Sturm im Elfenland
hat.«
Ivaylo stemmte grübelnd die Hände in die Hüften. Dann hob er den Kopf und sah Alana herausfordernd an. »Lass uns nach einem Weg suchen, den Zauber zu lösen, der Sverre festhält«, sagte er eifrig. »Das ist es doch, was Erramun deinem Bruder gerade beibringt. Ich glaube, dass ich es schaffen kann.«
Alana verschlug es den Atem. »Und mein Vater?«, wandte sie schwach ein.
»Was kann er schon tun?«, erwiderte Ivaylo wegwerfend. »Wenn es uns gelingt, ist Sverre frei und kann fliehen. Niemand wird auf den Gedanken kommen, dass ausgerechnet wir etwas damit zu tun haben.«
Alana war nicht ganz seiner Meinung, denn sie kannte ihren Vater besser. Aber sie wollte Sverre unbedingt helfen, und wenn Ivaylo sich wirklich zutraute, den Bann zu brechen, wollte sie ihn nicht daran hindern.
Ivaylo ging zu dem verschlossenen Schrank und betastete die Türen und das Schloss. »Ich müsste etwas nachschlagen, und ich weiß, dass ich es hier finde«, überlegte er. »Also müssen wir zuerst das Schloss aufbekommen.«
Alana verschlug es den Atem. »Das geht nicht, Ivaylo«, sagte sie. »Erramun hat es uns verboten.«
Der Junge sah sie mit seinen wilden, hellen Augen an. Alana fröstelte. »Das hat er nicht«, erwiderte er kurz. »Er hat nur den Schrank abgeschlossen, aber er hat uns nicht verboten, Bücher daraus zu lesen.«
»Das sind doch Spitzfindigkeiten! Wenn er den Schrank verschließt, dann doch nur, damit wir nicht an die Bücher herankommen!«
Ivaylo grinste böse. »Oder als Anreiz, uns besonders anzustrengen. Überleg doch! Er will, dass wir lernen zu zaubern. Dein Vater selbst hat ihn damit beauftragt, uns zu unterrichten. Was glaubst du, warum sollten sie uns gerade diese Bücher verbieten wollen?«
»Weil darin Zauber beschrieben sind, die sie für gefährlich halten«, wandte Alana ein, aber sie wusste, dass sie auf taube Ohren stieß. Ivaylo stand schon wieder vor der Schranktür, zog grüblerisch die Brauen zusammen und betastete das Schloss. »Das ist kein einfacher Bannzauber«, hörte sie ihn murmeln. »Pass auf, ob jemand kommt.« Dann legte er eine Hand auf das Schloss, die andere auf das Holz der Tür und schloss die Augen.
Alana wurde es nach einer Weile langweilig, ihm dabei zuzusehen, wie er vor dem Schrank stand. Sie ließ sich in den Sessel neben der Tür fallen und blätterte in einem Buch herum, ohne aufzunehmen, was sie da eigentlich las.
Ein leises Knackgeräusch ließ sie aufblicken. »Na bitte«, sagte Ivaylo zufrieden und zog die Schranktür auf. Er hockte sich vor das unterste Brett und sah sich mit schief gelegtem Kopf die Buchrücken an.
»Wonach suchst du?«, fragte Alana und stellte sich hinter ihn. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte über seinen Kopf hinweg zu erkennen, was auf den oberen Regalbrettern zu finden war. Aber die Bücher waren größtenteils so alt und abgegriffen, dass ihre Rücken nur dunkel und ein wenig speckig glänzten. Falls sie jemals eine Beschriftung getragen hatten, war diese längst von vielen Händen abgerieben und abgescheuert worden.
Ivaylo zog nun Bücher aus dem Schrank, schaute hinein und stellte sie wieder zurück.
»Wenn du mir sagst, wonach du suchst, kann ich helfen«, bot Alana an.
Ivaylo schüttelte den Kopf. »Ich muss es selbst herausfinden. Ah. Warte.« Er hatte ein kleineres Buch in den Fingern und begann darin zu lesen. Dann blätterte er ein paar Seiten weiter, las einen Abschnitt und einen weiteren, nickte zufrieden und drückte Alana das Buch in die Hand. »Das ist schon mal richtig. Ich suche aber noch nach ...« Er sprach nicht weiter, sondern versank wieder in angestrengter Konzentration. Buch für Buch nahm er heraus und blickte hinein.
Alana blätterte das Exemplar auf, das er ihr gegeben hatte, und begann darin zu lesen. Nach einer Weile ließ sie das Buch sinken und sah Ivaylo an. »Ich fürchte, das ist mir zu kompliziert. Hoffentlich verstehst du mehr davon.«
Er nickte ungeduldig und stellte ein schweres Buch mit beiden Händen zurück aufs Brett. Das nächste Buch war etwas kleiner und leichter, und Ivaylo zischte erfreut durch die Zähne, als er darin blätterte. »Das ist es«, rief er leise aus.
»Still!« Alana hob den Kopf und lauschte. Dann sprang sie aus dem Sessel. »Es kommt jemand!«
Ivaylo fluchte unterdrückt und versuchte, die Schranktür zu schließen. Es gelang ihm nicht, weil sich ein dünnes Buch quer gelegt hatte und zwischen Tür und Rahmen klemmte, was er aber nicht bemerkt hatte.
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