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Sturm über Freistatt

Titel: Sturm über Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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gefeierte Mann am Hof. Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu sehen …«
    Lalo verzog das Gesicht und fragte sich, ob er schlechter sah oder es nur die Lampen waren, die niederbrannten. »Es ist nun der Hof der Beysa, und sie hat keine Verwendung für mich.« Er bemerkte, daß Cappen Varras Miene zu einem höflichen, mitfühlenden Lächeln erstarrte, und schüttelte den Kopf. »Aber es spielt keine Rolle – ich bin jetzt zu anderem fähig – Dinge, zu denen selbst Enas Yorl gern imstande sein möchte.« Lalo griff nach seinem Krug.
    Cappen Varra blickte Wedemir fragend an. »Wovon spricht er?«
    Der Junge schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Mutter sagt, er hat zu trinken aufgehört. Aber heute nachmittag stritten sie, da hat er angefangen, merkwürdiges Zeug zu reden, und ist davongestürmt. Ich hielt es für angebracht, ihm zu folgen, um sicherzugehen …« Er zuckte verlegen die Schultern.
    Lalo hob die Augen von den hypnotisch wirbelnden Spiegelungen in seinem Krug und bedachte seinen Sohn mit einem bitteren Blick. »Um sicherzugehen, daß der Alte sich nicht vollaufen läßt? Habe ich es mir doch gedacht! Aber ihr täuscht euch beide, wenn ihr glaubt, das sei bloß Suffgeschwätz! Nicht einmal deine Mutter weiß …« Lalo unterbrach sich. Er war hierhergekommen, entschlossen seine Macht zu beweisen, aber der Wein zehrte an seinem Willen. Spielte es wirklich eine Rolle?
    Sein verschwommener Blick richtete sich auf eine Gestalt, die den Schatten an der Tür entstiegen zu sein schien: hager, finster, mit einem dunklen Umhang, der alles verbarg, was er sonst noch trug. Lalo erkannte das Gesicht, das er an der Tafel der Götter an Shalpa gesehen hatte. Dieser Hanse, auch er ist einer, mit dem die Götter gespielt haben, und seht euch bloß seine saure Miene an! Es hat weder ihm noch mir Gutes gebracht, zur Hölle mit den Göttern!
    »Jetzt hör mal zu, Papa«, sagte Wedemir. »Ich habe genug von deinen geheimnisvollen Andeutungen und deiner Mich-versteht-niemand-Miene. Entweder du erklärst uns, wovon du redest, oder du hörst ganz damit auf!«
    Gekränkt richtete Lalo sich auf, und es gelang ihm, seinen Blick lange genug auf seinen Sohn zu richten, um ihm fest in die Augen zu blicken. »Als ich so krank war …« Er wollte gar nicht mehr weitererzählen, doch die Worte kamen nun wie ein unaufhaltsamer Strom. »…war ich bei den Göttern. Ich kann jetzt allem, was ich zeichne, Leben einhauchen.«
    Wedemir starrte ihn an, und Cappen Varra schüttelte den Kopf. »Der Wein«, stellte der Spielmann fest. »Ohne Zweifel der Wein. Es ist wirklich zu bedauerlich …«
    Lalo blickte ihn wütend an. »Ihr glaubt mir nicht. Darüber sollte ich eigentlich froh sein. Wie würde es dir gefallen, wenn ich einen Sikkintair machte, Cappen Varra, oder einen Troll, wie sie sie im Krieg im Norden einsetzen?« Er schüttelte den Kopf und versuchte die wachsenden Schmerzen hinter den Augen loszuwerden.
    Es war nicht fair – so dürfte er sich nicht vor morgen fühlen! Er hatte gehofft, Alkohol würde seinen Kummer vergehen lassen, aber während sein Blick verschwamm, sah er die Wahrheit hinter den Schleiern der Menschen deutlicher denn zuvor. Der Bursche in der Nische gegenüber hatte eigene Männer getötet und würde es wieder tun … Lalo schauderte und wandte den Blick ab.
    »Papa, verdammt, hör auf!« rief Wedemir verärgert. »Du hörst dich verrückt an – was glaubst du, wie ich mich dabei fühle?«
    »Warum sollte mich das interessieren?« brummte Lalo. »Wenn ihr alle nicht gewesen wärt, hätte ich diese verdammte Stadt schon lange verlassen. Ich spreche die Wahrheit, und es ist mir scheißegal, ob ihr mir glaubt oder nicht.«
    »Dann beweis es!« sagte Wedemir so heftig, daß die Gäste an den benachbarten Tischen aufhorchten. Cappen Varra wirkte verlegen, doch der Junge faßte ihn am Arm. »Nein, geht nicht! Ihr seid einer seiner ältesten Freunde. Helft mir bitte, ihm zu zeigen, welchen Unsinn er redet, ehe er seinen restlichen Verstand auch noch verliert!«
    »Na gut …«, sagte der Spielmann zögernd. »Lalo, hast du was zum Zeichnen dabei?«
    Lalo schaute zu ihm auf und las in seinem Gesicht Schwäche, tollkühnen Mut, Käuflichkeit und trotzdem eine hartnäckige Integrität, die ihm nicht einmal Freistatt hatte nehmen können, eine zynische Einschätzung weiblicher Verhaltensweisen und eine weihevolle Hingabe an die vollkommene Schönheit, die er noch nicht gefunden hatte. Wie Lalo war Cappen Varra ein

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