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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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östlichen Kurs auf und brachte sie nach West zu Nord, wobei der Wind raumachterlich von steuerbord einfiel. Das Wetter hielt sich; tagsüber wurden sie von der Sonne gebraten, des Nachts schwitzten sie, und das Schiff segelte unter Schwärmen aus Flattergeistern, die wie Bögen aus gespenstisch grünem Licht über dem Wasser hingen.
    Am einundzwanzigsten Tag, gerade als sich am Osthimmel der erste graue Streifen zeigte, bekamen sie ihre Chance, sich zu bewähren.
    Nach einem viel zu kurzen Schlummer wurde Locke durch einen Ellbogenstoß in die Rippen geweckt. In ihrem Quartier herrschte helle Aufregung; rings um ihn her regten sich die Männer der Schrubberwache, rappelten sich auf die Füße, und alle redeten durcheinander.
    »Segel in Sicht«, klärte Jean ihn auf.
    »Wurde vor nicht mal einer Minute vom Masttopp gerufen«, sagte jemand in der Nähe der Tür. »Zwei Strich steuerbord achteraus. In Richtung Ostnordost also, mit dem Rumpf unter der Kimm.«
    »Das ist gut«, meinte Jabril und gähnte. »Morgendämmerung. Günstig für uns.«
    »Morgendämmerung?« Locke fand, es sei immer noch finster und rieb sich die vom Schlaf verquollenen Augen. »Davon merke ich noch nichts. Und wieso soll das günstig für uns sein?«
    »Die Sonne schiebt sich über den Horizont, ist doch klar, oder?« Jabril schien es zu genießen, Locke eine Lektion erteilen zu dürfen. »Wie jeder weiß, geht sie im Osten auf. Wir befinden uns hier noch im Schatten, da wir von dem fremden Schiff aus gesehen im Westen sind. Sie können uns nicht sehen, dafür haben wir sie wunderbar im Auge. Das bisschen Helligkeit an der Kimm genügt, damit man die Masten deutlich erkennen kann.«
    »Na toll«, versetzte Locke. »Klingt ja richtig spannend.«
    »Ist es auch!«, warf Aspel ein. »Wir kapern das Schiff. So was lässt Drakasha sich doch nicht entgehen!«
    »Für uns heißt es dann kämpfen«, betonte Streva. »Wir gehen als Erste an Bord.«
    »Aye, und beweisen, wozu wir taugen«, ergänzte Aspel. »Wir bewähren uns, und dann ist endlich Schluss mit dieser beschissenen Schrubberwache.«
    »Binde dir lieber noch keine Silberschleifen um deinen Schwanz«, dämpfte Jabril Aspels Eifer. »Wir kennen weder den Kurs des neuen Schiffs, noch wissen wir, wie viele Knoten es läuft und wie hoch es am Wind segeln kann. Es könnte ein Kriegsschiff sein. Vielleicht gehört es sogar zu einem Geschwader.«
    »Leck mich am Arsch, Jabbi«, fiel jemand ohne echte Bösartigkeit ein. »Willst du nicht, dass die verdammte Schrubberwache aufhört?«
    An Deck machte sich ein Tumult breit; Befehle wurden gebrüllt. Die Männer am Eingang strengten sich an, alles zu hören und zu sehen.
    »Delmastro lässt aufentern«, meldete einer der Beobachter. »Sieht aus, als sollten wir ein paar Strich weiter nach Nord gehen. Und zwar so schnell wie möglich.«
    »Wenn das fremde Schiff uns sieht, würde es bei einer plötzlichen Veränderung des Segeltrimms sofort Verdacht schöpfen«, erklärte Jabril. »Delmastro will uns näher an den Kurs des anderen Schiffs heranbringen, ehe man uns entdeckt, damit alles natürlich aussieht.«
    Minuten vergingen; Locke blinzelte und legte sich wieder neben seinem Schott aufs Ohr. Solange sich noch nichts Ernsthaftes tat, wollte er versuchen noch ein bisschen zu schlafen. Dem Stöhnen und Scharren in seiner Umgebung nach zu urteilen, war er nicht der Einzige, der so dachte.
    Wenige Minuten später wurde er wach – der Himmel, den man durch die Entlüftungsluke sah, hatte sich zu einem helleren Grau verfärbt –, weil Leutnant Delmastros Stimme in ihr Quartier drang.
    »… wo ihr seid. Bleibt ruhig, und lasst euch an Deck nicht blicken. In ungefähr fünf Minuten wird die Rote Wache von der Blauen abgelöst, aber Routinearbeiten werden vorläufig ausgesetzt, weil wir uns auf einen Kampf vorbereiten. Wir schicken die Roten nach und nach herunter, und für sie geht die Hälfte der Blauen an Deck. Wir wollen wie eine Handelsbrigg wirken, nicht wie ein Kaperschiff mit großer Besatzung.«
    Locke reckte den Hals, um über die schattenhaften Gestalten in seiner Nähe hinwegzuspähen. Direkt hinter Delmastro entdeckte er im frühmorgendlichen Zwielicht Matrosen in der Kühl, die mehrere große Fässer in Richtung Backbordreling wuchteten.
    »Rauchfässer an Deck«, rief eine Frau.
    »An Deck keine offenen Flammen mehr!«, brüllte Ezri. »Es wird nicht geraucht. Nur alchemische Lichter. Weitersagen!«
    Abermals verstrichen Minuten, und der

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