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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hätte er sie an sich gezogen und …
    »Also, Schätzchen«, holte ihn Lubayas Stimme abrupt in die Wirklichkeit zurück. »Um was geht es nun? Willst du es uns nicht endlich verraten?«
    Kinah nickte erneut. »Ich habe immer gedacht, die Mauer wäre direkt vor dem Felsen errichtet worden. Aber ich scheine mich getäuscht zu haben.«
    Dirk warf Lubaya einen giftigen Blick zu. Kinah war seine Frau, und er hatte sie drei lange Jahre nicht gesehen. Hatte er da keinen Anspruch auf ein bisschen Intimsphäre?
    Lubaya grinste breit. »Damit musst du noch ein bisschen warten.«
    »Womit muss ich warten?«, fragte Dirk irritiert. Konnte diese Hexe etwa seine Gedanken lesen?
    »Mit dem, was ich in deinen Augen lese«, antwortete Lubaya ungerührt. »Und wozu du wahrscheinlich jedes Recht der Welt hättest – wenn die Umstände anders wären.«
    »Wovon redet ihr beide eigentlich?«, fragte Kinah ungeduldig.
    »Von nichts, Schätzchen«, brummte Lubaya. »Zeig uns lieber, was du entdeckt hast.«
    Kinah wandte sich zu der Mauer und trat einen Schritt vor. »Das hier ist keine Begrenzungs-, sondern eine Trennmauer.«
    Dirk verstand nicht ganz, worin der Unterschied lag. Aber bevor er dazu kam, eine entsprechende Frage zu stellen, fuhr Kinah fort: »Dahinter gibt es einen Gang. Und Räume. Es scheint, als hätte sich dort jemand vor langer Zeit häuslich niedergelassen.«
    »Die verlorene Station!«, rief Lubaya. »Ja, ich glaube, ich verstehe, was du meinst. In den alten Geschichten ist die Rede von zwei Wegen, über die unser Volk in die Welt hinauszog – und wieder zurück in die Heimat gelangte. Beide Wege führen durch Länder, die seit Menschengedenken eine Brücke zwischen dem Orient, Afrika und Europa schlagen, das eine Land im Westen, das andere im Osten.«
    »Marokko und Ägypten«, vermutete Dirk.
    »Ja.« Lubaya klopfte auf die Tasche, die sie sich über die Schulter gehängt hatte. »Ich habe ein Buch aus der Bibliothek dabei, in dem einiges darüber steht. Allerdings nicht, warum die Menschheit ihren Blick nur auf Ägypten richtet und Marokko ganz vergessen hat.«
    »Na schön«, sagte Dirk. »Aber was hat das alles mit dieser Station zu tun?«
    »Ja, das würde ich auch gerne wissen«, fügte Kinah mit hörbarer Ungeduld in der Stimme hinzu.
    »Ganz einfach«, sagte Lubaya. »Vor Urzeiten setzten unsere Ahnen ihren Fuß in diese Höhlen. Vielleicht suchten sie wie wir Schutz vor einem Unwetter. Vielleicht gab es die Grotten, wie wir sie jetzt kennen, damals auch noch gar nicht, und es sah hier völlig anders aus. Der Küstenverlauf muss früher auf jeden Fall ein anderer gewesen sein.« Sie holte tief Luft. »Wenn ich mich nicht irre, war die Entfernung zwischen Afrika und Europa vor sehr, sehr langer Zeit genau an diesem Ort am geringsten. Oder zumindest konnte man mit primitiven Einbäumen und Flößen von hier aus leicht nach Spanien übersetzen, weil die Strömung günstig war …«
    »Lubaya«, unterbrach Kinah sie streng. »Komm endlich auf den Punkt!«
    »Der Punkt ist«, sagte Lubaya stolz, »dass nach vielen, vielen Generationen hier ein geheimer Versammlungsort für all jene entstand, die von einer Welt zur anderen reisen wollten. Das muss zu der Zeit gewesen sein, als in Ägypten Cheops über das Alte Reich herrschte …«
    »Dann besteht diese Mauer aus Schlammziegeln?«, fragte Dirk.
    Lubaya zuckte mit den Schultern. »Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich ist sie eher neueren Datums, weil die Höhlen immer wieder umgebaut wurden. So steht es zumindest in dem Buch.« Sie klopfte auf die Umhängetasche.
    »Dann weißt du also, was sich hinter der Mauer verbirgt?«, fragte Kinah scharf.
    »Nein. Ich weiß bloß, dass es hier etwas gibt, das unsere Ahnen den Ort des Weltenwechselns nannten.« Lubaya straffte den Rücken. »Und nun los. Oder sollen wir noch länger untätig herumstehen?«
    »Nein.« Kinah drehte sich um und schlüpfte durch das Loch in der Mauer.
    Dirk war nicht wohl bei der ganzen Sache. Was auch immer Kinah entdeckt haben mochte – es rechtfertigte seiner Meinung nach nicht, dass sie ihre Zeit damit verschwendeten. Sie sollten besser versuchen, aus diesem unterirdischen Labyrinth hinaus und wieder ans Tageslicht zu kommen. Möglich, dass sie dort oben etwas erwartete, das schlimmer war als alles, was er bisher gesehen hatte. Aber selbst wenn dem so wäre, dann konnten sie ihr Schicksal immer noch selbst in die Hand nehmen und ins Landesinnere flüchten oder irgendwohin, wo der

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