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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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mir leid, wenn ich vielleicht Ihre Gefühle verletze, aber das Meer reizt mich nicht, mein Leben findet an Land statt. Und ich kümmerte mich um die Vorgänge in der Stadt. Ich hatte kaum Zeit, mir ein Grundwissen in nautischen Dingen anzueignen, als ich mich darauf vorbereitete, die Roter Kurier zu stehlen.«
    »Warum hast du das überhaupt getan? Wie kamst du dazu, ein Schiff zu kapern und in See zu stechen? Obwohl du, wie du selbst zugibst, nicht das Geringste von Nautik verstehst? Wenn dein Element das Land und die Stadt sind, wieso hast du dann nicht etwas unternommen, das auf dem festen Land oder innerhalb der Stadt durchgezogen werden konnte?«
    Locke benetzte seine Lippen, die sich unangenehm trocken anfühlten. Er hatte ein ganzes Dossier mit Hintergrundinformationen über Orrin Ravelle auswendig gelernt, aber der Charakter war nicht dafür konzipiert worden, einem Verhör aus dieser Perspektive standzuhalten. »Es mag ja wunderlich klingen«, erwiderte er, »aber es war das Beste, was mir in dieser Situation einfiel. Wie sich herausstellte, gab meine gefälschte Bestallung als Marineoffizier mir die ideale Waffe an die Hand, um dem Archonten zu schaden. Ein Schiff zu kapern erregt eben mehr Aufsehen als zum Beispiel der Diebstahl einer Kutsche.«
    »Und was hat Stragos dir angetan, dass du einen solchen Groll gegen ihn hegst?«
    »Ich habe einen Eid geschworen, niemals darüber zu sprechen.«
    »Wie praktisch.«
    »Ganz im Gegenteil«, widersprach Locke. »Denn ich wünschte mir, ich könnte Ihr Misstrauen ausräumen.«
    »Tatsächlich? Ich werde dir nie trauen, egal, was du sagst oder tust. Du lügst, schmückst alte Märchen noch weiter aus und weigerst dich, mir zu erklären, warum du dich auf dieses verrückte Abenteuer eingelassen hast. Wenn du mir keine Antworten gibst, muss ich davon ausgehen, dass du für dieses Schiff eine Gefahr darstellst und ich es riskiere, Maxilan Stragos zu brüskieren, wenn ich dich an Bord nehme. Wenn ich Stragos verprelle, hat das Konsequenzen, und die kann ich mir nicht leisten. Ich denke, es ist Zeit, dich wieder dorthin zurückzubringen, wo ich dich gefunden habe.«
    »In die Last?«
    »Nein. Ins offene Meer.«
    »Ah.« Locke runzelte die Stirn, dann biss er sich auf die Innenseite der linken Wange, um nicht laut loszulachen. »Ah, Käpt’n Drakasha, das haben Sie sehr gut gemacht.
    Amateurhaft, aber mit Fantasie. Jemand ohne meine Erfahrung hätte glatt drauf reinfallen können.«
    »Verdammt.« Drakasha lächelte verkniffen. »Ich hätte die Vorhänge zuziehen sollen.«
    »In der Tat. Während unseres gesamten Gesprächs konnte ich nämlich sehen, wie Ihre Leute auf der Kurier herumwimmeln. Wahrscheinlich bringt Ihre Prisencrew die Takelage in Ordnung, damit das Schiff sich nicht nur im Schneckentempo fortbewegt, nicht wahr? Wenn Sie auch nur einen Rattenschiss auf die Gefühle des Archonten gäben, würden Sie das Schiff versenken, anstatt es instand setzen zu lassen. Maxilan Stragos ist Ihnen scheißegal!«
    »Stimmt«, räumte Drakasha ein.
    »Das heißt …«
    »Das heißt, dass ich mit meinen Fragen noch nicht zu Ende bin, Ravelle. Erzähl mir was über deinen Komplizen, Meister Valora. Ist er ein guter Freund von dir?«
    »Ein Kollege. Wir kennen uns schon einige Zeit. Er half mir in Tal Verrar bei … fragwürdigen Operationen.«
    »Und er ist nur ein Kollege?«
    »Ich bezahle ihn gut und betraue ihn mit bestimmten Auf gaben. Die er, nebenbei bemerkt, gewissenhaft erledigt. Aber von Freundschaft kann nicht die Rede sein.«
    »Er scheint sehr gebildet zu sein.« Zamira deutete nach oben zur Kajütendecke; ein schmales Scheilicht war ein wenig geöffnet, um frische Luft vom Achterdeck hereinzulassen. »Vor ein paar Minuten habe ich gehört, wie er und Ezri sich Zitate von Lucarno zuwarfen.«
    »Die Tragödie der Zehn Ehrlichen Wendehälse«, bestätigte Locke. »Jerome … liebt das Buch.«
    »Er kann lesen. Jabril sagt, er sei kein Seemann, aber er vermag komplizierte Rechenaufgaben zu lösen. Er spricht Vadran. Er benutzt kaufmännische Ausdrücke und hat Ahnung von Fracht. Deshalb tippe ich, dass er aus einer wohlhabenden Händlerfamilie stammt.«
    Locke erwiderte nichts darauf.
    »Du kanntest ihn schon, bevor du anfingst, für den Archonten zu arbeiten, nicht wahr?«
    »Ja. Er war ein Diener der Priori.« Anscheinend war es doch nicht so schwierig, Drakashas Mutmaßungen über Jean zu bestätigen, wie Locke befürchtet hatte. »Ich nahm ihn mit, als ich mich

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