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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Experte darin, Leuten ein Messer an die Kehle zu setzen und sie anzuschreien.«
    »Aber wenn ihr euch mit ihm treffen wollt, nachdem wir ein paar Schiffe für ihn versenkt haben, wird er da nicht auf ein Attentat vorbereitet sein? In seinem Palast wimmelt es doch von Soldaten.«
    »Ich muss lediglich in seine Nähe gelangen«, erklärte Locke. »Ich behaupte ja gar nicht, ich könnte mich durch eine Phalanx aus Leibwächtern durchkämpfen, aber aus sechs Zoll Entfernung, mit einem guten Stilett ausgerüstet, führt Aza Guilla Höchstselbst mir die Hand.«
    »Willst du ihn als Geisel nehmen?«
    »Ja. Der Plan ist simpel, direkt und hoffentlich effektiv. Wenn ich weder durch eine List an das Gegengift komme, noch seinen Alchemisten bestechen kann, dann gelingt es mir vielleicht, ihn halb zu Tode zu erschrecken.«
    »Und du bist dir sicher, dass du alles gründlich durchdacht hast?«
    »Käpt’n Drakasha, in der letzten Zeit habe ich kaum geschlafen, sondern nächtelang wach gelegen und gegrübelt. Was dachten Sie, weshalb ich mich an Sie wende, um mit Ihnen darüber zu sprechen?«
    »Nun ja …«
    »Käpt’n!« Der Großmast-Ausguck preite das Deck an. »Achteraus tut sich was!« »Was meinst du damit?«
    »Segel ungefähr drei Strich an Backbord achteraus! Mit dem Rumpf noch unter der Kimm. Ist ganz plötzlich aufgetaucht. Kam ungefähr aus Richtung Westen und ging dann hart an den Wind, direkt auf uns zu.«
    »Du hast verdammt scharfe Augen!«, rief Drakasha. »Halte mich auf dem Laufenden, Utgar!«
    »Aye, Käpt’n!«
    »Die Ausgucke in jedem Mast verdoppeln! An Deck! Wendemanöver einleiten!
    Klarmachen zum Überstaggehen! Auf mein Kommando!«
    »Gibt’s Ärger, Käpt’n?«
    »Wahrscheinlich nicht«, meinte Drakasha. »Selbst wenn Stragos über Nacht seine Meinung geändert hat und beschließt, uns zu jagen, könnte ein Verrari-Kriegsschiff nicht aus dieser Richtung kommen.«
    »Hoffentlich behalten Sie recht.«
    »Aye. Deshalb ändern wir jetzt unseren Kurs, aber hübsch langsam. Wenn der Kurswechsel des fremden Schiffs nichts zu bedeuten hat, dann segelt es einfach an uns vorbei.« Sie räusperte sich. »Steuermann, bring uns auf einen Kurs Nordwest zu Nord, hart über das Ruder! Utgar! Dichtholen, rundbrassen und belegen!«
    »Aye, Käpt’n!«
    Langsam legte sich die Giftorchidee nach backbord über, bis der Bug fast genau nach Nordwest wies. Die steife Brise, die über das Achterdeck fegte, blies Locke nun beinahe ins Gesicht. Er bildete sich ein, im Süden winzige Segel zu sehen; der Rumpf des Schiffs war immer noch unter der Kimm.
    Ein paar Minuten später erscholl der Ruf: »Käpt’n! Sie haben fünf, sechs Strich nach backbord abgedreht! Sie verfolgen uns!«
    »Wir sind querab vor ihrem Steuerbordbug«, rief Drakasha. »Sie versuchen uns einzuholen. Aber das ergibt keinen Sinn.« Sie schnippte mit den Fingern. »Moment mal. Es könnte ein Kopfgeldpirat sein!«
    »Woher wollen die denn wissen, dass dies die Giftorchidee ist?«
    »Wahrscheinlich hat die Crew dieser Ketch, die du aufgebracht hast, eine Beschreibung meines Schiffs gegeben. Mein altes Mädchen kann man nur bis zu einem gewissen Grad verkleiden. Diese herrlichen Hexenholzplanken sind zu verräterisch.«
    »Und … können sie uns in die Bredouille bringen?« »Kommt drauf an, welches Schiff schneller ist. Wenn es sich wirklich um einen Kopfgeldpiraten handelt, lohnt es sich nicht, den Kampf aufzunehmen. An Bord sind gefährliche Typen, aber keine lohnende Fracht. Wenn wir sie aussegeln können, dann zeige ich ihnen den nackten Arsch und winke zum Abschied.«
    »Und wenn wir es nicht schaffen?« »Dann kommt es zu einem sinnlosen Kampf.«
    »Käpt’n!«, brüllte einer der Ausgucke. »Es ist ein Dreimaster!«
    »Das wird ja immer besser«, brummte Drakasha. »Lauf los und wecke Ezri und Jerome. Sie sollen sofort an Deck kommen.«

2
     
     
    »Pech«, fluchte Delmastro. »Verdammtes Pech!«
    »Für sie, nicht für uns«, ergänzte Drakasha.
    Der Kapitän und ihr Leutnant standen an der Heckreling und starrten auf das verschwommene weiße Viereck, das die Position ihres Verfolgers an der Kimm anzeigte. Locke und Jean hielten sich ein wenig abseits an der Steuerbordreling.
    Drakasha hatte das Schiff ein paar Strich nach Süden abdrehen lassen, sodass sie jetzt in Richtung Westnordwest segelten und die Brise günstig raum-achterlich an Steuerbord einkam, für die Orchidee angeblich der beste Kurs zum Wind. Locke wusste, dass sie ein Risiko

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