Sturm ueber Thedra
die Höhle hinein.
"Ja, das wäre schön. - Ja!", klang es dumpf aus der Tiefe der Grotte zurück. "Ist es immer noch so naß da draußen? - Ist es?"
"Ziemlich!", schrie Teri zurück und begann das Tier zu bearbeiten. "Aber nicht mehr lange, die Sonne scheint schon wieder!"
"Wenn dein Karnickel fertig ist, kannst du bestimmt schon herauskommen!", brüllte Aganez. „Die Felsen sind schon fast trocken!"
Hoch über dem kleinen Plateau schwebte ein kleiner Raubvogel, der von der Farbe des Kaninchenblutes angelockt worden war. Verwundert registrierte er, dass sich zwei seltsame Tiere lautstark um die Beute stritten. Da auch noch der Berg selbst wunderliche Töne von sich gab, schien dem Vogel ein Beuteflug denn doch zu riskant zu sein und er flog lieber weiter. - Das dumme Tier konnte ja nicht wissen, dass es nur drei Freunde in fröhlicher Unterhaltung gesehen und gehört hatte.
Zur Essenszeit waren die Felsen wirklich abgetrocknet, so dass Ging sich tatsächlich aus der Grotte heraustrauen konnte. Genüßlich biss er in das gebratene Kaninchenfleisch, und Teri erfuhr, dass Wanderer keineswegs Verwestes als Nahrung bevorzugten. Vielmehr war es so, dass sie, die sie mit einem besonders feinen Gespür für Dinge begabt waren, es einfach nicht ertrugen, dass ihretwegen Tiere getötet wurden. Teri hatte sich noch damit behelfen können, dass sie, damals in der Nische, die Krebse in ihr Halstuch gewickelt hatte, bevor sie sie erstach. Bei Wanderern, deren Empfindung noch um ein Vielfaches stärker ausgeprägt war, halfen solche Tricks nicht. - Sie spürten die Art des Sterbens in jeder Berührung und mit jedem Bissen, und so war es ihnen unmöglich, ein Tier zu verzehren, das nicht eines halbwegs natürlichen Todes gestorben war; denn sie haßten die Gewalt - und verabscheuten im Grunde genommen jedes denkende Wesen, das andere Wesen tötet, nur um zu essen.
Teri war beeindruckt, und Aganez nickte weise zu den Erklärungen Gings. Sollte ihm daran etwas neu gewesen sein, so ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.
Nach dem Essen beschloß die Gruppe, den Weg heute nicht mehr fortzusetzen. Ging hatte immer noch Bedenken wegen der angeschwollenen Wasserläufe, Teri war faul und zufrieden, und auch Aganez konnte eingestandenermaßen einen ruhigen Nachmittag gut gebrauchen. So nahm sich Teri denn ihr Bündel als Kopfkissen und legte sich vor der Grotte ein wenig in die Sonne. Aganez, der die Hände nie stillhalten konnte, hatte all seine Taschen entleert und überprüfte seine Bestände. Ging dagegen hatte sich sofort nach dem Ende der Mahlzeit in die Grotte zurückgezogen und schlief schon lange.
Teri spürte die Wärme auf ihrer Haut und genoß den frischen Wind, der sanft ihr Gesicht fächelte. - Was für ein Glück es doch war, dass sie auf Ging gestoßen waren! Allein hätten sie bei ihrer Suche hier Jahre vergeuden können, ohne etwas zu finden; und wenn Ging nicht irrte, waren sie nun auf dem direkten Weg zum Hort der Schlafenden Armee. Besonders erfreulich fand Teri es auch, dass Aganez ein besseres Verhältnis zu Ging gefunden hatte. - Jetzt hätte man die Wanderung direkt als angenehm bezeichnen können, wenn - ja wenn die Sehnsucht nach Fakun und Fe nicht immer wieder über Teri gekommen wäre. Am Abend, vor dem Einschlafen, war es immer besonders schlimm. Gern hätte Teri wenigstens gewußt, wie es ihrem Mann und ihrem Kind ging, wenn sie schon nicht bei ihnen sein konnte. In so mancher Nacht waren ihr Fakun, Fe und auch Ena im Traum erschienen, und es waren durchaus nicht nur gute Träume gewesen, die sie gehabt hatte. Nichts wünschte Teri sich sehnlicher, als endlich ihren Auftrag zu erfüllen - diese Unrast loszuwerden, die sie vorantrieb - und diese Interessen, die nicht die ihren waren, einfach abzustreifen und zurückzulassen.
So als hätte Ging ihre Gedanken erraten, kam er plötzlich aus der Höhle gekrabbelt und stieß Teri ganz aufgeregt an. Ich habe mich geirrt!", gab er bekannt. "Wir können die Höhle der Schlafenden Armee noch heute erreichen! Der Eingang ist ganz nahe bei dieser Grotte! Eben ist es mir eingefallen! - Ich habe mich geirrt!"
Nun war es mit Teris Ruhe vorbei. Hastig setzte sie sich auf und griff nach ihrem Bündel. Aganez warf Ging einen seltsamen Blick zu und raffte schnell seine Sachen zusammen, die er auf der Felsplatte ausgebreitet hatte.
Ging wartete gar nicht erst ab, bis seine Gefährten abmarschbereit waren, sondern arbeitete sich die Schräge des Hügels hinab, bis
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