Sturm der Verfuehrung
Westflügels unterhalb des gräflichen Schlafzimmers liegende Damenzimmer kamen, hatte Serena ihr erklärt: »Traditionell war dies das Wohnzimmer der Countess. Auch das der ersten Frau von Charlies Vater. Obwohl sie schon viele Jahre tot war, als ich ihn heiratete, wagte ich nicht, es zu beanspruchen. Alathea war noch klein, und ich wollte nicht den Eindruck bei ihr erwecken, dass ich beabsichtigte, ihre Mutter zu ersetzen oder, noch schlimmer, die Erinnerung an sie auszulöschen.«
Sarah hatte den Blick durch das Zimmer wandern lassen, zu den hohen Fenstern und der sich zur Südterrasse öffnenden Fenstertür. Das Licht war wunderbar. Der Raum war ziemlich groß, wie alle Zimmer in diesem Eckflügel, die Möbel waren, wie es sich für das Wohnzimmer einer Countess geziemte, mit Damast und Brokat in Gold-, Braun- und Grüntönen auf elfenbeinweißem Grund bezogen, die Wände passend bespannt. Sie hatte sich Serena zugewandt und gefragt: »Meinst du, Alathea hätte etwas dagegen, wenn ich dieses Zimmer wählte?«
Serena strahlte. »Aber nein - ganz im Gegenteil. Ich glaube, sie fände es nur recht und billig.«
Damit war die Entscheidung gefallen, und Sarah hatte sie Figgs, der respektgebietenden Haushälterin mitgeteilt, worauf diese umgehend eine Schar Dienstmädchen zum Bodenwischen und Abstauben einteilte. »Eine Stunde nach dem Mittagessen wird alles bereit sein, my Lady. Ich werde Crisp sagen, dass er die Lakaien Ihre Schachteln und Koffer hinbringen lassen soll, damit Sie sich einrichten können. «
Und so hatte sie sich nach dem Essen - allein und von einer tiefen Zufriedenheit erfüllt - in aller Ruhe daran gemacht, das Wohnzimmer in Besitz zu nehmen.
Außer mit bequemen Sesseln und einer Chaiselongue war der Raum auch noch mit kleinen Tischen, einem Sekretär mit dazupassendem Stuhl und Bücherregalen ausgestattet. Da der Geruch von Bienenwachs in der Luft hing, hatte Sarah die Flügeltüren zu Korridor und Terrasse geöffnet.
Sarah hatte ihre drei Bücherkartons ausgeräumt und noch ein schmales Bändchen einzuordnen. Sie betrachtete es, drehte es im Sonnenlicht, studierte die dünnen Silberplatten, die als Einband dienten. Eine dicke Stahlspirale hielt die Seiten. Voller Zuneigung lächelnd, zeichnete Sarah mit der Fingerspitze die in das Metall eingravierten Buchstaben nach und strich dann behutsam über den großen, ovalen Amethyst-Cabochon in der Mitte des Buchdeckels.
Ein Schatten fiel herein, und ihr Herz hüpfte, weil sie dachte, es wäre Charlie, der im Türrahmen stand, doch dann sah sie das hellere Haar, die breitere Brust und die deutlich anderen Züge.
Ihr freudiges Lächeln erstarb, und sie ersetzte es durch ein der Begrüßung angemessenes. »Mr Sinclair. Wie nett, dass Sie vorbeikommen.«
Gegen die Wintersonne blickend, war sie sich seines Mienenspiels nicht sicher, meinte aber Überraschung bemerkt zu haben. Dann lächelte er sein charmantes Lächeln. »Lady Meredith.«
Er trat über die Schwelle, und Sarah reichte ihm die Hand. Nachdem er sich darüber gebeugt hatte, wie es sich gehörte, erklärte er: »Ich bin auf der Suche nach Seiner Lordschaft.« Er hielt einen Packen Zeitungen hoch. »Ich hatte ihm gesagt, dass ich sie vorbeibringen würde. Neuigkeiten über die Kapitalanlage in die Eisenbahn.«
»Ah - ich verstehe.« Sarah hatte keine Ahnung gehabt, dass Charlie sich für Eisenbahnen interessierte, aber sie wusste, dass er Investitionen tätigte. »Er ist ausgeritten, aber er müsste bald zurück sein.«
Sinclair lächelte flüchtig. »Der Stallbursche hatte mir gesagt, Seine Lordschaft wäre bereits zurückgekehrt, und da ich die offene Tür sah - ich dachte, dies wäre der Flügel, in dem sich die Bibliothek befindet.«
»Die Bibliothek befindet sich ein paar Türen weiter.«
»Aha.« Sinclair schaute auf das Büchlein in ihrer Hand hinunter. Nach kurzem, für Sarah unverständlichem Zögern sagte er: »Das ist ja ein ungewöhnliches Buch.«
Sarah hob es hoch und zeigte ihm den Buchdeckel mit dem Amethysten in der Mitte. »Es ist ein Erinnerungsstück. Meine verstorbene Tante, die älteste Schwester meiner Mutter, hatte eine ganze Reihe dieser Tagebücher anfertigen lassen, jedes mit einem anderen Stein. Als sie starb, bekam jede ihrer Nichten eines zum Andenken.«
Sie blätterte ein paar Seiten um. »Ich muss gestehen, dass ich es noch nicht gelesen habe, aber ich werde das nachholen. Tante Edith kannte eine Menge Rezepte und nützliche Hinweise, und da ich jetzt
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