Sturm der Leidenschaft (German Edition)
in einem kleinen Wäldchen lag. Hier fanden nicht nur alle wichtigen Familienereignisse ihren religiösen Niederschlag, sondern die Kirche war auch gleichzeitig die Grablege der Aldertons.
Da sie aber nicht beheizt werden konnte, hatte Edward sich dafür entschieden, die Trauung in der Gemeindekirche stattfinden zu lassen.
Die ganze Umgegend schien auf den Beinen zu sein, dachte Anne als sie aus dem Fenster blickte und all die Menschen sah, die sich vor dem Eingang der normannischen Wehrkirche versammelt hatten, um wenigstens einen kleinen Blick auf das große Ereignis zu erhaschen.
Mit winzigen Schritten entstieg sie der Kutsche, wo sich ihre Rock so fest um ihre Beine zu wickeln schien, dass sie sich kaum zu bewegen vermochte.
Es brauchte die helfenden Hände Marys, welche den Saum nach draußen zog und so ihrer Herrin die nötige Beinfreiheit verschaffte.
Agnes, die als Brautjungfer fungierte, ordnete nun ihrerseits Rock und Schleppe, während Mary Anne das Cape abnahm.
„Alles in Ordnung?“, flüsterte sie und Anne nickte gefasst.
John hielt ihr seinen angewinkelten Arm hin und sie legte ihre Hand sacht darauf.
Dann begannen sie den Weg zum Altar, wo bereits Edward mit seinem besten Freund wart ete, sowie zahllose Gäste, die aus Nah und Fern angereist waren.
Wie wundervoll er aussah. So schlank und groß gewachsen. Sein Haar in wilden Locken wie immer und sein Anzug dafür perfekt geschnitten und aus feinstem Tuch.
Er hatte eine gewisse lässige Eleganz, die Anne mochte.
Ein Mann, der Selbstbewusstsein bereits mit der Muttermilch bekommen hatte.
Und jetzt strahlte er, als sie sich, klein und zierlich wie sie war, neben ihn stellte und mit gefasster Miene zum Pfarrer blickte, der mit ruhigen Worten das Brautpaar und seine Gäste begrüßte.
Von der Trauung bekam Anne nichts mehr mit.
Es war ihr, als sei sie hinter eine undurchsichtige Scheibe getreten, die sie von der Welt trennte.
Weder hörte sie ihre eigenen, noch die Worte eines anderen.
Einer jener Maschinenpuppen nicht unähnlich, die – einmal aufgezogen – exakt das tun, w ozu sie gebaut wurden, so funktionierte auch Anne.
Sie lächelte, nickte, blickte mal ernst, mal heiter. Sie nahm die Glückwünsche entgegen und vergaß auch nicht, von Zeit zu Zeit glücklich zu ihrem Gemahl aufzublicken, was allgemein mit Zustimmung wahrgenommen wurde. Sowieso zeigte sich die Gute Gesellschaft positiv überrascht, in welchem Umfang die doch eigentlich wenig standesgemäße Braut sich in ihre neue Rolle einzufinden schien.
Hatte man eigentlich den einen oder anderen Fauxpas erwartet (über den man– da war man sich einig – natürlich großzügig hinwegsehen würde), so musste man bald mehr oder minder enttäuscht feststellen, dass alles, was man der neuen Lady Alderton vorwerfen konnte, ein beinahe schon zu angemessenes Auftreten war.
Was sie auch sagte oder tat – es war perfekt. Nie lachte sie zu laut oder sprach zu viel. Nie vergaß sie die Gäste, weil sie ihren jungen Gatten zu sehr anhimmelte.
Ihre Haltung war – hierin war man sich einig – parfaitement comme il faut !
Nach der Trauung begab sich die Gesellschaft in einer langen Schlange aus Kutschen zurück zum Herrenhaus, wo man den Bankettsaal auf das Ansprechendste geschmückt hatte.
Blumenarrangements, Porzellan, Etageren – alles war perfekt.
Und so konnte man sich dem mehrgängigen Menu hingeben, ebenso wie all den hervorr agenden Weinen und anderen Spirituosen, die in einem nicht enden wollenden Strom aus dem Weinkeller heraufgebracht wurden.
Personal in Legionsstärke in goldbetressten Livreen eilten, um jeglichen Wunsch der Gäste von deren Augen abzulesen und zu erfüllen, noch bevor er ausgesprochen werden konnte.
Dabei herrschte eine allgemeine Heiterkeit, die nur selten bei solcherlei Festivitäten in diesen Kreisen vorkommt.
„Er sieht glücklicher aus als sie“, meinte denn auch ein älterer Lord zu seiner Tischnachbarin.
„Nun … Mein lieber Freund … Sie muss doch die Form wahren. Man hielte sie wohl für vulgär, verhielte sie sich anders … auffälliger …“, erläuterte diese verständnisvoll.
„Gewiss haben Sie Recht, meine Liebe. Für alles andere ist ja heute noch des Abends Zeit, nicht wahr?“
Und die beiden lächelten sich wissend an.
Nach dem Dessert begann der allgemeine Aufbruch. Man dankte, lud sich gegenseitig wieder ein und verließ Haversham House in einem umfassend positiven Gefühl.
Agnes und Mary hatten die Aufgabe
Weitere Kostenlose Bücher