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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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durcheinandergebracht hätte. »Du verdammter Idiot! Du hättest uns fast umgebracht!« Sie funkelte Dirk an. »Und Sie sind auch nicht viel besser!«
    »Ich habe doch gar nichts gemacht«, entgegnete Dirk. »Und außerdem: Vom Beifahrersitz aus sah es nicht so aus, als ob John uns in Gefahr gebracht hätte. Ganz im Gegenteil. Hätte er nicht so schnell reagiert, dann hätte es uns erwischt.«
    »Ist ja klar, dass Sie ihn verteidigen«, schimpfte Janette. »Wenn es darauf ankommt, halten Männer immer zusammen.«
    Dirk hörte, wie die Tür hinter ihm aufgestoßen wurde, und als er sich umdrehte, sah er, dass Biermann ausgestiegen war und die aufgewühlte Stelle an der Meeresoberfläche betrachtete, die immer noch mit weißer Gischt bedeckt war.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte er. »Da draußen ist irgendetwas, das nicht dort sein sollte.«
    »Was meinen Sie damit?«, fragte Dirk besorgt.
    Er starrte an Biermann vorbei auf das unruhige Meer, über dem es auf kaum wahrnehmbare, dafür aber umso beängstigendere Weise flirrte, als sammle sich dort eine dunkle, unheimliche Kraft. Das Wasser zischte und brodelte wie ein Hexenkessel. Dirk konnte sich nicht entsinnen, schon jemals etwas Derartiges gesehen zu haben, weder in der Natur noch im Fernsehen. Und doch fühlte er sich auf seltsame Art an etwas erinnert, das er zunächst nicht in Worte fassen konnte.
    Ein unangenehmes Kribbeln lief über seinen Rücken, und er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten.
    Es war der Traum, in dem er Akuyi auf dem sturmumtosten Hügel gesehen hatte. Die Szenen ähnelten einander nicht, dafür aber die Stimmung, die sie vermittelten, die bedrohliche Gewissheit, dass etwas Fürchterliches passieren würde, wenn er nicht endlich handelte.
    Dirk schluckte, aber er brachte kein Wort über die Lippen. Er starrte auf die Stelle über dem Meer, ohne sich zu rühren und ohne aussprechen zu können, was doch mit aller Macht aus ihm hinausdrängte.
    Dass Biermann sofort wieder einsteigen und sie fahren sollten, als sei der Teufel hinter ihnen her.
    »Wir alle wissen ja, dass die Zahl der Tornados und Wirbelstürme zunimmt«, sagte Biermann, ohne sich umzudrehen. »Direkt nach dem großen Tsunami ging es zweitausendfünf so richtig los. Da hat es nicht nur New Orleans zerlegt, sondern auch Marokko und die Kanarischen Inseln wurden von einem Hurrikan getroffen. Danach folgten Sturzfluten und Erdrutsche. Strom- und Telefonleitungen wurden zerstört. Und ein Jahr später sind in Hamburg erstmalig in Deutschland Kranführer mit ihren Riesenkränen umgekippt und getötet worden, weil sie von einem Wirbelsturm überrascht wurden. Das Wetter spielt seitdem immer wieder verrückt, und das auch in Landstrichen, die bisher von solchen Katastrophen verschont geblieben sind.«
    »Ja, Mann, und vor zwei Tagen war in München die Hölle los, und es hat wieder ein paar Typen erwischt, die sich nicht rechtzeitig in ihre Häuser verkrochen haben«, sagte John. »Aber was hat das mit uns zu tun?«
    Nun drehte sich Biermann doch um. »Du verstehst das nicht, oder? Dabei ist es doch ganz offensichtlich, dass sich etwas zusammenbraut. Erst die Turbulenzen, die unsere Maschine beinahe zum Absturz gebracht hätten, jetzt diese Bö und die merkwürdigen Wellen … Das gefällt mir einfach nicht.«
    Bevor irgendjemand etwas erwidern konnte, stieg er hastig ein und knallte die Tür zu. »Fahr weiter, John. Aber sei vorsichtig. Irgendetwas ist im Anmarsch, und ich möchte nicht mehr hier sein, wenn es die Küste trifft.«
    Rastalocke startete den Motor. »Nur zur Information: Wir sind unterwegs zu einem Fischerdorf. Dort sind wir bestimmt nicht sicherer als hier auf der Straße. Vielleicht sollten wir lieber ins Landesinnere fahren.«
    Diese Bemerkung riss Dirk endlich aus seiner Erstarrung. »Wir können uns später gern ein Hotel weiter im Landesinneren suchen«, sagte er hastig. »Aber jetzt fahren wir erst einmal nach Al Afra. Wir müssen Kinah finden, bevor das … das Unwetter richtig losgeht.«
    John fuhr schweigend los. Die Straße wurde schon sehr bald ein Stück breiter, dafür aber auch merklich schlechter. Dirk versuchte, sich auf das mit Schlaglöchern übersäte, im rötlichen Licht der untergehenden Sonne schimmernde Teilstück zu konzentrieren, das vor ihnen lag und über das der Roamer wie ein Traktor rumpelte. Aber es wollte ihm nicht gelingen. Wieder und wieder sah er zum Meer hinüber. Er verrenkte sich fast den Hals, um die Stelle im Auge zu

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