbild zu sein.«
Lorn hält einen Seufzer zurück. Wie kann er erklären, was er nicht in Worte zu fassen wagt? »Ich schätze das und all jenes, was ihr für mich getan habt, und all das, von dem du nicht glaubst, dass ich es weiß oder verstehe. Du hast mir zu einem zusätzlichen Jahr an der Magi’i-Akademie verholfen, das anderen nicht mehr zugestanden worden wäre. Du hast mir erlaubt, Dinge zu lernen, die für mich wichtig sind, die du aber selbst immer angezweifelt hast. Du hast meine Meinung über Myryan und ihre Vermählung respektiert.« Lorn hält inne. »Bitte glaube nicht, dass ich dich nicht verstehe oder dass ich all das nicht zu schätzen wüsste.«
Kien sieht Lorn lange an, bevor er weiterspricht, als müsste auch er seine Worte höchst sorgsam wählen. »Ich fühle deine Anerkennung und dafür bin ich dir dankbar. Aber als Oberlektor, der ich in meinem Leben dazu privilegiert war, viel zu sehen und zu hören und Cyador zu dienen, so weit es in meiner Macht steht, kann ich nur mit Sorge verfolgen, dass du nicht fähig bist, deine Begabung dort einzusetzen, wo sie am meisten akzeptiert und geschätzt würde.«
Lorn nickt. »Auch mir wäre es so lieber und auf meine eigene Art werde ich weiterhin danach streben. Vielleicht sollte ich mich umsichtiger verhalten in den kommenden Jahren.« Er lächelt. »Aber ich hoffe, dass im Angesicht der Verpflichtungen, die auf mich warten, niemand etwas dagegen hat, wenn ich mir ein wenig Erholung während meines Heimaturlaubs gönne.«
Ein verhaltenes Lächeln huscht über Kiens Gesicht. »Ich werde jedem, der danach fragt, sagen, dass man nach drei Jahren harten Kampfes gegen die Barbaren in der Tat etwas Erholung verdient. Du bist jung für einen Lanzenkämpferhauptmann und viele werden dir zustimmen, wenn dieses Thema zur Sprache kommt. Dann freuen wir uns also darauf, in deinem nächsten Urlaub eine zukünftige Gemahlin kennen zu lernen, die deinen Leistungen und Ehren entsprechend zu dir passt.«
Lorn erwidert das Lächeln. »Das würde ich sehr begrüßen, Vater, sehr sogar.«
Kien runzelt die Stirn, dann schüttelt er den Kopf. Schließlich lacht er. »Deine Vorbehaltlosigkeit ist so ehrlich, dass sie mich überrascht.«
Lorn streckt hilflos die Hand aus. »Siehst du, ich höre zu.«
»Aber nur, wenn du willst.« Wieder schüttelt Kien den Kopf. »Ich muss jetzt gehen, aber ich bin froh, dass wir miteinander gesprochen haben.«
»Ich auch.«
Lorn begleitet seinen Vater die Treppe hinunter. Auf den Stufen vor dem Wandschirm bleibt er stehen und sieht dem älteren Magier nach, der munter ins Viertel der Magi’i marschiert. Ein Lächeln huscht über Lorns Gesicht, während er über die Gemahlin nachdenkt, von der er weiß, dass sie, was seine Leistungen und Bedürfnisse angeht, durchaus zu ihm passt.
XLVIII
I n der warmen Luft des Übungsraumes lässt Lorn den Säbel sinken und wischt sich über die Stirn; ihm gegenüber steht der rothaarige Tyrsal.
Tyrsals Tunika ist völlig durchgeschwitzt. Auch er lässt den stumpfen Übungssäbel sinken und schüttelt ungläubig den Kopf. »Du schwitzt kaum und ich komme beinahe um vor Hitze. So hart habe ich seit Jahren nicht mehr gekämpft. Nicht, seitdem du weg bist. Du hättest mich drei- oder viermal ohne weiteres töten können.«
»Einmal … höchstens.« Lorn grinst.
»Und … du kämpfst mit links. Denk ja nicht, ich wüsste nicht
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