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Sturm der Seelen: Roman

Sturm der Seelen: Roman

Titel: Sturm der Seelen: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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also!«, rief er, sobald er in Hörweite war.
    »Hast du mich etwa gesucht?«
    »Ich dachte, du solltest die Show nicht verpassen, die drüben im Camp gerade abgeht.«
    »Welche Show?«
    Mare stellte sich vor sie und bot Jill seinen Ellbogen an. Dankbar hakte sie sich unter, auch wenn sie sofort die stechende Kälte auf dem jetzt unbedeckten Teil ihres Oberkörpers spürte. Im Schneckentempo schlenderten sie zurück zur Höhle, schauten abwechselnd nach vorn, dann zur Seite, bis sich ihre Blicke schließlich begegneten und beide verschämt wegsahen.
    »Der Typ, mit dem meine Schwester dauernd rumhängt, ist plötzlich ausgeflippt und brüllt jetzt ständig: ›Der Schwarm kommt!‹«
    »Ich habe auch das Gefühl, als ob es bald schneien könnte.«
    »Nicht ›Sturm‹«, sagte Mare kichernd, »›Schwarm‹.«
    »Ach so …«, erwiderte Jill und wurde rot. »Das macht einen ziemlichen Unterschied, oder? Und was sollen wir tun, wenn diese Moskitos tatsächlich wiederkommen?«
    »Alle glauben, dass er durchgedreht ist. Er faselt ständig davon, dass der Schwarm sich darauf vorbereitet, gegen uns zu marschieren.«
    »Marschieren?«
    »Exakt … du weißt, was ich denke, oder?«
    »Wir stehen alle ziemlich unter Stress.«
    »Stimmt. Und Richard sagt, dass wir schon lange weg sein werden, bevor irgendwer irgendwohin marschieren kann. Er will morgen früh aufbrechen.«
    »Und wo will er hin?«
    »Nicht ›er‹, Jill. Wir. Er sagt, dass wir in die Stadt gehen und versuchen sollten, dort neu anzufangen. Irgendwohin, wo wir uns auch verteidigen können, wenn uns tatsächlich jemand angreift.«
    »Klingt vernünftig, aber ich bin nicht gerade scharf darauf, diesen Highway wiederzusehen.«
    »Ich auch nicht, aber die Aussicht, wieder ein Dach über dem Kopf zu haben, klingt ziemlich verlockend.« Er blieb stehen und streckte eine Hand aus, mit der er eine einzelne Schneeflocke auffing. »In Tennessee schneit es nie richtig.«
    »In Oregon auch nicht.«
    »Was ich nicht verstehe«, sagte Mare, während er weiterging und das geschmolzene Wasser von seiner Hand schüttelte, »ist, warum alle glauben, dass wir überhaupt nochmal angegriffen werden. Ich meine, ich hab diese Dinger gesehen – mein eigener Dad hat sich in so eins verwandelt -, aber wer kommt denn bitte auf die Idee, dass die in der Lage wären, sich zu so etwas wie einer Armee zu organisieren und gegen uns zu marschieren? Also bitte!«
    »Ich mache mir eher Sorgen, was passiert, wenn die Moskitos wiederkommen.«
    »Wenn der Winter erst mal da ist und alles gefriert, sind sie tot.«
    »Und was ist mit dem Frühling? Glaubst du nicht, dass sie vielleicht Eier gelegt haben? Oder vielleicht sind sie irgendwohin weitergezogen, wo es wärmer ist, und warten dort den Winter ab. Könnten sie von da nicht zurückkommen?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte Mare und zuckte mit den Achseln. »Bis dahin müssen wir eben vorbereitet sein, schätze ich.«
    Je näher sie dem Lager kamen, desto langsamer wurden sie. Einige hatten es geschafft, die Felsen hinaufzuklettern, und jetzt schleppten sie alles Mögliche an brennbaren Gewächsen heran, das sie aus den Felsspalten gerissen hatten. Andere brachten das gesammelte Holz zum Strand, wo sie es zusammen mit den halb heruntergebrannten Scheiten aus der Höhle und allem Möglichen anderen, das irgendwie brennbar aussah, zu einer neuen Feuerstelle aufschichteten. Der Anblick, der sich jetzt bot, war seltsam. Jetzt, da der Eingang der Höhle nicht mehr von Feuerrauch vernebelt wurde, sah man die Gesichter der gequälten Seelen, die mit angezogenen Knien gegen die Wände gekauert dasaßen, genau so, wie sie sich dort niedergelassen hatten. Viele schlotterten und schluchzten, doch wurden die Geräusche ihrer Seelenqualen von der anrollenden Brandung übertönt, wieder andere versuchten zu schlafen oder starrten einfach ausdruckslos ins Leere.
    »Was ist denn los?«, fragte Mare einen Mann mit einer Lederjacke, der gerade voll beladen mit Ästen, die noch so grün waren, dass sie wohl kaum brennen würden, an ihnen vorbeihastete.
    »Wir halten eine Versammlung ab«, sagte der Mann, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. »Alle müssen kommen.«
    »Und um was geht’s?«, fragte Mare, aber der Mann war schon wieder weitergegangen, voll und ganz mit seiner Aufgabe beschäftigt.
    Jemand hatte einen Stuhl aus dem Camping-Anhänger hergeschleift, wie man an den beiden dünnen Linien, die sich über den Strand zogen, sehen konnte, und ihn vor den sich

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