Sturm der Leidenschaft: Er suchte einen verborgenen Schatz - und fand die Liebe seines Lebens (German Edition)
Engländer.
Graham hatte sich stets in der Nähe der Männer aufgehalten, während sie sich mit ihm unterhielten, doch niemand hatte ihn bemerkt – das kleine, unsichtbare Kind. Die meisten hatten ihn ignoriert, mit Ausnahme jenes Kriegers, der ihn wie einen preisgekrönten Hund hielt. Trotzdem harrte Graham sehnsüchtig auf eine Chance, mit dem Fremden zu sprechen.
Die Gelegenheit hatte sich ergeben – als der Engländer sich torkelnd zu den Felsen begeben hatte, um sich zu erleichtern. Graham schlich hinter ihm her. Nachdem der Mann seine Notdurft verrichtet hatte, traute er sich näher an ihn heran.
»Bitte, Sir, helft mir! Ich bin Engländer wie Ihr, aber ein Gefangener. Die al-Hajid nahmen mich gefangen und halten mich als Sklaven. Bitte, bringt mich von hier fort!« Seine Stimme war brüchig gewesen, sprach er doch erstmals seit zwei Jahren in seiner Muttersprache – voller Verzweiflung und Hoffnung.
Der Mann hatte sich die Hose zugeknöpft. »Und warum sollte ich dir glauben oder dir helfen und meine Freundschaft mit den al-Hajid aufs Spiel setzen? Hast du Geld?«
»Nein, Sir«, hatte Graham unglücklich geantwortet. »Aber ich verspreche Euch, dass ich Euch Geld geben werde, wenn ich wieder in England bin. Meine Familie ist wohlhabend.«
»Ein Versprechen von einem Kind? Das taugt nichts!«
Graham biss sich auf die Lippe. Er hatte kein Geld. Aber er besaß diese Schatzkarte, sein wertvollstes Gut. Sie war in der Mitte entzweigerissen.
»Wartet bitte hier!«, bettelte er. »Ich habe etwas.«
Dann war Graham zu dem Versteck geschlichen, das er tief in den Sand gegraben hatte. Er hatte eine Hälfte der Karte herausgeholt und war damit zurück zu al-Hamra geeilt, um sie ihm anzubieten.
»Das ist eine Schatzkarte. Könnt Ihr Hieroglyphen lesen?«
Al-Hamra grunzte. »Nein, wozu sollte ich wohl die heidnischen Zeichen der alten Ägypter kennen?«
»Ich erlernte sie ein wenig. Mein Vater … brachte sie mir bei. Diese Karte führt zu einem großen Schatz in einer Pyramide.«
Der Mann betrachtete das alte brüchige Papyrusstück und schnaubte verächtlich. »Interessant, aber nicht genug, um dafür sein Leben zu riskieren. Weißt du, was die al-Hajid mit ihren Feinden machen, Junge?«
Oh ja, das wusste er! Er hatte gesehen, wie das Blut seiner Eltern den Sand tränkte, weil sie es gewagt hatten, Land zu überqueren, von dem die al-Hajid behaupteten, es gehörte ihnen.
»Bitte, Sir, bitte, ich flehe Euch an! Ich tue alles!« Graham hatte sich alle Mühe gegeben, nicht zu weinen.
Al-Hamra starrte ihn an. »So ein hübscher Junge«, sagte er mit einem seltsamen Ausdruck in den grünen Augen. »So ein ausgesprochen hübscher Junge.«
Graham wich zurück. Er erkannte diesen bohrenden, lechzenden Blick wieder.
»Wie heißt du, Junge?«
Sein Überlebensinstinkt hatte ihm gleich bei seiner Entführung gesagt, er solle den wilden al-Hajid besser nicht seinen wahren Namen verraten. Wer wusste, was sie mit ihm anstellten, wenn sie erfuhren, dass er der Erbe des Duke of Caldwell war? »Man nennt mich Rashid.«
»Nun, Rashid, die Karte ist hübsch. Ich sag dir was: Ich helfe dir, zu fliehen, wenn du mir die Karte gibst und noch etwas anderes …«
Und dann hatte ihn der rothaarige Teufel zu einem höllischen Tanz aufgefordert. Entsetzt lehnte er ab – bis al-Hamra hämisch einwandte: »Was ist schon ein Mal mit mir, verglichen mit einem Leben lang mit deinem arabischen Meister? Komm schon, Junge, ich verspreche dir, es dauert nicht lange.«
Also hatte Graham die Augen geschlossen und war dem Mann in sein Zelt gefolgt, wo er seine Seele verkaufte.
Hör auf damit! Du bist vollkommen sicher. Ruhig, ganz ruhig! Graham zwang seine Gedanken mit größter Anstrengung in die Gegenwart zurück. Sein Hemd klebte an seinem verschwitzten Oberkörper.
»Sir? Euer Glas.«
»Was?« Graham erschrak und sah den Diener mit den weißen Handschuhen verwirrt an.
»Euer Champagner-Glas, Euer Gnaden. Wünscht Ihr ein neues?«
Grahams Blick wanderte zu dem Kristallglas, das er kopfüber in der linken Faust hielt. Innerlich zitternd, holte er Luft. »Ja.«
Er reichte dem Diener sein leeres Glas und nahm sich ein gefülltes, dessen Inhalt er sogleich hinunterstürzte. Die kleinen Bläschen, die in seiner Kehle kribbelten, bemerkte er kaum, aber er dankte der englischen Etikette, die es Dienern untersagte, Fragen zu stellen, wenn Herzöge ihren Champagner auf den Boden gossen und dabei ihre Hosenbeine
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