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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Messer griffbereit. Ich weiß, was es bedeutet, von den Früchten meiner Kunst zu kosten, meine Herren. Ich weiß, wie einem zumute ist, wenn man sich krank fühlt und voller Sorge und Verzweiflung darauf wartet, was als Nächstes passiert.«
    »Natürlich«, betonte Jean. »Bitte verzeihen Sie meinem Partner. Es ist nur … nun ja, die raffinierte Art und Weise, in der man uns offenbar vergiftet hat, ließ uns auf eine ebenso wundersame Heilung hoffen.«
    »Eine Faustregel besagt, dass es immer einfacher ist, jemanden zu vergiften als zu heilen.« Langsam massierte Therese den Fingerstumpf, eine Geste, die wirkte wie ein alter, vertrauter Tick. »Gegenmittel sind eine heikle Sache; in vielen Fällen sind sie selbst giftig. Es gibt kein Allheilmittel, keine Wunderkur, kein reinigendes Tonikum, das jedes in meinem Metier bekannte Gift neutralisiert. Und da die Substanz, die Ihnen zugefügt wurde, anscheinend wirklich eine ganz persönliche Rezeptur ist, würde ich Ihnen eher die Kehlen durchschneiden, als Sie aufs Geratewohl mit irgendwelchen Gegengiften zu behandeln. Die könnten Ihre Qualen nur verlängern, wissen Sie, oder sogar die Wirkung des Stoffs, der sich bereits in Ihrem Körper befindet, verstärken.«
    Jean stützte das Kinn in die Hand und sah sich in dem Besucherzimmer um. Eine Wand hatte Therese mit einem Schrein für den fetten, gerissenen Gandolo dekoriert, den Herrn der Münze und des Handels, den himmlischen Vater der geschäftlichen Transaktionen. An der gegenüberliegenden Wand stand ein Schrein für die verschleierte Aza Guilla, Herrin des Langen Schweigens, Göttin des Todes. »Aber Sie sagten doch, man würde verschiedene Substanzen kennen, die gewissermaßen im Körper eines Menschen schlummern, so wie das Gift, das man uns angeblich verabreicht hat. Engt das nicht das Feld der möglichen Heilmittel ein?«
    »Sicher, diese latenten Gifte gibt es. Der Extrakt der Schattenrose zum Beispiel kapselt sich monatelang in einem Körper ein, und wenn das Opfer nicht regelmäßig ein Gegenmittel nimmt, tötet er die Nerven ab. Welkweiß entzieht sämtlichen Lebensmitteln und Getränken die Nährstoffe; man kann Essen in sich hineinstopfen, so viel man will, und stirbt doch an Auszehrung. Anuella-Staub verursacht erst Wochen nach dem Einatmen Hautblutungen, die nicht zu stillen sind und allmählich zum Tod durch Verbluten führen … aber begreifen Sie nicht, wo das Problem steckt? Drei verborgene Gifte, drei unterschiedliche Wirkungsweisen. Ein Gegenmittel für ein Gift, das eine Blutkrankheit hervorruft, könnte Sie umbringen, wenn die Substanz, die in Ihrem Körper steckt, auf eine gänzlich andere Art wirkt.«
    »Verflucht«, entfuhr es Locke. »Also gut. Ich komme mir blöd vor, wenn ich jetzt davon anfange, aber … Jerome, du sagtest doch, es gäbe noch eine Möglichkeit …«
    »Bezoare«, half Jean aus. »Als Kind habe ich viel darüber gelesen.«
    »Bezoare sind leider ein Mythos.« Therese faltete die Hände vor dem Bauch und seufzte. »Nur ein Märchen, wie die Zehn Ehrlichen Wendehälse, das Schwert, das Herzen aß, die Trompete von Therim Pel und all der andere schöne Unsinn. Ich bin mir sicher, dass ich dieselben Bücher gelesen habe, Meister de Ferra. Aber ich muss Sie enttäuschen. Um magische Steine aus Drachenmägen zu entfernen, müsste es erst einmal irgendwo lebendige Drachen geben, oder?«
    »Sie scheinen wirklich sehr rar zu sein.«
    »Wenn Sie auf der Suche nach kostspieligen Wundermitteln sind«, fuhr Therese fort, »dann schlage ich Ihnen etwas anderes vor.«
    »Uns ist jedes Mittel recht …«, meinte Locke.
    »Die Soldmagier von Karthain. Ich kenne Berichte, in denen glaubhaft dargelegt wird, dass sie tatsächlich Wege kennen, um Vergiftungen zu heilen, die uns Alchemisten nicht zur Verfügung stehen. Allerdings kann sich nicht jeder ihre Honorare leisten.«
    »Diese Lösung kommt für uns nicht infrage«, brummte Locke.
    »Tja«, schloss Therese mit einer gewissen Resignation, »wenn ich Sie ohne Hilfe wieder auf die Straße setze, tut das weder meiner Geldbörse noch meinem Gewissen gut, trotzdem kann ich Ihnen in Anbetracht der spärlichen Informationen nicht mehr bieten. Und Sie sind sich ganz sicher, dass Sie erst kürzlich vergiftet wurden?«
    »Es passierte gestern Nacht, Madam. Für unseren … Peiniger war es die erste Gelegenheit.«
    »Dann gebe ich Ihnen einen kleinen Trost mit auf den Weg: Bleiben Sie für dieses Individuum von Nutzen, und vermutlich sind Sie

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