Sturm der Leidenschaft
seiner Zwangslage, weil sie den Ball verlassen wollten und ihm ohne große Umstände anboten, ihn zu seinem Stadthaus zu fahren, in dem ein sehr erregter Clayton eine sehr unbehagliche Nacht verbrachte. Immer wieder sah er Whitney in dieser goldglitzernden Robe vor sich, die ihre Brüste so unverhüllt zur Schau stellten. Sie hatte sie absichtlich angezogen, um ihn zu provozieren. Und das war ihr, bei Gott auch gelungen.
Hätte sie nicht dieses verdammte Kleid getragen, hätten ihre Haare nicht so verlockend geschimmert, hätte sie nicht so atemberaubend schön und begehrenswert ausgesehen, hätte er Maries stumme Einladung auf die Terrasse doch nie angenommen!
Kapitel achtzehn
Clayton kehrte weder am folgenden Tag nach Claymore, zurück noch am nächsten oder übernächsten. Er verbrachte aber die drei Tage auch nicht nackt in Marie Saint-Allermains schönen Armen, wie es sich Whitney in ihren Alpträumen vorstellte. Er verbrachte die drei Tage in abwechselnden Stadien brodelnder Wut und ruhiger Nachdenklichkeit. Die drei Abende verbrachte er in seinem Club.
Mitten in der vierten Nacht, als er düster aus dem Fenster seines Schlafzimmers in das ebenso düstere London hinausblickte, reifte in ihm ein Entschluß. Er würde nach Hause fahren und aus dem Ostflügel wieder in seine eigene Suite ziehen. Er lehnte es kategorisch ab, weiterhin wie ein Mönch zu leben, während er eine Frau hatte, die zwar eine verdammte Heuchlerin war, aber einen höchst verlockenden Körper besaß. Es war sein gutes Recht, sich ihrer zu bedienen: als anmutige, charmante Gastgeberin, wenn es die Gelegenheit erforderte, und als unbezahlte Hure, wenn sein Körper das verlangte. Schließlich ist sie fast eine, dachte er mit neu aufloderndem Zorn. Allerdings war ihr Preis sehr hoch gewesen: ein erkleckliches Vermögen und dann auch noch sein Name! Aber sie gehörte ihm. Dauerhaft.
Am nächsten Vormittag rollte die Kutsche vor der Freitreppe von Claymore noch aus, als Clayton an dem verblüfften Butler vorbei bereits die Stufen emporstürmte. Er stieß die Tür zu Whitneys Räumen so heftig auf, daß sie krachend gegen die Wand flog und Mary entsetzt aufschreien ließ. Ohne ein Wort der Begrüßung für die erschreckte Zofe durcheilte er den Ankleideraum und betrat sein früheres Schlafzimmer. Aber dort war Whitney nicht. Weil die Herzogin, wie Mary den Tränen nahe erklärte, das Haus verlassen hatte. Gestern.
»Wohin?« fragte Clayton gereizt.
»D . . . das hat sie nicht gesagt, Euer Gnaden. Aber sie meinte, sie hätte für Sie eine Nachricht in ihrem Schreibtisch hinterlassen.« Mary begann zu schluchzen, aber Clayton ignorierte sie und trat mit steifen Schritten an Whitneys Schreibtisch. Er war leer - bis auf einen zusammengeknüllten blauen Papierball in der Schublade. Clayton haßte es, ihn auch nur zu berühren, aber er glättete ihn, um zu sehen, ob sie vielleicht etwas draufgeschrieben hatte. Sie hatte es nicht getan. Es war nur ihre Art, ihn darauf hinzuweisen, daß sie den Grund für seine Verärgerung entdeckt hatte. Er stopfte den unsäglichen Brief in seine Tasche und wandte sich der Tür zu.
»Ich beziehe wieder meine Räume«, fauchte er Mary an. »Bringen Sie ihre Sachen hier raus.«
»Und wo werde ich sie als nächstes hinbringen müssen?« erkundigte sich Mary ausgesprochen aufmüpfig.
»Hier herein, verdammt noch mal!« Clayton entging nicht, daß Mary seine Antwort offenbar höchst erheiternd fand, aber er war zu erbost darüber, um seine eigentliche Beute gebracht worden zu sein, als daß er sich die Mühe gemacht hätte, eine Bedienstete wegen deren Impertinenz zurechtzuweisen.
In den nächsten vier Tagen wartete Clayton nervös wie ein Tiger im Käfig darauf, daß seine auf Abwege geratene Frau zu ihm zurückkehrte. Er war sich sicher, daß sie wiederkehren würde, sobald sie erkannte, daß er sich keineswegs in kopfloser Angst um ihren Zustand an ihre Verfolgung machte. Sie mußte zurückkommen. Wo sollte sie schließlich Zuflucht vor dem eigenen Ehemann finden - in eklatanter Verletzung der englischen Gesetze? Ihr Vater war ein viel zu vernünftiger Mann, um sie nicht auf der Stelle zu ihm zurückzuschicken, befand Clayton in radikaler Abkehr von seinen bisherigen Ansichten über Martin Stone.
Als sie auch am fünften Tag noch nicht wieder da war, empfand er einen so unbändigen Zorn, wie nie zuvor in seinem Leben. So lange konnte sie nirgendwo zu Besuch weilen. Bei Gott! Sie hatte ihn tatsächlich
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