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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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wagst, auch nur einen Finger gegen uns zu heben, stirbst du auf der Stelle.« »Meine Finger werden sich zu benehmen wissen.«
    Am Fuß der Treppe stolperte Locke in einen dunklen Raum, der dem auf der Kurier ziemlich ähnelte, obwohl er wesentlich größer war. Wenn Lockes flüchtige Einschätzung stimmte, war die Giftorchidee anderthalb Mal so lang wie sein früheres Schiff. Zu beiden Seiten gab es je zwei kleine Kajüten mit Türen aus Segeltuch; eine stabile Tür aus Hexenholz, die im Augenblick fest geschlossen war, führte zur Achterkajüte. Ezri drängte Locke energisch an die Seite und klopfte dreimal an diese Tür.
    »Ich bin’s, Ezri. Mit dem wandelnden Fragezeichen«, rief sie.
    Gleich darauf wurde die Tür von innen entriegelt, und Delmastro bedeutete Locke, er solle ihr vorangehen.
    Im Gegensatz zu Ravelles Kapitänskajüte wirkte die von Kapitän Drakasha seit Langem bewohnt und gemütlich. Facettierte alchemische Juwelenlampen in Goldrahmen spendeten helles Licht, überall im Raum waren Gobelins und Seidenkissen verteilt. Ein paar Seekisten trugen eine lackierte Tischplatte, die bedeckt war mit leeren Tellern, zusammengefalteten Karten und Navigationsinstrumenten von offensichtlich höchster Qualität. Locke versetzte es einen Stich, als er seine eigene Truhe sah, die weit geöffnet neben Drakashas Stuhl auf dem Boden stand.
    Die Heckfenster waren momentan nicht mit Blenden versehen. Davor saß Drakasha, nun ohne Rock und Rüstung, und auf ihrem Schoß saß ein Mädchen von drei oder vier Jahren. Durch die Fenster sah Locke die Roter Kurier, ein Schatten in der zunehmenden Dunkelheit, erhellt nur von ein paar hüpfenden Lichtern, die vermutlich von den Reparaturtrupps stammten.
    Locke schaute nach links, um zu sehen, wer die Tür geöffnet hatte, dann sah er hinunter und merkte, dass er von einem kraushaarigen Jungen angegafft wurde, der kaum älter zu sein schien als das kleine Mädchen. Beide Kinder hatten das gleiche kohlrabenschwarze Haar wie Zamira und ähnelten ihr in gewisser Weise; aber ihre Haut war um eine Spur heller, wie Wüstensand, auf den ein Schatten fällt. Liebevoll zerstrubbelte Ezri den Wuschelschopf des Knaben, während sie Locke weiter in die Kabine hineinschob, und schüchtern rückte der Junge zur Seite.
    »Schau einmal dorthin«, sagte Zamira, die Besucher vorerst ignorierend und durch ein Heckfenster deutend. »Kannst du das sehen, Cosetta? Weißt du, was das ist?«
    »Ein Schiff«, quäkte die Kleine.
    »Richtig.« Zamira lächelte … nein, korrigierte sich Locke, sie grinste buchstäblich von einem Ohr zum anderen. »Mamis neues Schiff. Von dem Mami ein hübsches kleines Häuflein Gold geholt hat.«
    »Gold«, plapperte das Mädchen nach und klatschte in die Hände.
    »Ganz genau. Aber sieh dir nur das Schiff an, Liebling. Sieh dir das Schiff an. Kannst du Mami sagen, was diese hohen Dinger sind? Diese hohen Dinger, die bis in den Himmel reichen?«
    »Das sind … ahm … ha! Nein.«
    »Nein? Heißt das, du weißt es nicht, oder willst du meutern?« »Meu-tann!«
    »Nicht auf Mamis Schiff, Cosetta. Schau noch einmal hin. Mami hat dir schon einmal erklärt, was das für Dinger sind, nicht wahr? Sie reichen bis in den Himmel hinein, sie tragen die Segel und sie heißen…«
    »Matten!«, quietschte das Kind glücklich.
    »Masten. Aber das hast du schon sehr gut gemacht. Und wie viele sind dort? Wie viele Masten hat Mamis neues kleines Schiff? Zähl sie für Mami.«
    »Zwei.«
    »Wie klug du bist. Mamis neues Schiff hat zwei Masten, richtig!« Zamira beugte sich dicht über das Gesicht ihrer Tochter, bis ihre Nasenspitzen sich berührten, und Cosetta kicherte. »Und jetzt«, fuhr Zamira fort, »suche noch etwas, das zweimal vorkommt.«
    »Ahm …«
    »Hier in der Kajüte, Cosetta. Suche etwas für Mami, das zweimal da ist.« »Ahm …«
    Die Kleine blickte in die Runde, wobei sie ihre linke Hand fast gänzlich in den Mund stopfte, und dann entdeckte sie die beiden Säbel, die in ihren Scheiden steckten und an der Wand unter dem Heckfenster lagen.
    »Swert«, krähte Cosetta.
    »Das ist richtig!« Zamira küsste ihre Tochter auf die Wange. »Mami hat zwei Schwerter.
    Jedenfalls kannst du nur zwei sehen, mein Herzblatt. Bist du jetzt ein braves Mädchen und gehst mit Ezri nach oben? Mami möchte sich ein Weilchen allein mit diesem Mann unterhalten. Paolo geht mit dir.«
    Ezri marschierte durch die Kabine, um Cosetta auf den Arm zu nehmen, und das Mädchen klammerte sich mit

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