Sturm der Herzen
sie vergessen können, warum die Heirat Irrsinn war, hatte seine Zärtlichkeiten einfach genossen, die Macht seines Kusses, die heißen, süßen Gefühle, die sie erfasst hatten, aber dann war sie zu Sinnen gekommen und hatte sich wieder an alles erinnert.
Blindlings starrte sie in die Dunkelheit. O Hugh, dachte sie unglücklich. Wie konntest du nur sterben und mich so allein lassen? Was soll ich nur tun?
Die Nachricht von der Verlobung zwischen Mrs Hugh Manning und Marcus Sherbrook verbreitete sich in der Nachbarschaft wie ein Lauffeuer und erregte dasselbe Aufsehen wie eine besonders große Sternschnuppe am Nachthimmel. Marcus hatte ja gewusst, dass es Gerede geben würde; er hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so viel Gerede wäre. Und auch nicht, dass alle, von der kleinsten Küchenmagd bis hoch zum vornehmsten Mitglied der ortsansässigen Aristokratie diese Nachricht so interessant finden würden. Als seine Verlobung volle fünf Tage währte, war er das ganze Theater von Herzen leid. An einem sonnigen Dienstagnachmittag starrte er aus dem Fenster seines Arbeitszimmers und schwor sich, wenn noch einer seiner Freunde oder Nachbarn ihm gegenüber seinem Erstaunen über die Tatsache Ausdruck verlieh, dass er ausgerechnet Isabel Manning heiraten wollte, würden sie entdecken, wie geschickt er mit den Fäusten war. Und was die weiblichen Mitglieder der Nachbarschaft betraf - die verlangten alle, das Datum der Hochzeit zu erfahren. Er runzelte die Stirn. Das war leider die eine Frage, die er nicht beantworten konnte.
Die Falten auf seiner Stirn vertieften sich. Isabel. Die kleine Hexe. Was für ein Spiel spielte sie eigentlich? Jedes Mal, wenn er die Unterhaltung auf das Thema lenkte, einen Tag für die Hochzeit festzulegen, löste sie sich wie in einer Wolke Rauch auf. Im einen Moment sprachen sie miteinander, im nächsten war sie verschwunden, und er stand da und redete mit Luft. Eigentlich, überlegte er wenig erfreut weiter, hatte sie sich zu seinem Missvergnügen ziemlich rar gemacht, seit die Verlobung verkündet worden war. Es war schließlich nicht so, dass er erwartete, mit ihr jede freie Minute zu verbringen, aber er hatte doch geglaubt, sie würden einander häufiger sehen, als es in den vergangenen Tagen der Fall gewesen war. Sie hatten viel zu besprechen, eine Hochzeit zu planen. Entscheidungen mussten gefällt werden, sie mussten sich darüber klar werden, wie ihr Zusammenleben aussehen sollte, welche Räume benötigt werden würden - aber sie schien das nicht im Mindesten zu kümmern. Sie war stets in Eile, musste dringend hierhin und dorthin und hatte schlicht ausgerechnet jetzt keine Zeit für ihn - wenigstens behauptete sie das. Himmel, er würde wetten, dass er seit der Verlobung nicht mehr als zwanzig Minuten am Stück in ihrer Gegenwart verbracht hatte, und stets, erinnerte er sich mit tief gefurchter Stirn, war jemand anderer in der Nähe gewesen. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er denken, dass sie Angst davor hatte, mit ihm allein zu sein.
Die Geräusche mehrerer Gefährte und Pferdegespanne von der Vorderseite des Hauses erregten seine Aufmerksamkeit; immer noch mit einer steilen Falte auf der Stirn und von der Hoffnung beseelt, dass es kein weiterer neugieriger Freund oder Bekannter war, der auf einen Besuch vorbeikam, ging er aus der Bibliothek. Thompson, sein perfekt geschulter Butler, befand sich bereits in der Halle und stand im Begriff, die schwere Eichentür zu öffnen.
»Es ist Ihre Mutter, Sir«, stellte Thompson lächelnd fest. »Einer der Jungen des Torhüters hat eine Abkürzung durch den Park genommen und ist gerade in die Küche gestürzt, um uns Bescheid zu sagen.«
Marcus wusste sehr gut, warum seine Mutter nach Hause gekommen war, aber es erstaunte ihn trotzdem, dass die Nachricht seiner Verlobung sie dazu gebracht hatte, London auf dem Höhepunkt der Saison zu verlassen. Gerührt von so viel mütterlicher Zuneigung verließ er das Haus, um sie zu begrüßen.
Seine schlechte Laune hob sich sogleich, als er die Entourage sah, die ihn erwartete. Zusätzlich zu der großen schweren Reisekutsche der Familie, die von vier eleganten Grauen gezogen wurde, gab es noch eine Kutsche für die Dienstboten und dahinter zwei weitere schwer beladene Vehikel. Seine Mutter war berüchtigt für die Anzahl an Gegenständen, die ihrer Meinung nach für ihre Bequemlichkeit unverzichtbar waren, auch wenn sie nicht auf Sherbrook Hall weilte. Als er den ganzen Tross sah, musste er
Weitere Kostenlose Bücher