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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Achseln. »Wie auch immer. Sie brauchen mir bloß zu sagen, wann wir abbiegen müssen. Das kriegen Sie doch hin, oder?«
    Dirk hätte ihm gerne eine passende Antwort gegeben, aber auf einmal wurde ihm die Sache – oder besser gesagt: sein Sitz – zu heiß. Er hatte allmählich das Gefühl, auf einer glühenden Herdplatte zu hocken. »Sagen Sie mal, John«, begann er, »haben Sie vielleicht meine Sitzheizung eingeschaltet und auf einmal gut Durchbraten gestellt?«
    »Ups«, sagte John und betätigte hastig den Schalter, den er zuvor gedrückt hatte. »Ich dachte, das sei die Klimaanlage. Da muss ich mich wohl vertan haben.«
    »Scheint mir auch so«, sagte Dirk und erinnerte sich an die Kerze, die Rastalocke ausgedrückt hatte, anstatt sie auszublasen. Klarer Fall von spätpubertärem Verhalten. Am besten ließ man diesen Typ links liegen.
    Dirk starrte aus zusammengekniffenen Augen hinaus in die gleißende Helligkeit. Viel zu sehen gab es nicht, außer einer weiten Steppenlandschaft und ein paar Gebäuden, die so trostlos aussahen, wie Dirk sich fühlte. Er war das alles so leid. Und er war schrecklich müde. Nach ein paar Sekunden fielen ihm die Augen zu und …
    … und er saß an einem Feuer, dessen Flammen so hell aufzüngelten, dass er die Augen zusammenkneifen musste, um nicht geblendet zu werden. Ihm gegenüber hockte ein alter Mann, dessen Hautfarbe schwärzer war als die Nacht, die sich um sie herum ausbreitete. Dirk konnte sein Gesicht, das von langem, weißem Haar umrahmt wurde, nicht erkennen, aber er spürte, dass ihn sein Gegenüber anstarrte. Es war kein angenehmes Gefühl.
    »Es hat lange gedauert, bis du den Weg zu uns gefunden hast.« Die Stimme des Alten knarrte wie die Äste eines uralten Baumes im Sturm. »Aber es ist gut, dass du nun da bist.«
    Dirk antwortete nicht. Er hätte es auch gar nicht gekonnt. Er war immer noch furchtbar müde, schließlich hatte er in den letzten zwei Nächten kaum geschlafen. Seitdem er Akuyi auf dem Hügel hatte stehen sehen, verloren, verängstigt und auf seine Hilfe angewiesen, hatte sich seine sowieso schon vorhandene Unruhe zu einer Rastlosigkeit gesteigert, die ihn an erholsamen Schlaf gar nicht erst hatte denken lassen. Immer wieder blitzten Bilder von Akuyi vor seinem inneren Auge auf. Damals, als sie die Steinzeitsiedlung und das uralte Sonnenobservatorium in Goseck besucht hatten – ganz in der Nähe war die sagenumwobene Himmelsscheibe von Nebra gefunden worden … Akuyi war so aufgeregt gewesen, hatte geplappert wie ein Wasserfall und war herumgehüpft. »Ich spüre es!«, hatte sie immer wieder gerufen. »Ich spüre es! Es gibt eine Verbindung zwischen allen Völkern der Erde, zwischen all unseren Vorfahren! Und ich werde es beweisen! Ich finde den Weg zu den Ahnen!«
    Ihre glänzenden Augen, ihr fröhliches Kindergesicht, ihre übersprudelnde Begeisterung – er hatte sich ihr in diesem Moment gleichzeitig sehr nah und unendlich fern gefühlt. Nah, weil ein Teil ihrer kindlichen Erregung auch auf ihn überschwappte, fern, weil sie von Ahnen sprach, deren Wiege in Afrika stand und mit denen er nichts, aber auch gar nichts zu tun hatte.
    Aber vielleicht war das ein Irrtum gewesen.
    »Du bist doch da, oder nicht?«, fragte der Alte.
    Dirk riss sich fast gewaltsam von seinen Erinnerungen los und nickte widerwillig. Ja, er war da. Er sah das hell lodernde Licht des Feuers und den Schatten des ihm gegenübersitzenden Mannes. Sonst war nichts zu sehen – aber dafür jede Menge zu hören. Es waren geheimnisvolle Geräusche – ein Rascheln, Zischeln und Sirren –, die das Prasseln des Feuers fast übertönten; typisch für die Klangvielfalt der afrikanischen Steppe, wie er sie aus Akuyis Erzählungen kannte – von den detailreichen Schilderungen ihrer Traumreisen, wie sie sie immer genannt hatte. Akuyi war oft sehr traurig gewesen, dass sie noch nie den schwarzen Kontinent besucht hatte (etwas, das Kinah ihr merkwürdigerweise vehementer verweigert hatte als Dirk), aber sie war immer wieder mit »ihrem Inneren« in das Land ihrer Ahnen gereist, wie sie behauptet hatte. Und von diesen Traumreisen hatte sie Dirk derart plastisch und begeistert erzählt, dass er genau wusste, wo er sich jetzt befand – und dass dieser Geruch von der ausgedörrten Vegetation herrührte, die während der Trockenperiode um ihr Überleben kämpfte.
    Ein Windstoß fuhr in das Feuer und ließ es so hoch auflodern, dass er schützend die Hände vors Gesicht halten

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