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Sturm über Sylt

Sturm über Sylt

Titel: Sturm über Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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hatten sie es in Wien verabredet: Erst das Konzert! Seelische Erschütterungen taten Alettas Stimme nicht gut. Sie musste sich frei fühlen, um frei singen zu können. Und sie wollte diesmal besonders gut sein, so gut, dass sie jeden überzeugte. Jeden!
    »Hast du dir überlegt, wie lange du bleiben willst?«, fragte Ludwig, obwohl er sie vor der Reise schon oft gefragt hatte.
    Aletta umklammerte seinen Arm noch fester und gab die Antwort, die sie jedes Mal gegeben hatte: »Das kann ich erst entscheiden, wenn ich mit meinen Eltern und mit Insa gesprochen habe. Vielleicht wird alles wieder gut, dann können wir beide hier Urlaub machen. Ich habe ja Zeit. Die Proben für Madame Butterfly beginnen erst im August.«
    Als sie am Ende der Friedrichstraße angekommen waren, zögerte Ludwig. »Noch weiter?«
    Aletta nickte, und ohne einen Kommentar überquerte Ludwig mit ihr die Maybachstraße. Kurz darauf ging es nach links in die Stephanstraße, die an der linken Seite von einer dichten Baumreihe gesäumt wurde. An der Ecke stand ein weiß getünchtes Haus mit einem kleinen dunklen Pavillon neben dem Eingang.
    »Das gehörte dem Kapitän Friedrich Erichsen«, erklärte Aletta. »Nach ihm wurde die Friedrichstraße benannt.«
    Das Nebengebäude war ebenso weiß und gut gepflegt wie das Haus des Kapitäns, dann folgte mit nur wenigen Metern Abstand ein dunkles zweigeschossiges Haus, weniger einladend mit seiner düsteren Fassade, aber genauso stattlich und respektabel.
    Alettas Schritte wurden langsamer, Ludwig begriff sofort, warum. »Das ist es?«, flüsterte er, als könnte Alettas Familie in ihrem Haus aufgeschreckt werden.
    Aletta blieb stehen, tastete nach Ludwigs Hand und drückte sie fest. Er rührte sich nicht, wartete darauf, dass ihr Körper ein Zeichen gab, dass er sich rückwärts oder vorwärts bewegte, zögerte oder sich entschloss.
    Die Straße war dunkel, sie war nicht bedeutend genug, um nachts gut beleuchtet zu werden. Lediglich zwei Laternen gab es, die es aber nicht schafften, so viel Licht zu spenden, dass gefahrloses Vorankommen möglich war. Auf dem unbefestigten Weg gab es viele Unebenheiten, Steine, tiefe Spuren von Rädern, achtlos Weggeworfenes, auch Tierexkremente. Zwar war der Fremdenverkehr mittlerweile in alle Straßen Westerlands gedrungen, weil sich viele Hausbesitzer entschlossen hatten, sich mit dem Vermieten von Zimmern etwas dazuzuverdienen, aber ein Entgegenkommen der Stadt Westerland in Form gut gepflasterter Straßen und ausreichender Beleuchtung erhielten nur die Feriengäste, die in den großen Hotels logierten.
    Die Häuser in dieser Straße standen dicht nebeneinander, doch hinter ihnen dehnten sich große Grundstücke. Trotz der Dunkelheit war zu erkennen, dass einige Häuser bereits durch Anbauten erweitert worden waren, um mehr Platz für Logiergäste zu haben, und viele Gärten nicht mehr nur zum Anbau von Obst und Gemüse dienten, sondern auch dem Aufenthalt erholungssuchender Sommerfrischler, die in der Sonne sitzen und die gute Seeluft genießen wollten, ohne dafür zum Strand gehen und sich später mit der sandigen Kleidung abplagen zu müssen.
    »Vater hat schon vor zwölf Jahren aus dem Hühnerstall zwei Fremdenzimmer gemacht«, sagte Aletta. »Insa hat die Gäste versorgt, wenn welche kamen.«
    Nun entschloss sie sich, einen Schritt voranzumachen, ohne jedoch Ludwigs Hand loszulassen. Er folgte ihr, nahm zunächst ihr Zögern auf, trieb sie dann aber mit ein paar Schritten schneller voran.
    Doch Aletta löste sich von seiner Hand, als sie den hellen Kreis der nächsten Laterne erreichten. An seinem Rand blieb sie stehen und nickte zu dem dunklen Haus, in dem ein Fenster im Erdgeschoss beleuchtet war. Dahinter war eine Bewegung auszumachen.
    »Insa«, flüsterte Aletta. »Wahrscheinlich bereitet sie das Frühstück für die Gäste vor, damit es morgen früh schneller geht.«
    »Vielleicht hat sie auf deinen Besuch gewartet«, gab Ludwig zurück. »Wenn sie weiß, dass du heute eingetroffen bist ...«
    Aber davon wollte Aletta nichts hören. »Sie muss zu meinem Konzert kommen. Insa und meine Eltern müssen wissen, dass ich morgen nur für sie singe.«
    »Du hast recht«, räumte Ludwig ein. »Und du wirst singen wie nie zuvor.«
    Aletta machte kehrt. Nun war sie es, die Ludwig mit sich zog. »Wenn sie das Lied hören, das bei uns an jedem Feiertag gesungen wurde, dann müssen sie verstehen, was ich ihnen sagen will.«
    Das Auffälligste an Vera Etzold waren neben ihren

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