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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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trotzdem haben die Soldmagier niemals versucht, sie zu beschneiden oder zu kontrollieren.«
    »Weil sie sich einen Scheißdreck darum kümmern«, meinte Locke.
    »Falsch«, widersprach Stragos. »Weil man nicht mehr ohne sie auskommt. Alchemie zu verbieten wäre dasselbe, als würden sie uns das Recht auf Wasser oder Feuer verweigern. Es würde den Bogen überspannen. Wir wären gezwungen, uns gegen die Magier aufzulehnen, egal um welchen Preis, denn es ginge um unser nacktes Überleben. Und Karthain weiß das. Die Magierloge kennt ihre Grenzen. Und eines Tages werden wir Karthain überflügeln, man muss uns nur die Gelegenheit dazu geben.«
    »Das ist eine schöne Gutenachtgeschichte«, spottete Locke. »Wenn Sie eines Tages ein Buch über dieses Thema schreiben, kaufe ich Ihnen glatt zehn Abschriften ab. Aber hier und jetzt mischen Sie sich gewaltig in unser Leben ein. Sie verhindern, dass wir etwas zu Ende bringen, worauf wir lange und hart hingearbeitet haben.«
    »Ich bin bereit, Ihnen eine angemessene Entschädigung zukommen zu lassen«, erwiderte Stragos. »Sofern Ihre Mission von Erfolg gekrönt ist.«
    »Wie viel?«, fragten Locke und Jean unisono.
    »Natürlich lege ich mich auf keine Summe fest. Die Höhe Ihrer Belohnung hängt davon ab, wie viel Sie erreicht haben. Wenn Sie mich glücklich machen, mache ich Sie glücklich … im Klartext heißt das, Sie kriegen von mir das, was Sie verdienen. Haben wir uns verstanden?«
    Ein paar Sekunden lang glotzte Locke Stragos an und kratzte sich am Hals. Stragos bediente sich eines uralten Tricks -zuerst appellierte er an hohe Ideale, um gleich danach die Geldgier anzustacheln. Sie befanden sich in der klassischen Situation, in der der Agent immer der Dumme war. Stragos konnte ihnen das Blaue vom Himmel versprechen, ohne sein Wort jemals halten zu müssen. Was auch immer geschah, er hatte nichts zu verlieren, und wenn er nur einen Funken Verstand besaß, würde er ihn und Jean nach vollbrachter Tat ohnehin nicht am Leben lassen. Er nahm Blickkontakt mit Jean auf und streichelte einige Male sein Kinn; ein simples Handzeichen, das bedeutete: Er lügt.
    Jean seufzte und trommelte mit den Fingern kurz auf das Dollbord an seiner Seite. Er schien Lockes Ansicht zu teilen, dass sie in Anwesenheit des Archonten, der nur wenige Schritte von ihnen entfernt war, lieber auf komplizierte Signale verzichten sollten. Seine Antwort fiel genauso knapp aus:
    Richtig.
    »Das Angebot gefällt mir«, entgegnete Locke, einen halbwegs optimistischen Ton anschlagend. Wenn Jean und er einer Meinung waren, fiel es ihm immer leichter, sich zu verstellen. »Ein Haufen Solari könnte unsere Abneigung gegen die Art und Weise, wie Sie sich unserer Dienste versichert haben, durchaus verringern.«
    »Gut. Je enthusiastischer Sie die Sache angehen, umso besser für das Gelingen der Mission.«
    »Offen gestanden, kann man diese Mission nicht enthusiastisch genug angehen. Um sich auf ein derart irrsinniges Unterfangen einzulassen, muss die Begeisterung größer sein als der gesunde Menschenverstand.«
    »Reiten Sie nicht länger auf diesem Thema herum, Lamora. Und schauen Sie einmal nach hinten – wir erreichen das Ende meiner kleinen Oase.«
    Das Boot glitt auf einen anderen Vorhang zu, der wieder eine Barriere bildete; Locke schätzte, dass der künstliche Garten ungefähr achtzig Yards lang sein musste.
    »Verabschieden Sie sich von der Sonne«, schlug der Archont vor, und dann schoben sie sich auch schon durch die Leinwand, hinein in die schwüle, silberne und schwarze Nacht mit den hin und her flitzenden Laternenkäfern und den Düften eines echten Waldes. In der Nähe bellte ein Wachhund, knurrte drohend und verstummte auf ein leises Kommando hin. Locke rieb sich die Augen, die sich allmählich wieder an die Dunkelheit gewöhnten.
    »Noch in dieser Woche beginnt Ihre Ausbildung«, verkündete Stragos.
    »Was verstehen Sie darunter?«, hakte Locke nach. »Im Übrigen haben wir noch eine Menge Fragen. Wo liegt zum Beispiel unser Schiff? Wo steckt die Besatzung? Wie geben wir uns als Piraten zu erkennen? Es gibt tausend Einzelheiten …«
    »Alles zu seiner Zeit«, bestimmte Stragos. Nun, da Locke sich offenbar damit abgefunden hatte, auf seinen Plan einzugehen und bereits anfing, selbst konstruktiv daran zu arbeiten, machte er keinen Hehl aus seiner Genugtuung. Seine Stimme bekam einen selbstgefälligen Beiklang: »Man berichtete mir, dass Sie beide Ihre Mahlzeiten häufig in der ›Goldenen

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