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Sturm über Freistatt

Titel: Sturm über Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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verzog sich in die Schatten, mit einem Pfeil an der Sehne, bereit für einen Beysiber, der das Unternehmen gefährden mochte – ja sogar für einen allzu neugierigen Ilsiger –, denn diese Mission war wichtiger als ein Menschenleben. Im Augenblick war Hanse, der nicht einmal ein Angehöriger der VFBF war, für sie die wichtigste Person überhaupt, wie Zip gesagt hatte. Der beste Schütze Freistatts dachte, daß ihn das somit zum Viertwichtigsten machte, nach Zip und Kama. Im Augenblick war Kama jedoch die vierte, da sie als seine Helferin fungierte.
    Er sah zu, wie dieser lebende Schatten auf das Dach des Speichers kletterte und sich über die Straße schwang. Sah ganz so aus, als wäre er ziemlich heftig gegen die Palastmauer geprallt. Aber schon nach einem Augenblick setzte er seinen Weg weiter aufwärts fort.
    Seinen langen, schwertähnlichen Dolch hatte er heute nicht dabei, wohl aber einen Beutel aus steinhart gekochtem Leder auf die Brust geschnallt, zwei Wurfsterne und diesen seltsamen vier Fuß langen Stab, natürlich auch die vorbereiteten Pfeile und den Kurzbogen. So arbeitete er sich Fuß um Fuß, Hand um Hand die Mauer mit Hilfe des doppelten Seiles hoch. (10) Schließlich verschwand er aus der Sicht des Schützen und Kamas und der anderen ihn heimlich beobachtenden VFBFler, die trotzdem weiterhin warteten und hinaufstarrten, als könnten sie ihn sehen.
    Das war nicht der Fall. Sie sahen nur Schatten. Doch einer dieser Schatten mochte Hanse sein.
     
    Es war unheimlich gewesen, ja wirklich unheimlich. Begeistert hatten Zip und Kama für Helfer gesorgt und alle mögliche Unterstützung angeboten, die Hanse weder brauchte noch wollte.
    Doch als er von Abwind zurückging, war er einer Person begegnet, die er noch nie zuvor gesehen hatte: einem mageren, häßlichen Mädchen mit Warzen und im Gesicht einem Muttermal von der Größe einer Zitrone, aber der Farbe verkrusteten Blutes, und mit einer Figur, daß selbst ihre Mutter sich ihrer schämen müßte.
    »Du bist der, den sie Nachtschatten nennen, und du wirst eine Kletterpartie machen. Mein Gebieter befahl mir, dir diesen Stab zu geben und dich zu mahnen, ihn unbedingt mitzunehmen. Steck ihn einfach in deinen Stiefel oder sonst wohin und laß ihn zurück, wenn du dein – Ziel erreicht hast und dich auf den Rückweg machst.«
    »Ich heiße Mudge Kraket«, behauptete Hanse ungeduldig, »und ich werde nirgendwohin klettern. Ich habe Höhenangst. Warum suchst du dir nicht einen andern, dem du diesen komischen Stock gibst? Sieht teuer aus; eine aus Mahagoni geschnitzte Dünenviper, nicht wahr?«
    »Weil du Hanse bist, auf einer Mission für alle Ilsiger und dadurch für Ils, und weil du diesen Stock brauchen wirst! Er ist wichtig! Götter sind heute nacht am Werk, Hanse.« Hartnäckig streckte sie ihm den Stab weiterhin entgegen.
    »Willst du mir sagen, was ich brauche und was nicht?« fragte er verärgert.
    »Oh, hör auf, dich so dumm zu benehmen!« Und plötzlich war sie ein einziges Leuchten, so hell und strahlend wie die personifizierte Liebe, so daß Hanse blinzelte und seine Augen schirmte und sich wünschte, diese Zauberei würde verschwinden. »Da, nimm ihn! Hast du wirklich so rasch vergessen, Gottsohn? Liebster?«
    Da sie daraufhin scheinbar ins Nichts verschwand und der Stock irgendwie plötzlich in seine Hand gelangt war, beschloß Hanse, das verdammte Ding die Mauer mit sich hochzunehmen. Er hatte Respekt vor Zauberei. Lediglich Schwachköpfe würden sie nicht ernst nehmen. Er mochte sie nur nicht, genau wie die meisten Nichtadepten. Er hoffte von Herzen, daß er in dieser Nacht von anderen Zauberkräften verschont bleiben würde. Mit diesem Gedanken schritt er weiter.
    Er bog in die Gerberstraße ein, als er das wahre Licht erblickte – Mignureal, bleich, mit roten Augen und zerbrechlich in ihrem dunkelroten Trauergewand.
    Sie warf sich ihm in die Arme und weinte herzzerreißend. Hanse, der den Tränen vor zwei Stunden abgeschworen hatte, konnte nicht anders und weinte mit ihr, während er sie an sich drückte und über ihr langes dunkles Haar strich.
    »Ich werde diese verdammte Stadt verlassen müssen, Mignue«, sagte er leise. »Und ich möchte, daß du mitkommst.«
    »Aber«, begann sie und löste sich aus seinen Armen, um ihm ins Gesicht blicken zu können. »Warum w-willst du w-weg …«
    Mit einemmal wirkten ihre Augen leer, und ein Zucken durchzog ihren ganzen Körper, der gleich darauf ganz starr wurde und erzitterte, als sie mit

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