Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturm der Verfuehrung

Titel: Sturm der Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
Vom Netzwerk:
hielten, waren durchtrennt und mit dünneren verflochten worden und folglich wesentlich weniger belastbar.
    »Auf beiden Seiten«, sagte Sinclair, als er Charlies Blick zum anderen Ende der Brücke schießen sah. »Ich habe die Tragfähigkeit ausgerechnet - Sie wissen ja, wie man das macht. Unter den jetzigen Bedingungen halten die Seile dem Gewicht von zwei Personen stand, keinesfalls von drei.« Malcolm hielt inne und fuhr dann fort: »Falls Sie sich also zu uns gesellen, werden sie reißen, und Eure Lordschaft wird für unser aller Tod verantwortlich sein.«
    Er deutete mit dem Kinn auf das über Felsenstufen in die Schlucht abstürzende Wasser. »Denn was uns dort unten erwartet, ist zweifelsfrei der Tod.«
    Sarah schaute leichenblass und in stillem Entsetzen zu Charlie auf und sagte: »Die Brücke hat geschwankt, als ich sie betrat.« Ihr Blick fiel auf die gespleißten Seile. »Jetzt verstehe ich, warum.«
    Malcolm ließ einen Moment verstreichen, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihre Situation zu verinnerlichen, und sagte dann zu Charlie: »Wie Sie sicherlich erkannt haben, ist die einzige Möglichkeit, Sie aus Ihrer Zwangslage zu befreien, dass ich Sarah gehen lasse.«
    Unter Aufbietung aller Willenskraft drängte Charlie die in ihm aufsteigende Panik und Wut zurück und begegnete Sinclairs Blick scheinbar gelassen. Auch er ließ einen Moment verstreichen, allerdings um seine Gedanken zu ordnen, und erwiderte dann: »Was muss ich dafür tun?«
    Malcolm lächelte. »Nichts allzu Anstrengendes, würde ich sagen. Nur zwei Dinge. Das erste ist zuhören.«
    Charlie suchte und fand Sarahs Blick, las jetzt Angst darin, aber keine Panik, und eine Unsicherheit, die ihm zeigte, dass Sinclairs Ab-sichten ihr ebenso rätselhaft waren wie ihm. Um Klarheit zu gewinnen, war es angeraten, den Mann reden zu lassen.
    Also schluckte er seinen Protest hinunter und fragte mit hochgezogenen Brauen: »Und was soll ich mir anhören?«
    Malcolm zog ebenfalls die Brauen hoch. »Eine Geschichte über Liebe - und Verlust«, antwortete er herausfordernd. »Eine in einiger Hinsicht einfache, in anderer jedoch ziemlich vertrackte Geschichte.«
    Sarahs Seitenblick zu Sinclair weckte in Charlie die Vermutung, dass ihre Unsicherheit sich in Wahrheit auf dessen geistige Gesundheit bezog - die er, Charlie, seinerseits anzuzweifeln begann. Das Szenario wurde immer bizarrer, aber er würde die Bedingung zuzuhören, gerne erfüllen. Solange Malcolm erzählte, würde er Sarah nichts tun. Wobei es nicht den Anschein hatte, dass er das überhaupt erwog. Schön und gut. Charlie war durchaus in der Lage, aufmerksam zuzuhören und gleichzeitig einen Plan zu schmieden.
    Also bedeutete er Sinclair mit einem Nicken zu beginnen und machte es sich auf seiner Felsenstufe bequem, indem er die Beine spreizte und beide gleich belastete. Eingedenk der Tatsache, dass Hände bei Verhandlungen oft mehr verrieten, als man glaubte, steckte er seine in die Hosentaschen.
    Ein Lächeln erschien auf Malcolms Gesicht, aber es erreichte seine Augen nicht, »ln diesen letzten Wochen habe ich Ihre Intelligenz und Ihren Scharfsinn schätzen und achten gelernt - Sie stehen mir an Brillanz in nichts nach. Doch auf einem Gebiet sind Sie ein absoluter Narr. Da Beispiele immer wesentlich lehrreicher sind als Ermahnungen, und da wir uns in so vieler Hinsicht gleichen, lassen Sie mich Ihnen beschreiben, wie Ihr Leben hätte sein können. Sie hätten wie ich mit lieblosen Eltern aufwachsen können, die nie Zeit für Sie hatten, ohne Geschwister und Verwandte. Allein.
    Sie hätten Ihren Geist, wie ich es tat, mit rein theoretischen Problemen von der Art, mit der man in der Schule zu ringen lernt, trainieren können. Ohne jemand, der sich um Sie sorgte - die Eltern tot, der Vormund desinteressiert -, hätten Sie als Heranwachsender vielleicht nur die Herausforderungen und Triumphe kennengelernt, die einem brillanten Geist zu verdanken sind, und keine der Freuden, die so viele als selbstverständlich erachten - die simplen Freuden menschlicher Kontakte. Aber ...« Malcolm hielt inne.
    Charlie blinzelte. Sinclair hatte ihn mit seinen unerwarteten Ausführungen völlig aus dem Konzept gebracht.
    Mit einem Lächeln um die Mundwinkel fuhr Malcolm fort: »... Ihr Leben war nicht so. Sie wurden in eine liebevolle Familie hineingeboren, verbrachten Ihre prägenden Jahre im Kreis von Menschen, die sich um Sie sorgten - und um die Sie sich sorgten. Zusätzlich kamen Sie als Erbe eines Earldoms von

Weitere Kostenlose Bücher