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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Morgenluft verpestete. Leutnant Delmastro kümmerte sich selbst um die Rauchfässer. Die Orchidee fuhr unter Marssegeln und mit beschlagenen Groß-und Focksegeln; praktischerweise war das nicht nur der beste Trimm für die herrschenden Windverhältnisse, es wäre auch die erste Vorsichtsmaßnahme gewesen, die sie ergriffen hätte, wäre auf dem Schiff tatsächlich ein Feuer ausgebrochen.
    »Kommt schon, ihr elenden Würmer«, brummte Jean, der neben ihm hockte. »Schaut nach links, um Perelandros willen.«
    »Vielleicht sehen sie uns ja«, überlegte Locke. »Vielleicht kümmern sie sich einfach nur einen Scheißdreck um uns.«
    »Sie haben an den Segeln keine Änderung vorgenommen«, sagte Jean. »Andernfalls hätten die Ausguckposten es gemeldet. Sie müssen die gleichgültigsten, kurzsichtigsten, dümmsten Lahmärsche sein, die je zur See gefahren sind.«
    »An Deck!« Der Großmast-Ausguck klang aufgeregt. »Meldet dem Käpt’n, dass sie auf den Backbordbug wendet!«
    »Wie weit?« Delmastro trat von den Rauchfässern zurück. »Geht sie über Stag und läuft direkt auf uns zu?«
    »Nein, sie hat nur um drei Strich angeluvt.«
    »Sie wollen uns näher in Augenschein nehmen«, meinte Jean, »aber noch hüpfen sie nicht mit uns in die Hängematte.«
    Vom Achterdeck hallte ein Ruf, und im nächsten Moment stieß Delmastro auf ihrer Pfeife drei schrille Töne aus.
    »Schrubberwache! Schrubberwache aufs Achterdeck!«
    Sie hetzten nach achtern, vorbei an Matrosen, die gut geölte Bögen aus ihren Segeltuchhüllen holten und Sehnen aufspannten. Wie Delmastro angekündigt hatte, befand sich nur etwa die Hälfte der üblichen Wache an Deck; die Männer, welche die Waffen vorbereiteten, kauerten in der Hocke oder verbargen sich hinter den Masten und dem Hühnerstall. Drakasha wartete an der Heckreling auf sie, und kaum waren sie eingetroffen, sprach sie sie an:
    »Das fremde Schiff hat immer noch Zeit und Seeraum genug, um abzudrehen. Es ist eine Fleute, und ich bezweifle, dass sie uns aussegeln können, egal bei welchem Wetter, aber es kann sein, dass sie sich teuer verkaufen. Ich schätze, in sechs bis sieben Stunden ist es so weit, aber wer hat schon Lust, so lange zu warten? Wir tun so, als seien wir eine gecharterte Brigg, auf der ein Feuer ausgebrochen ist. Mal sehen, vielleicht gelingt es uns, an ihr Mitgefühl zu appellieren.
    Ich habe euch die Chance geboten, euch zu bewähren, deshalb werdet ihr die Zähne der zuschnappenden Falle sein. Ihr bildet den ersten Entertrupp. Wenn ihr zurückkommt, wird es euer Schaden nicht sein. Wer nicht kämpfen will, verzieht sich wieder unter die Back und bleibt bei der Schrubberwache, bis wir euch loswerden.
    Was mich angeht, als ich heute früh wach wurde, hatte ich einen verdammten Hunger.
    Ich will mir diese fette kleine Prise unter den Nagel reißen. Wer von euch kämpft um einen Platz auf meinem Schiff?«
    Locke und Jean rissen die Arme hoch, ebenso alle Männer, die in ihrer Nähe standen.
    Mit einem flüchtigen Blick in die Runde überzeugte sich Locke, dass keiner dabei war, der diese einmalige Chance verpassen wollte.
    »Schön«, sagte Drakasha. »Wir haben drei Boote mit insgesamt dreißig Plätzen. Die werden von euch besetzt. Eure Aufgabe wird sein, anfangs einen harmlosen Eindruck zu machen; ihr entfernt euch nicht weit von der Orchidee. Auf ein Zeichen hin pullt ihr los und greift von Süden her an.«
    »Käpt’n«, warf Jabril ein, »was ist, wenn wir es allein nicht schaffen, das Schiff aufzubringen?«
    »Wenn die Stärke der Besatzung oder widrige Umstände gegen euch sind, haltet ihr einfach nur die Stellung. Ich bringe die Orchidee längsseits, und wir werfen Greifhaken aus. Egal wie heftig sich die andere Mannschaft wehrt, gegen hundert frische Enterer können sie nichts ausrichten.«
    Ein schöner Trost für diejenigen von uns, die bereits tot sind oder im Sterben liegen, dachte Locke. Erst jetzt begriff er wirklich, was da auf sie zukam, und er spürte ein nervöses Kribbeln im Bauch.
    »Käpt’n!«, schrie ein Ausguck vom Großmasttopp. »Sie hissen Talishani-Farben!«
    »Das kann ein Bluff sein«, brummte Jabril. »Kein schlechter Trick – wenn man schon unter falscher Flagge fährt. Talisham hat eine Kriegsmarine; und zurzeit herrscht dort Frieden.«
    »Sooo schlau sind sie aber auch nicht«, widersprach Jean. »Angenommen, die Fleute hat Geleitschiffe und steht mit ihnen in Sichtkontakt – warum ist die Flagge dann nicht ständig gehisst? Nur

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