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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Flasche, die auf den Steinen zerplatzt und Ihnen um ein Haar den Schädel eingeschlagen hätte.« »Finden Sie? Was hätten Sie denn anzubieten?«
    »Burgle, Sir. Wahrscheinlich haben Sie schon davon gehört. Es ist eine hiesige Spezialität, und falls Sie Burgle schon in Talisham getrunken haben, dann ist Ihnen bis jetzt etwas entgangen. Nichts gegen die Talishani, natürlich. Ich habe sogar Verwandtschaft in Talisham, wissen Sie.«
    Burgle war ein dickflüssiges, dunkles Bier, das normalerweise mit ein paar Tropfen Mandelöl gewürzt wurde. Die berauschende Wirkung war vergleichbar mit der eines durchschnittlichen Weines. Jean nickte. »Einen Becher voll, bitte.« Der Bierverkäufer öffnete den Zapfhahn des Fasses und füllte eine fast schwarz aussehende Flüssigkeit in einen der angeketteten Humpen. Mit einer Hand reichte er Jean das Getränk, mit der anderen tippte er an seinen Hut. »Sie macht das ein paarmal pro Woche so, wissen Sie.«
    Jean schlürfte das warme Bier in langen Zügen und genoss den Geschmack von Nüssen und Hefe, der sich in seiner Kehle ausbreitete. »Ein paarmal pro Woche?«
    »Mit einigen ihrer Besucher hat sie nicht gerade viel Geduld. Wartet nicht einmal das Ende eines Gesprächs ab, wie es sich unter höflichen Menschen gehört. Aber das wissen Sie ja bereits.«
    »Mmm-hmmm. Verdammt süffig, dieses Zeug.«
    »Vielen Dank. Ein voller Becher kostet einen Centira … Danke, herzlichen Dank, werter Herr. Mit den Leuten, die durch den Boden von Madam Gallardines Haus fallen, mache ich gute Geschäfte. Ich halte mich oft in der Nähe auf, für den Fall, dass es ein, zwei Kunden regnet. Es tut mir aufrichtig leid, dass Ihr Treffen mit der werten Dame nicht zu Ihrer Zufriedenheit ausgefallen ist.«
    »Nun ja, so schlimm ist es auch wieder nicht. Auch wenn sie mich ein bisschen plötzlich nach draußen befördert hat, so denke ich doch, dass ich erreicht habe, was ich wollte.« Jean schüttete sich den Rest des Biers in den Hals, wischte sich den Mund am Ärmel ab und gab den Humpen zurück. »Ich habe ein Saatkorn ausgestreut, das irgendwann in der Zukunft aufgehen und Früchte tragen soll, das war auch schon alles.«
     

Kapitel Vier
    Blinde Allianzen
1
     
     
    »Meister Kosta, bitte, seien Sie vernünftig. Warum sollte ich Ihnen etwas verheimlichen? Wenn ich eine Kur wüsste, könnte ich doch gut daran verdienen, oder nicht?«
    Die Bleiche Therese, eine Expertin für Gifte, verfügte über ein sehr gemütliches Besucherzimmer, in dem sie mit ihren Klienten vertrauliche Angelegenheiten besprach. Locke und Jean hockten mit überkreuzten Beinen auf großen, weichen Kissen, in den Händen kleine Porzellantassen mit starkem Jereshti-Kaffee, den sie jedoch nicht tranken. Therese, eine gesetzte Vadranerin von circa dreißig Jahren, hatte Augen wie Eisstücke und Haare, die so hell waren wie neues Segeltuch; die Spitzen dieses Schopfes fielen bis auf den Kragen ihrer schwarzen Samtjacke und wippten bei jedem Schritt, während sie vor ihren Gästen auf und ab wanderte. Ihre Leibwächterin, eine gut gekleidete Verrari-Frau, trug ein Rapier mit Korbgriff und eine Keule aus lackiertem Holz am Gürtel; in lässiger Haltung stand sie neben der einzigen Tür des Zimmers, die nun verschlossen war, und beobachtete schweigend die Szene. »Selbstverständlich«, erwiderte Locke. »Ich bitte um Vergebung, Madam, wenn ich nicht ganz auf der Höhe bin. Ich hoffe, Sie verstehen unsere Situation … vielleicht vergiftet, ohne eine Möglichkeit, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, geschweige denn, ein Gegenmittel zu besorgen.« »Doch, ja, Meister Kosta. Sie befinden sich in der Tat in einer höchst prekären Lage.«

»Dies ist das zweite Mal, dass ich vergiftet wurde, um meinen Willen zu brechen. Ich kann von Glück sagen, dass ich überhaupt noch lebe.«
    »Leider ist es eine höchst wirksame Methode, um jemanden an die Kette zu legen, nicht wahr?«
    »Kein Grund zur Selbstgefälligkeit, Madam.«
    »Ach, kommen Sie, Meister Kosta. Halten Sie mich bitte nicht für gefühllos.« Die Bleiche Therese hielt ihre linke Hand hoch, wobei sie eine Anzahl von Ringen und alchemischen Narben zeigte, und zu seiner Überraschung sah Locke, dass der vierte Finger fehlte. »Den verlor ich durch einen Unfall, als ich noch Lehrling war und leichtsinnig mit gefährlichen Substanzen experimentierte. Mir blieben zehn Sekunden, um zu entscheiden, was ich opfern wollte – den Finger oder mein Leben. Zum Glück lag ein scharfes

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