Sturm ueber roten Wassern
mit Sand aufstellen, doppelte Anzahl! An Backbord das Klingennetz aufriggen und hochhieven! Jerome, beweg deinen faulen Arsch auf das Achterdeck! Stell die fliegende Eingreiftruppe zusammen!«
Jean winkte ihr zu und folgte Drakasha hinauf ins Heck, wo ein nervös wirkender Utgar wartete. Treganne humpelte gerade die Niedergangstreppe hinab und brummelte etwas Unverständliches vor sich hin.
Plötzlich schoss eine kleine dunkle Gestalt den Niedergang hinauf und flitzte zu Drakasha. Sie blickte nach unten, als jemand an ihren Hosen zupfte, und sah Paolo, der sich völlig unbefangen an sie klammerte.
»Mami, es ist so laut!«
Zamira lächelte, hob ihn hoch und drückte ihn gegen ihre Rockaufschläge. Dann drehte sie sich in den Wind und ließ sich von der Brise das Haar aus dem Gesicht wehen. Jean sah, dass Paolos Blick sich auf die Tyrann heftete, die unter dem blanken Himmel schlingernd und stampfend die Entfernung zu ihnen immer weiter verringerte.
»Paolo, mein Schatz, hilfst du Mami, dich und deine Schwester im Kabelgatt auf dem Orlopdeck zu verstecken?«
Der kleine Junge nickte, Zamira küsste ihn auf die Stirn und grub mit geschlossenen Augen ihre Nase in das zerstrubbelte schwarze Kraushaar.
»Das ist gut«, sagte sie einen Moment später. »Denn danach muss Mami ihre Rüstung und ihre Säbel holen. Und dann muss sie das Schiff des verlogenen Hurensohns entern und es versenken wie einen Stein.«
5
Jaffrim Rodanov stand im Bug seines Schiffs, sein Fernrohr auf die Giftorchidee gerichtet, als diese blitzschnell nach backbord drehte und mit dem Bugsprit auf ihn zielte. Die Großsegel flatterten und verschwanden, als Drakashas Mannschaft sie für das zu erwartende Gefecht aufgeite.
»Ah«, knurrte er. »Du hast wohl begriffen, woher der Wind weht, und machst jetzt das einzig Vernünftige seit Langem.«
Rodanov hatte sich für den Kampf gewappnet; wie üblich, trug er einen Rock aus Leder, der vorn und im Rücken mit einem Kettenpanzer verstärkt war. Die Scharten und Risse in dem abgewetzten alten Ding machten ihm immer Mut; sie bewiesen, dass man seit vielen Jahren vergeblich versuchte, ihn zu töten.
An den Händen trug er seine Lieblingswaffen, gegliederte Panzerhandschuhe aus geschwärztem Stahl. In dem Durcheinander eines Nahkampfs konnte er mit ihnen sowohl Klingen abwehren als auch Schädel einschlagen. Um sich den Weg auf die Orchidee zu erkämpfen, würde er die mit Eisen verstärkte große Keule benutzen, auf der er sich derzeit abstützte. Sorgfältig schob er das Fernrohr zusammen und steckte es in eine Tasche seines Rocks, um es später, kurz vor dem Enterkampf, beim Kompasshaus zu verwahren. Es sollte nicht zu Bruch gehen wie beim letzten Mal.
»Befehle, Käpt’n?«
Ydrena wartete auf der Treppe zum Vordeck, ihren Krummsäbel hatte sie sich auf den Rücken geschnallt, und hinter ihr stand der größte Teil der Mannschaft.
»Wir greifen an«, dröhnte Rodanov. »Ich weiß, dass es vielen von euch schwerfällt, aber Drakasha wildert in Verrari-Gewässern. Das kann dazu führen, dass man uns allen das Leben, das wir so genießen, zur Hölle macht – wenn wir sie jetzt nicht stoppen.
Formiert euch an Steuerbord, wie besprochen. Schilde nach vorn. Dahinter die Armbrüste. Denkt daran – eine Salve, dann werft ihr die Armbrüste weg und zieht Stahl. Sowie wir uns an der Orchidee festgehakt haben, steigen die Bootsmannschaften über die Steuerbordseite. In der Kühl und im Bug Wurfanker bereithalten.
Rudergänger! Du kennst deine Befehle – führe sie perfekt aus oder bete, dass du im Kampf stirbst.
Das wird ein blutiger Tag! Drakasha ist ein ernst zu nehmender Gegner. Aber welches Schiff beherrscht selbst im stärksten Sturm das Messing-Meer?«
»Die TYRANN!«, brüllte die Besatzung im Chor.
»Welches Schiff wurde noch nie geentert und noch nie besiegt?«
»Die TYRANN!«
»Was brüllen unsere Feinde, wenn sie vor den Göttern stehen und erzählen, wer ihren Untergang besiegelt hat?« »Die TYRANN ? «
»Die Tyrann sind wir!« Er schwenkte die Keule über seinem Kopf. »Und für Drakasha haben wir ein paar Überraschungen parat! Bringt die Käfige her!«
Drei Gruppen von je sechs Matrosen schleppten mit Segeltuch verdeckte Käfige auf das Vordeck. Die hölzernen Tragegriffe saßen ein gutes Stück hinter den Seiten aus stählernem Maschendraht. Jeder Käfig war ungefähr sechs Fuß lang, drei Fuß breit und drei Fuß hoch.
»Seit gestern haben sie nichts zu fressen
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