Sturm der Leidenschaft
Müßiggang und Ausschweifungen machte.
Graue Augen blickten ihn so durchdringend an, daß Matthew Bennett unwillkürlich schluckte. Der Herzog nahm hinter dem Schreibtisch Platz und bedeutete Bennett, sich wieder zu setzen. »Wollen wir beginnen, Mister Bennett?« erkundigte er sich mit gelassener Autorität.
»Sehr wohl«, erwiderte Bennett Junior und räusperte sich. »Ihrem Wunsch entsprechend, Euer Gnaden, haben wir Nachforschungen über die Familie der jungen Dame angestellt. Miss Stone ist die Tochter von Susan Stone, die starb, als Miss Stone fünf Jahre alt war, sowie von Martin Albert Stone, der noch am Leben ist. Miss Stone wurde am dreizehnten Juni des Jahres achtzehnhundert geboren, und der Sitz der Familie befindet sich in Morsham, rund sieben Stunden Kutschfahrt von London entfernt.
Der Besitz der Stones ist klein aber ertragreich, und Martin Stone führt das Leben eines durchschnittlichen Landedelmannes. Vor etwa vier Jahren hat sich seine finanzielle Situation jedoch drastisch verändert. Euer Gnaden werden sich vielleicht erinnern, daß Teile von England seinerzeit unter langanhaltenden Regenfällen zu leiden hatten. Da Stone keine Viehzucht betreibt, mit der er den Verlust der Ernte hätte ausgleichen können, traf es ihn besonders hart.
Unseren Erkenntnissen zufolge hat sich Stone in seiner Bedrängnis zu einigen recht riskanten Investitionen hinreißen lassen, die allesamt fehlschlugen. Vor zwei Jahren nahm er Hypotheken auf, um dieses Kapital in ein Schiffsunternehmen in den Kolonien zu stecken. Unglückseligerweise scheiterte er auch damit. Zur Zeit ist er dramatisch verschuldet - nicht nur bei den Banken und Geldverleihern in London, sondern auch bei den örtlichen Geschäftsleuten. Haus und Land verfallen zusehends, und er hat kaum noch genügend Geld, um das Personal bezahlen zu können, so daß er einige Bedienstete entlassen mußte.«
Bennett Junior zog einige Dokumente aus seiner Mappe und reichte sie dem Herzog. »Das ist eine Liste seiner Gläubiger, obwohl wir nicht sicher sein können, in der Kürze der Zeit alle erfaßt zu haben.«
Clayton Westmoreeland lehnte sich in seinem Sessel zurück und überflog die Schriftstücke mit ausdrucksloser Miene. »Wieviel?« fragte er, als er zu Ende gelesen hatte.
»Alles in allem etwa hunderttausend Pfund, würde ich sagen.«
Die schwindelerregende Summe schien absolut keinen Eindruck auf den Herzog zu machen, der Matthew Bennett die Dokumente zurückreichte und spontan das Thema wechselte. »Und was haben Sie über das Mädchen herausfinden können?«
»Auch wenn es heikel war, Dinge persönlicher Natur in Erfahrung bringen zu wollen, ohne Mißtrauen zu erregen, wissen wir doch, daß Miss Stone als Kind recht - unberechenbar gewesen sein soll. Offenbar ist sie sehr belesen und ungewöhnlich gebildet. Sie spricht fließend Französisch und wohl auch Griechisch - jedenfalls so gut, daß sie bei offiziellen Anlässen als Übersetzerin für ihren Onkel fungiert, wenn griechische Diplomaten anwesend sind. Sie liest Italienisch, Latein und Deutsch. Vielleicht spricht sie diese Sprachen auch, aber da sind wir nicht ganz sicher.«
Matthew zögerte und fuhr erst nach einem auffordernden Blick des Herzogs unbehaglich fort: »Viele der Leute, mit denen wir gesprochen haben, erwähnten ernsthafte Unstimmigkeiten zwischen der jungen Dame und ihrem Vater. Etliche von ihnen wiesen Stone die Schuld an diesem Zerwürfnis zu, jedoch die meisten bezeichneten Martin Stone als bedauernswerten Mann, der mit einem rebellischen, eigensinnigen Kind fertigwerden mußte. Im Alter von vierzehn Jahren faßte Miss Stone eine überaus heftige Zuneigung zu einem Gentleman namens Paul Sevarin. Dieser Sevarin ist zehn Jahre älter als sie und war offenkundig über ihre kindliche Vernarrtheit in ihn nicht mehr angetan als ihr Vater. Aus diesem Grund schickte Stone seine Tochter mit fast sechzehn Jahren nach Paris, wo sie bei ihrer Tante und ihrem Onkel lebt. Dort wurde sie mit siebzehn Jahren in die Gesellschaft eingeführt. Unsere Informationen besagen, daß sie sich seither einer ungeheuren Beliebtheit erfreut. Aber selbstverständlich würde sich das dramatisch ändern, sobald die wirtschaftliche Lage ihres Vaters bekannt wird«, spekulierte Bennett Junior, warf dem Herzog dann aber schnell einen entschuldigenden Blick zu und konzentrierte sich wieder auf die Fakten.
»Miss Stone war nahe daran, etliche Heiratsanträge zu erhalten, nahm ihren Verehrern jedoch
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