Sturm der Verfuehrung
und zu lachen und einfach das Zusammensein zu genießen, war groß, sehr groß, aber ...
Er kämpfte und siegte, schaffte es, seinen gleichgültigen Ausdruck beizubehalten. »Es tut mir leid - geschäftliche Angelegenheiten ...« Er drehte sich um, überlegte kurz und sagte dann über die Schulter: »Wenn du ausreiten möchtest, nimm dir einen Stallburschen zur Begleitung mit.«
Damit ging er ins Haus und begab sich in die Bibliothek.
Sarah schaute ihm nach, und Bestürzung verdrängte das Glück aus ihren Augen.
13
Sarah sagte sich, dass es keine Zurückweisung gewesen war, dass er sich wirklich geschäftlichen Angelegenheiten widmen musste. Als er sich, anstatt das Mittagessen mit ihr im kleinen Speisezimmer einzunehmen, einen Teller mit kaltem Braten in die Bibliothek bringen ließ, hielt sie sich vor Augen, dass dies bei Eheleuten ihrer Kreise völlig normal war.
Eheleute saßen nicht ständig zusammen.
Nichtsdestoweniger hatte sie erwartet...
Wiederum bestürzt begab sie sich nach ihrem einsamen Mahl in ihr Wohnzimmer und verbrachte den Nachmittag mit der Erstellung einer Liste der Dankschreiben, deren Erledigung ihr oblag.
Es war Charlies Gewohnheit, nach dem Frühstück auszureiten, und so hatte er, als sie, nach einer weiteren leidenschaftlichen Nacht köstlich erschöpft, endlich die Augen aufschlug, längst gefrühstückt und das Haus verlassen.
Am folgenden Tag beschloss sie, sich in Geduld zu fassen, und wurde damit belohnt, dass Charlie nach seinem Ausritt nicht nur das Mittagessen mit ihr gemeinsam einnahm, sondern ihr auch bereitwillig erzählte, wo er gewesen war, was er gesehen und um welche Morwellan Park betreffenden Angelegenheiten er sich gekümmert hatte.
Alles, wie es sein sollte.
Sie hörte aufmerksam zu und zeigte sich interessiert.
Am Abend zuvor, ihrem ersten ohne die Verwandtschaft, hatten sie gemeinsam gespeist und danach noch ein Weilchen im Salon gesessen. Die anschließende Nacht hatte Sarah bestätigt, dass alles zwischen ihnen in Ordnung war, dass ihr Ehemann das Gleiche für sie empfand wie sie für ihn.
Nach dem Mittagessen, als sie über den Korridor gingen, blieb sie nach ein paar Schritten stehen, schaute Charlie an und wagte einen neuen Vorstoß: »Könnten wir heute Nachmittag vielleicht ausfahren?«
Sein Gesicht war wieder hinter der Maske der Gleichgültigkeit verschwunden. Er begegnete ihrem Blick und schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, ich kann nicht. Einige dringende Angelegenheiten harren meiner.« Nach einer Sekunde des Zögerns neigte er den Kopf. »Wenn du mich entschuldigen würdest...«
Ohne ihre Reaktion abzuwarten, ging er mit großen Schritten Richtung Bibliothek.
Sarah schaute ihm mit schmalen Augen nach, und ihr Mund wurde zum Strich.
Sie begann, die Existenz der Bibliothek zu verwünschen.
Am späten Nachmittag hatte ihr ungewohnter Zorn sich gelegt. Ein paar Stunden vernünftigen Nachdenkens in der beruhigenden Atmosphäre ihres Wohnzimmers hatten sie zu dem Schluss kommen lassen, dass dieser befremdliche Unterschied zwischen Charlies Verhalten bei Tag und bei Nacht schlicht und einfach darauf gründete, dass er andere - konventionelle - Vorstellungen von der Ehe hatte.
In diesem Licht betrachtet, war sein Verhalten verständlich, wenn es sie auch bekümmerte. Sollte sich etwas daran ändern, müsste sie Charlie dazu bringen, seine Ansichten zu überdenken.
Da sie ihn kannte, erwartete sie nicht, dass das leicht würde, aber daran denkend, wie die Mauer, die er tagsüber zwischen ihnen errichtete, in sich zusammenfiel, wenn er ihr gemeinsames Schlafzimmer betrat, sah sie eine Chance.
Am nächsten Tag war Sonntag, was bedeutete, dass sie zur Kirche fuhren. Es war merkwürdig für Sarah, plötzlich auf der linken Seite des Mittelganges zu sitzen, anstatt auf der rechten, der Conningham-Manor-Seite, von wo ihr Vater, ihre Mutter und Clary und Glory zu ihr herüberlächelten.
Sarah hatte ihre Schwestern seit der Hochzeit nicht mehr gesehen und war sicher, dass ihnen allerhand Gedanken durch den Kopf gingen, während sie vorgaben, Mr Duncliffes Predigt zu lauschen.
Sie gingen als Erste im Kielwasser von Reverend Duncliffe zum Kirchenausgang, wo Sarah dem Pfarrer als Erste die Hand zu reichen hatte.
»Meine liebe Countess!« Mr Duncliffe nahm ihre Hand in seine beiden Hände und drückte sie. Dann schaute er zu Charlie auf, der neben Sarah stand. »Was für ein Freudentag, Sie mit Ihrer jungen Frau hier zu sehen, my Lord.«
Charlie
Weitere Kostenlose Bücher