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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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während Locke wie betäubt in seiner Hängematte schlief, immer noch in denselben nassen Kleidern, die er während des Sturms getragen hatte.
    Er wurde wach, als jemand seine Tür zuknallte und geräuschvoll den Riegel vorschob.
    Mit verquollenen Augen und vor Verwirrung keuchend purzelte er aus der Hängematte und musste sich an seiner Seekiste abstützen, um sich auf die Füße zu stemmen.
    »Bewaffne dich!«, rief Jean, der mit beiden Äxten in der Hand von der Tür abrückte.
    »Wir haben ein Problem.«
    Das brachte Lockes Verstand auf Trab. Hastig schnallte er sich seinen Schwertgurt um, und zu seiner Erleichterung sah er, dass die schweren Blenden über den Heckfenstern noch geschlossen waren. An den Rändern drang ein wenig Licht herein; war es bereits Tag? Bei den Göttern, er hatte die ganze Nacht traumlos durchgeschlafen.
    »Ich … äh … ich könnte mir vorstellen, dass ein paar Seeleute mit mir unzufrieden sind.
    Habe ich recht?«
    »Kein einziger ist mit uns zufrieden!«
    »Ich denke, dass sie an mir mehr auszusetzen haben als an dir. Ich glaube, wenn du dich mit ihnen verbündest, tun sie dir nichts. Sie wollen mein Blut, und du kannst behaupten, du seist genauso auf mich hereingefallen wie der Rest von ihnen. Bring mich zu ihnen raus. Du kannst den Plan immer noch ausführen und dir das Gegengift von Stragos holen.«
    »Bist du wahnsinnig? « Jean funkelte Locke wütend an, ohne sich vom Fleck zu rühren.
    »Du bist ein komischer Kauz, Bruder.« Unbehaglich betrachtete Locke den Säbel, der ihm als Verrari-Marineoffizier zustand; in seinen Händen wäre er derselbe nutzlose Zierrat wie jetzt, wo er noch in der Scheide steckte. »Zuerst willst du dich für etwas bestrafen, an dem du gar keine Schuld trägst, und nun darf ich dich noch nicht mal davor bewahren, dass du meine Fehler ausbaden musst.«
    »Merkst du eigentlich nicht, was du für einen Schwachsinn redest, Locke? Erst beharrst du darauf, dass ich bei dir bleibe, obwohl ich eine Gefahr für dich darstelle, und jetzt bittest du mich, dich zu verraten, nur um meine eigene Haut zu retten? Du kannst mich am Arsch lecken! Du bist so bescheuert, dass es schon für zwei reicht!«
    »Das trifft auf uns beide zu, Jean.« Unwillkürlich musste Locke grinsen; es hatte etwas Erfrischendes an sich, einer Gefahr ausgesetzt zu sein, die er selbst heraufbeschworen hatte, nachdem er so lange der gleichgültigen Bösartigkeit des Sturms ausgesetzt gewesen war. »Ich wusste, dass du nicht auf meinen Vorschlag eingehen würdest.«
    »Das ist das Gescheiteste, was du seit Langem von dir gegeben hast!«
    »Dabei hätte ich so gern Stragos’ Gesicht gesehen, wenn wir ihm das angetan hätten, was wir ihm antun wollten«, fuhr Locke fort. »Und ich hätte zu gern gewusst, wie wir uns in diesem großartigen Augenblick gefühlt hätten.«
    »Nun«, erwiderte Jean, »wenn wir schon mal beim Wünschen sind, dann hätte ich gern eine Million Solari und einen Papagei, der Thron-Therin spricht. Aber vielleicht gehen wir doch nicht so leer aus, wie wir denken. Verstehst du, was ich meine?«
    »Tja, immerhin können wir uns daran ergötzen, dass jetzt Stragos’ hübscher kleiner Plan in Rauch aufgeht.«
    »Noch ist nichts passiert, Locke.« Jean seufzte und sprach im Flüsterton weiter.
    »Vielleicht wollen sie erst mit uns reden, bevor sie uns abmurksen. Und wenn sie mit dir sprechen, besteht eine gute Chance, dass du sie nach allen Regeln der Kunst bearbeitest. Vielleicht ist doch noch nicht alles zu Ende.«
    »Du bist mit Sicherheit der einzige Mann an Bord dieses Schiffs, der immer noch ein Fünkchen Vertrauen in mich setzt«, stöhnte Locke.
    »RAVELLE!« Der Ruf kam vom Niedergang.
    »Du hast doch noch keinen von ihnen umgebracht, Jean, oder etwa doch?«
    »Nein, bis jetzt noch nicht.«
    »RAVELLLE! ICH WEISS, DASS DU DA DRIN BIST! UND ICH WEISS, DASS DU MICH HÖREN KANNST!«
    Locke stellte sich vor die geschlossene Kajütentür und brüllte zurück: »Herrlich! Was bist du doch für ein schlauer Kerl, Jabril! Du hast mich in meiner Kajüte aufgespürt, in der ich die ganze verdammte Nacht lang geschlafen habe! Wie bist du bloß darauf gekommen, mich hier zu suchen? Oder hat dir jemand einen Tipp gegeben?«
    »Wir haben sämtliche Bögen an uns gebracht, Ravelle!«
    »Verflucht«, gab Locke spöttisch zurück. »Dann müsst ihr ja die Waffenschapps geplündert haben! Und ich hatte gedacht, dies wäre eine freundliche Meuterei, wo alle gemütlich beisammensitzen und

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