Sturm ueber roten Wassern
sind so eitel, anzunehmen …«, hob Jean an.
»Ich werde Ihnen den Grund nennen«, schnitt Stragos ihm das Wort ab. Er schloss die Akte und legte seine gefalteten Hände darauf. »Es geht Ihnen nicht nur ums Geld, Sie sind nämlich nicht gierig. Aber Sie beide sind besessen von einer krankhaften Abenteuerlust. Sie brauchen den Nervenkitzel wie die Luft zum Atmen. Die Planungen und die damit verbundenen Risiken müssen Sie in einen wahren Rausch versetzen.
Weshalb hätten Sie sonst dieses Leben gewählt, das Sie führen, da Sie doch offensichtlich innerhalb der von Capa Barsavi erlaubten Grenzen als Diebe hätten prosperieren können?«
»Wenn Sie glauben, diesem kleinen Haufen Papier entnehmen zu können, wie wir …«
»Sie beide sind süchtig nach dem Risiko. Und Sie haben sich eine Beschäftigung gewählt, die diese Sucht befriedigt. Nun, bei der Aufgabe, die ich mir für Sie ausgedacht habe, kommen Sie voll auf Ihre Kosten. Die Mission ist überaus riskant.
Vermutlich werden Sie das Ganze sogar genießen.«
»Das hätte durchaus der Fall sein können«, stimmte Locke ihm zu, »bevor Sie uns von dem vergifteten Birnenwein erzählt haben.«
»Selbstverständlich weiß ich, dass ich Ihnen Grund genug gegeben habe, mich zu hassen. Aber bedenken Sie meine Position. Ich gab Ihnen dieses Gift aus Respekt vor Ihren Fähigkeiten. Für mich wäre es ein viel zu großes Wagnis, Sie zu engagieren, ohne eine Möglichkeit, Sie unter Kontrolle zu halten. Sie beide befinden sich dauernd auf der Suche nach einer Stadt, die sie aus den Angeln heben können.«
»War um zur Hölle konnten Sie uns nicht einfach gegen eine entsprechende Bezahlung in Ihre Dienste nehmen?«
»Wie kann es Sie reizen, Geld zu verdienen, wenn Sie jederzeit in der Lage sind, sich exorbitante Summen zu ergaunern?«
»Also ist der Umstand, dass Sie uns leimen wie eine Jeremitische Puffnutte, eigentlich ein Kompliment?«, brauste Jean auf. »Sie gottverfluchter …«
»Beruhigen Sie sich, Tannen«, warf Stragos ein.
»Warum sollte er?« Locke rückte seine verschwitzte, zerknitterte Tunika gerade und fing an, die zerknüllten Halstücher wieder umzuschlingen. Er machte keinen Hehl aus seiner Wut. »Sie vergiften uns, stellen uns eine mysteriöse Aufgabe in Aussicht und reden kein Wort von Bezahlung. Sie machen es uns schwer, unser Leben als Kosta und de Ferra weiterzuführen, Sie verlangen von uns, dass wir uns darauf einrichten sollen, zu Ihnen zu rennen, sobald Sie geruhen, uns die Einzelheiten dieser Mission zu enthüllen. Große Götter!
Wie steht es denn mit Spesen, sollten welche anfallen?«
»Wenn Sie für mich tätig werden, stehen Ihnen sämtliche finanziellen und materiellen Mittel zur Verfügung, die Sie brauchen. Und ehe der Übermut Sie packt, denken Sie bitte daran, dass ich für jede Ausgabe Quittungen verlange – bis auf den letzten Centira.«
»Oh, fantastisch. Und welche anderen Vergünstigungen bringt dieser Job mit sich?
Kostenlose Mittagessen in der Kaserne Ihrer Allsehenden Augen? Krankenpflege, wenn Requin uns die Eier abschneidet und sie in unsere Augenhöhlen einnähen lässt?«
»Ich bin es nicht gewöhnt, dass man in diesem Ton mit mir …«
»Dann gewöhnen Sie sich gefälligst daran!«, schnauzte Locke, stand von seinem Stuhl auf und fing an, den Staub von seinem Rock zu klopfen. »Ich habe einen Gegenvorschlag, und ich ersuche Sie, ihn sich ernsthaft durch den Kopf gehen zu lassen.«
»Ach?«
»Vergessen Sie das Ganze, Stragos.« Locke schlüpfte in seinen Rock, schüttelte die Schultern, damit er richtig saß, und glättete das Revers. »Vergessen Sie diesen lächerlichen Plan. Versorgen Sie uns mit einer ausreichenden Menge des Heilmittels - falls es eines gibt –, damit wir fürs Erste unsere Sorgen los sind. Oder erzählen Sie uns, welches Gift Sie uns eingeflößt haben, damit wir auf eigene Kosten einen Alchemisten beauftragen können. Schicken Sie uns zu Requin zurück, der nicht gerade Ihr Freund ist, und warten Sie darauf, dass wir ihm das Fell über die Ohren ziehen. Belästigen Sie uns nicht weiter, und wir versprechen, dass wir Sie in Ruhe lassen.«
»Was würde ich dabei gewinnen?«
»Ich dachte eher daran, dass Sie das behalten, was Sie bereits besitzen.«
»Mein lieber Lamora«, lachte Stragos, ein leises, trockenes Geräusch, das klang, als käme es aus einem Sarg. »Ihr unverschämtes Auftreten könnte vielleicht einen Schlappschwanz von Camorri-Bastard dazu veranlassen, Ihnen seine
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