Sturm der Verfuehrung
diese Attribute waren unverändert.
»Das Waisenhaus ...« Malcolm hielt inne, um die absolute Kontrolle über seine Stimme sicherzustellen. Lange Pausen war Jennings bei ihm gewohnt, aber ein aus Wut geborenes Zittern in der Stimme würde ihn vielleicht misstrauisch machen. »Ist Ihnen der Gedanke gekommen, dass einige der Kinder in der Feuersbrunst den Tod finden könnten?«
Jennings zuckte mit den Schultern. »Hätte passieren können -aber es war nicht sehr wahrscheinlich. Sie müssten eigentlich genug Zeit gehabt haben, sich in Sicherheit zu bringen.« Als Malcolm schwieg, fügte er hinzu: »Außerdem haben Sie mir nicht gesagt, dass es keine Menschenleben kosten soll.«
Malcolm ballte unter dem Schreibtisch die Fäuste, doch seine Stimme klang völlig ruhig, als er sagte: »Richtig. Aber da wir gerade davon sprechen - für wie viele Todesfälle sind wir denn verantwortlich?«
Jennings klopfte leicht mit einem Daumen an den anderen, schaute an die Decke und verzog den Mund. »Ich habe nicht Buch geführt, aber ich denke, so um die zehn.«
»Aha.« Es fiel Malcolm immer schwerer, seine Wut zu zügeln, insbesondere, da sie sich zum größeren Teil gegen ihn selbst richtete. Er stand auf, umrundete, während er seine Worte wählte, langsam den Schreibtisch. »Es ist das erste Mal, dass ich Zeuge einer Ihrer Aktionen geworden bin. Bei unseren anderen Projekten stattete ich der fraglichen Gegend einen kurzen Besuch ab, wählte das Grundstück aus, kehrte nach London zurück und schickte Sie vor, um das Land zu kaufen. Als ich jedoch hierherkam, um das Tal auszukundschaften, verliebte ich mich in diese Gegend und blieb, lernte die Einheimischen kennen und ihre Art zu leben schätzen, den Gemeinschaftssinn, das friedliche Miteinander. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich einen Ort gefunden, wo ich gerne bleiben würde, ein Haus kaufen, vielleicht sogar eine Familie gründen.«
Nichts wies auf den Tumult hin, der in seinem Innern tobte - weder in seiner Miene noch in seiner Stimme.
Er setzte sich auf die Schreibtischkante und beugte sich zu Jennings vor. »Zugegeben, wenn Sie im Laufe unserer ersten Projekte ohne die gewünschte Eigentumsurkunde zurückkamen und mich fragten, wie man den Eigentümer zum Verkaufen veranlassen könnte, nannte ich Ihnen Möglichkeiten, die Menschen mit den üblichen Bestrebungen und Gefühlen dazu bringen können, sich von ihrem Grundbesitz zu trennen: Habgier, Aberglauben, Unfälle und so weiter. Aus meiner Sicht war das Theorie. Ich habe Sie nie eine dieser Methoden anwenden sehen.« Er hielt inne und fügte dann mit noch immer völlig emotionsloser Stimme an: »Ich wusste zum Beispiel nichts von diesen Todesfällen.«
Jennings blinzelte verdutzt. »Stimmt.«
»Wenn ich darüber nachgedacht hätte, wäre mir natürlich klar geworden, was passieren konnte, wenn Sie diese Ratschläge in die Tat umsetzten - aber solange ich etwas nicht mit eigenen Augen sehe, bleibt es für mich abstrakt. Theoretisch. Irreal. Es berührt mich nicht.«
Er blickte Jennings in die Augen und lächelte schwach. »Bis jetzt wurde ich nie mit den menschlichen und gefühlsmäßigen Folgen Ihres - unseres - Tuns konfrontiert. Bis jetzt musste ich mir nie meine Verantwortung für die tragischen Auswirkungen meiner Pläne eingestehen.« Er hielt Jennings’ Blick fest. »Ich muss Ihnen sagen, dass, im Fall des Waisenhauses Zeuge unserer >Überredungsarbeit< zu werden, ein regelrechter Schock für mich war.«
Sie waren sich jetzt nahe genug, dass Jennings etwas von den Gefühlsstürmen in Malcolm spürte. Er richtete sich auf und rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. »Aber ... ich habe nur Ihre Befehle ausgeführt. Getan, was ich, wie ich dachte, tun sollte.«
»Ja, ja, das ist richtig«, bestätigte Malcolm. »Doch meine Frage lautet: Wie haben Sie das fertiggebracht?«
Jennings war sichtlich verwirrt.
Malcolm ließ den Schild sinken, hinter dem er seine Gefühle verborgen hatte. »Das sind brave Leute - liebenswürdige und großzügige und verdienstvolle Leute.« Seine Wut loderte hoch. »Sie kümmern sich um Kinder - um Kinder, die nichts und niemand haben.«
Wie er.
Die Erkenntnis schmerzte. Er atmete tief ein und fuhr mit stahlharter Stimme fort: »Lassen Sie mich Ihnen erklären, wie ich Ihre Aktion bezüglich des Waisenhauses empfinde, nachdem ich gezwungen war, ihr Ergebnis aus nächster Nähe mitzuerleben. Ich nehme an, Sie waren zu weit entfernt von Ihrem Werk, um zu sehen, dass
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