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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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gemacht und über alle Maßen gereizt – schossen aus ihren Gefängnissen, wobei sie kreischten wie rachelüsterne Untote. Das Erste, was sie sahen, war die Kampfreihe, die ihnen gegenüber Aufstellung genommen hatte. Obwohl Zamiras Leute schwer bewaffnet und gepanzert waren, herrschte im ersten Moment Verblüffung, denn natürlich hatten sie damit gerechnet, menschliche Enterer abzuwehren.
    Die drei Kampfvögel setzten zum Sprung an und landeten mitten zwischen Schilden und Piken, wo sie sofort mit ihren mörderischen Schnäbeln und dolchgroßen Krallen um sich hackten. Ihre Opfer schrien, rempelten sich gegenseitig an und verursachten in ihrem verzweifelten Bemühen, die entfesselten Bestien entweder zu bekämpfen oder vor ihnen zu flüchten, ein unbeschreibliches Chaos.
    Rodanov grinste wild. Es hatte sich gelohnt, die Vögel zu kaufen – auch wenn er in Port Prodigal viel zu viel hatte berappen müssen, auch wenn sie mit ihrem Gestank den Frachtraum verpestet hatten, und obwohl sie bald tot sein würden. Jeder von Zamiras Leuten, der von ihnen verstümmelt würde, war einer weniger, mit dem seine Mannschaft fertig werden musste; und wenn sich der Gegner vor Angst in die Hosen machte, war ohnehin kein Preis zu hoch.
    »Boote ausbringen!«, brüllte er. »Alle Mann zu mir!«

8
     
     
    Die Schreie vom Vordeck hatten nichts Menschliches mehr an sich; auf Händen und Knien krabbelte Locke die Achterdecktreppe hoch, um zu sehen, was los war. Braune Kreaturen kämpften mit Zamiras »Legionen« längs der Backbordseite. Was zur Hölle hatte das zu bedeuten? In diesem Moment hetzte Drakasha an ihm vorbei, beide Säbel gezückt, und stürzte sich mitten in das größte Chaos.
    Ein paar Matrosen auf Rodanovs Schiff schleuderten Enterhaken auf die Orchidee.
    Mehrere von Drakashas Leuten, die nur darauf gewartet hatten, sausten zur Backbordreling, um die Leinen der Wurfanker zu kappen. Ein Matrose stürzte mit einem Pfeil im Hals aufs Deck; die anderen zerhackten alle Leinen, die Locke sehen konnte.
    Ein scharfes Sirren, und ganz in seiner Nähe landete ein Pfeil; Jean packte Locke beim Kragen seiner Tunika und schleifte ihn auf das Achterdeck zurück. Seine »Fliegende Eingreiftruppe« duckte sich hinter ihre kleinen Schilde; Malakasti benutzte ihren Schild, um auch Mumchance zu schützen, der in gebückter Haltung das Steuerrad bediente. Jemand stieß einen schrillen Schrei aus und fiel aus der Takelage der Tyrann; eine Sekunde später schrie Jabril erschrocken auf, als ein Pfeil direkt neben seinem Kopf Splitter aus der Heckreling riss.
    Zu Lockes Überraschung stand Gwillem plötzlich mitten in dem Tumult und ließ mit unbewegter Miene seine Schleuder über dem Kopf kreisen. Sein Arm schnellte hoch, während er gleichzeitig einen der Riemen losließ, und fast im selben Augenblick kippte auf dem Achterdeck der Tyrann ein Bogenschütze um und blieb liegen. Jean zog Gwillem auf das Deck zurück, als der Vadraner das nächste Geschoss in die Schleuder legte.
    »Boote!«, brüllte Streva. »Sie haben Boote ausgesetzt!«
    Zwei Boote mit jeweils rund zwanzig Matrosen pullten zügig um die Tyrann herum und näherten sich in einem Bogen dem Heck der Orchidee. Locke wünschte sich inbrünstig, ein paar Pfeile würden ihnen die Passage vergällen, aber die Bogenschützen in den Toppen hatten den Befehl, die Boote zu ignorieren. Um die sollte sich ausschließlich der legendäre Held kümmern, der so vortrefflich mit fallenden Bierfässern zu kämpfen verstand – Orrin Ravelle.
    Ein gewaltiger Vorteil war jedoch auf seiner Seite, und der hieß, wie immer, Jean Tannen. Auf den polierten Hexenholzplanken des Decks lagen mehrere große, runde Steine, die mühsam aus dem Schiffsballast herausgefischt worden waren. »Leg los, Jerome!«, schrie Locke.
    Als sich das erste Boot der Heckreling näherte, standen zwei mit Armbrüsten bewaffnete Matrosen auf, um einer Frau Deckung zu geben, die einen Enterhaken bereithielt. Gwillem schleuderte eines seiner Geschosse nach unten, der Kopf eines Armbrustschützen platzte auf, und der Körper sackte mitten in den Entertrupp hinein. Dann flitzte Jean an die Heckreling und hob einen neunzig Pfund schweren Felsbrocken, der den Umfang eines erwachsenen Mannes hatte, über den Kopf. Ein unartikuliertes Gebrüll entlud sich aus seiner Kehle, während er den Stein auf das unten liegende Boot warf, wo er nicht nur die Beine von zwei Rudergasten zerschmetterte, sondern auch ein Loch in den Boden riss.

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