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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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offenkundigem Vergnügen an ihr fest. Paolo folgte Ezri wie ein Schatten, wobei er darauf zu achten schien, dass der Leutnant sich immer zwischen ihm und Locke befand; wenn er sich überhaupt traute, Locke anzusehen, linste er verstohlen an ihren Beinen vorbei.
    »Und Sie wollen wirklich mit ihm allein hier bleiben, Käpt’n?«
    »Ich fühle mich vollkommen sicher. Valora ist derjenige, vor dem ich auf der Hut bin.«
    »Er trägt Handfesseln und wird von acht Deckshänden bewacht.«
    »Das sollte genügen, denke ich. Und was ist mit der Mannschaft der Roter Kurier?«
    »Hockt bis auf den letzten Mann unter der Back. Treganne hat ein Auge auf sie.«
    »Gut. Ich komme bald nach oben. Bring Paolo und Cosetta zu Gwillem, und lass sie auf dem Achterdeck sitzen. Aber nicht in der Nähe der Reling, denk dran.«
    »Aye.«
    »Und sag Gwillem, wenn er noch mal versucht, ihnen unverdünntes Bier zu geben, schneide ich ihm das Herz aus der Brust und pisse in das Loch.«
    »Ich werd’s ihm Wort für Wort ausrichten, Käpt’n.«
    »Dann ab mit euch. Wenn ihr Ezri und Gwillem nicht gehorcht, meine Schätzchen, dann ist Mami sehr böse.«
    Leutnant Delmastro verließ mit den beiden Kindern die Kajüte und schloss die Tür hinter sich. Locke überlegte, wie er sich bei diesem Gespräch verhalten sollte. Über Drakasha war ihm so gut wie nichts bekannt; er wusste nicht, ob sie irgendwelche Schwächen hatte, die er ausnutzen konnte, noch ob sie Vorurteile hegte, die ihm eventuell zupass kämen. Ihr zu offenbaren, an welchen Intrigen er zurzeit mitwirkte, wäre sicherlich ein Fehler. Das Beste würde sein, er spielte vorläufig die Rolle des Ravelle weiter.
    Kapitän Drakasha hob ihre in den Scheiden steckenden Säbel auf und wandte Locke zum ersten Mal ihre volle Aufmerksamkeit zu. Er entschloss sich, das Gespräch zu eröffnen, aber auf eine freundliche Art.
    »Ihre Kinder?«, fragte er.
    »Einem ehemaligen Geheimdienstoffizier entgeht wirklich nichts.« Mit einem leisen, metallischen Zischen zog sie einen Säbel aus der Scheide und deutete mit der Spitze auf Locke. »Setz dich.«
    Locke gehorchte. Der einzige andere Stuhl in der Kajüte stand neben dem Tisch, also nahm er darauf Platz und faltete seine gefesselten Hände im Schoß. Zamira ließ sich wieder auf ihrem Stuhl nieder, musterte ihn prüfend und legte den Säbel über ihre Knie.
    »In meiner Heimat«, begann sie, »gibt es eine Sitte, die sich auf Fragen bezieht, die über einer blanken Klinge gestellt werden.« Sie sprach mit einem ausgeprägten, melodischen Akzent, den Locke jedoch nicht einordnen konnte. »Bist du mit dieser Tradition vertraut?«
    »Nein«, erwiderte Locke, »aber ich habe verstanden, was Sie mir damit sagen wollen.«
    »Gut. Mit dir stimmt etwas nicht.«
    »Mit mir stimmt überhaupt nichts mehr, Kapitän Drakasha. Ich hatte ein Schiff, eine Mannschaft und einen Haufen Geld. Und plötzlich finde ich mich in einer Bilgelast wieder, die stinkt wie der Boden eines ungespülten Bierkrugs, und halte einen Sack Kartoffeln im Arm.«
    »Falls du hoffst, deine Affäre mit dem Kartoffelsack sei von Dauer, so muss ich dich enttäuschen. Ich wollte dich nur aus dem Weg haben, während ich mit ein paar Matrosen der Kurier sprach.«
    »Ah. Und wie geht es meiner Mannschaft?«
    »Wir beide wissen, dass es nicht deine Mannschaft ist, Ravelle.«
    »Also noch mal – wie geht es der Mannschaft?«
    »Ganz gut, aber das haben die Leute nicht dir zu verdanken. Sowie sie erkannten, mit welcher Übermacht sie es zu tun hatten, verloren sie die Lust am Kämpfen. Die meisten konnten es gar nicht abwarten, sich zu ergeben, deshalb kaperten wir die Kurier ohne Verluste. Außer ein paar blauen Flecken und verletzten Gefühlen hat keiner was abgekriegt.« »Dafür danke ich Ihnen.«
    »Wir waren nicht deinetwegen so gnädig, Ravelle. Ihr habt sogar verdammtes Glück gehabt, dass wir zufällig in der Nähe waren. Ich segle gern im Kielwasser eines Spätsommersturms. Dort angelt man sich oft einen fetten Happen, der gar nicht in der Lage ist, unsere Gastfreundschaft auszuschlagen.«
    Drakasha beugte sich über Lockes Truhe, stöberte darin herum und zog ein schmales Päckchen Papiere heraus. »Und nun«, sagte sie, »will ich wissen, wer Leocanto Kosta und Jerome de Ferra sind.«
    »Decknamen«, erwiderte Locke. »Falsche Identitäten, die wir uns für unsere Arbeit in Tal Verrar zugelegt haben.«
    »Als ihr im Dienst des Archonten standet?«
    »Ja.«
    »Fast alles hier ist mit

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