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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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ist das, den ganzen Tag lang hier zu hängen und den Arsch des Schiffs anstreichen.«
    Zur dritten Stunde des folgenden Nachmittags hockten Locke und Jean in primitiven Schaukeln aus Tauwerk, die an der Heckreling der Orchidee festgemacht waren. In der letzten Nacht hatten sie den Namen Chimäre hastig mit einer Schicht schwarzer Farbe überpinselt, und nun versahen sie das Schiff in mühsamer Arbeit mit einem neuen Namen – Ekstase.
    Ihre Hände und Tuniken waren mit dicken silbernen Klecksen übersäht.
    Sie waren bis ›Eksta‹ gekommen, und durch die Heckfenster in Zamiras Kajüte schnitten Paolo und Cosetta ihnen Grimassen.
    »Ich finde, Piraterie ist ein bisschen wie Trinken«, sinnierte Jean. »Wenn man die ganze Nacht lang durchsäuft, muss man am nächsten Tag dafür büßen.«
    Beruhigende vierzig bis fünfzig Meilen westlich von Tal Verrar war die Orchidee an diesem Morgen in Richtung Norden abgedreht; Drakasha hatte es sehr eilig gehabt, die Gegend, in der sie die Sardine aufgebracht hatten, zu verlassen, und beschlossen, ihr altes Mädchen an diesem Tag neu herauszuputzen – genauer gesagt ließ sie Locke und Jean die Arbeit machen.
    Um die vierte Nachmittagsstunde prangte der vollständige Name am Heck des Schiffs.
    Durstig und von der Sonne verbrannt ließen sie sich von Delmastro, Drakasha und Nasreen auf das Achterdeck hieven. Nachdem sie die angebotenen Becher mit lauwarmem verwässertem Rotwein runtergestürzt hatten, gab Drakasha ihnen einen Wink, sie sollten ihr nach unten in ihre Kajüte folgen.
    »Der Überfall letzte Nacht war erstklassig durchgeführt«, stellte sie fest. »Auf jeden Fall wird er für eine Menge Verwirrung sorgen. Der Archont wird außer sich sein vor Wut, da bin ich mir sicher.«
    »Ich würde einiges dafür geben, während der nächsten Tage eine Fliege an einer Tavernenwand in Tal Verrar zu sein«, gestand Locke.
    »Aber ich habe auch über unsere generelle Strategie nachgedacht.«
    »Und zu welchem Schluss sind Sie gekommen?« »Du sagtest mir, der Kapitän und die Besatzung der Ketch seien keine Verrari gewesen – das nimmt der Geschichte ein bisschen von ihrer Schärfe. Man wird die Glaubwürdigkeit dieser Leute infrage stellen.
    Dummes Geschwätz und jede Menge Gerüchte werden folgen.« »Richtig …«
    »Was wir gerade getan haben, wird sich zu einer eiternden Wunde auswachsen«, fuhr Drakasha fort. »Es gibt Anlass zu Kommentaren, zu Spekulationen, und Stragos wird sich gewaltig ärgern. Aber es verursacht keine Panik, die Verrari werden sich nicht in den Straßen zusammenrotten und fordern, dass der Archont eingreift. In gewisser Hinsicht ist unser erster Versuch, auf seinen Wunsch hin einen Piratenüberfall zu inszenieren, stümperhaft ausgefallen.«
    »Sie kränken uns in unserer Berufsehre«, meinte Jean.
    »Und der meinen! Vielleicht brauchen wir eine ganze Reihe ähnlich stümperhafter Inszenierungen.«
    »Auf Ihre Erklärung bin ich gespannt«, warf Locke ein.
    »Heute Nachmittag erzählte mir Del, dass ihr zwei darauf hofft, über Stragos’ persönlichen Alchemisten die Lösung für euer Problem zu finden; ihr wollt versuchen, ihm ein Angebot zu machen, das er nicht ausschlagen kann.«
    »Das stimmt«, bekräftigte Locke. »In dieser Hinsicht war unser Besuch des Mon Magisteria letzte Nacht nicht unbedingt von Erfolg gekrönt.«
    »Es liegt also auf der Hand«, erklärte Drakasha, »dass man euch eine zweite Chance verschaffen muss, die Bekanntschaft dieses Alchemisten zu machen. Ihr braucht einen plausiblen Grund, um bald wieder den Mon Magisteria aufzusuchen. Brave kleine Diener, begierig zu hören, was ihr Meister von ihrer Arbeit hält.«
    »Ahhh«, stöhnte Locke. »Und wenn er es gar nicht abwarten kann, uns in den Arsch zu treten, dann können wir sicher sein, dass er uns zumindest zu einem kurzen Plausch einlädt.«
    »Genau. Also sollten wir uns etwas Ungewöhnliches einfallen lassen. Etwas Auffallendes, das keinen Zweifel daran lässt, wie sehr ihr bestrebt seid, Stragos zu gefallen. Nur kann ich Tal Verrar natürlich nicht direkt bedrohen. Jedenfalls nicht in einer Weise, die Stragos in die Hände spielt.«
    »Hmmm«, brummte Jean. »Etwas Ungewöhnliches. Etwas Auffallendes. Das aber nicht zu bedrohlich sein darf. Ich bin mir nicht sicher, wie diese Konzepte sich mit einem Akt der Piraterie vereinbaren lassen.«
    »Kosta«, sagte Drakasha, »du starrst mich so eigentümlich an. Hast du eine Idee, oder habe ich dich heute zu lange in der

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