Sturm ueber Thedra
sprach. - Fokom hatte sich vorgebeugt und schaute die anwesenden Offiziere der Reihe nach an. "Die Dramilen sind schwach! Steinhauer werden das Gitter am Simsweg stürzen und ihr könnt leicht in die Stadt gelangen. Nehmt zweitausend Kämpfer. Mehr wäre zu viel!
"Haben wir einen neuen Oberbefehlshaber?" Keldans Stimme hatte einen schrillen Unterton. Sein Gesicht war gerötet und ließ deutlich seinen Ärger erkennen.
"Teilt euch in Gruppen zu hundert!" Fokom ließ sich nicht stören. "Unsere Leute kennen sich aus in der Stadt. Zehn Moorstädter weisen eine Hundertergruppe Befrei... "
Plötzlich sprang Keldan mit hochrotem Gesicht auf. "Was soll das?", brüllte er Fokom an und machte ein paar schnelle Schritte auf den Seher zu. "Werde ich vielleicht auch noch mal gefragt?"
"Lass ihn!" Teri war ebenfalls aufgesprungen und legte Keldan jetzt begütigend die Hand auf den Unterarm. Sie kannte ja die herrische, unfreundliche Art der Moorstädter. "Er meint es nicht so - und er weiß schon, was er tut."
"Ich vielleicht nicht?" Keldan war völlig entnervt und überfordert. Er war in diesem Winter zu einem richtigen Feldherrn geworden, der sich nur ungern von anderen belehren ließ. Er hatte die Armee groß gemacht. Er hatte sie durch den Winter gebracht. Seiner Geschicklichkeit war es zu verdanken, dass bislang alles so reibungslos gelaufen war. - Und nun kam so ein dahergelaufener Moormensch, warf seine Planung über den Haufen - und Teri gab ihm auch noch recht?
"Fokoms Plan ist gut!" Teris Stimme war schärfer geworden. "Wir beide können schließlich nicht überall zugleich sein, um unsere Leute einzuweisen. - Da ist es sehr nützlich, wenn die Moormenschen uns dabei helfen."
Keldan zog ein beleidigtes Gesicht, und Teri merkte, dass sie ungeduldig wurde. "Es scheint, dass es dir mehr um deinen Ruhm geht, als um die Sache", warf sie Keldan entgegen. Willst du Menschenleben opfern um deiner Macht willen? Sollen die Dramilen unsere Leute auf Irrwege locken und aus dem Hinterhalt angreifen? - Auf wessen Seite stehst du, Keldan? - Willst du Befreier oder Henker sein?"
Das waren harte Worte, und Teri bedauerte sie, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte.
In Keldans Gesicht zuckten unkontrolliert einige Muskeln. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wolle er sein Schwert ziehen und auf Teri und Fokom gleichzeitig losgehen. - Dann besann er sich, drehte sich wortlos um und verschwand in seinem Zelt.
"Er ist kein schlechter Mann." Fokom sah sinnend auf den Eingang des Zeltes. "Er ist nur schwach. - Er weiß, dass seine Macht begrenzt ist, nur deshalb muß er jedes Stückchen davon verteidigen."
Teri schämte sich. Sie sah Lkeide nach, die jetzt auch in Keldans Zelt hineinging.
"Jetzt bist du die Herrscherin über die Armee!" Fokom sah Teri ernst an. "Er wird nicht zurückkehren!"
"Ach was!" Teri schüttelte ärgerlich den Kopf. Sie wollte nicht glauben, dass Keldan so leicht zu erschüttern sei. "Er hat seine Sache bislang gut gemacht. Die Befreiten vertrauen ihm. Er wird einsehen, dass dein Plan gut ist, und ..."
"Er ist müde", unterbrach Fokom sie. "Er hat Angst, zu versagen. - Du bist die Hüterin der Armee! Du bist es, die die Schlafende Armee erweckt hat! Du wirst sie in den Kampf führen und niemand sonst!"
Teri wußte nicht, was sie darauf antworten sollte. So saß sie nur schweigend da und schaute in das Häufchen Glut, das von dem Lagerfeuer vor den Zelten der Offiziere übriggeblieben war. Genauso verbraucht und ausgebrannt wie diese Asche, die eben noch starkes Holz und loderndes Feuer gewesen war, fühlte sie sich selbst. Woher sollte sie noch die Kraft nehmen? - Wie die Verantwortung tragen, eine Schlacht zu führen? - Aber hatte sie nicht schon die Führung übernommen, als sie Keldan maßregelte? Würde sie es zulassen können, dass Fehler gemacht wurden, die Menschenleben gefährdeten? Teri hob den Blick und sah Fokom in die Augen. Dieser Mann wußte, was er sagte - und Teri ahnte jetzt auch, dass er Recht hatte.
Lkeide kam aus Keldans Zelt und setzte sich zu Teri und Fokom an das Feuer. "Er weint", sagte sie. "Er will niemanden sehen - auch mich nicht. - Wenn ich ihn richtig verstanden habe, will er das Heer nicht mehr führen. Er meint, dass er dazu nicht geeignet sei."
"Er tut mir Leid!" Teri legte ihrer Freundin eine Hand auf den Unterarm. "Das wollte ich nicht!"
"Er tut mir auch Leid!" Lkeide senkte den Blick. "Aber es ist besser dass er heute versagt, als morgen in der Schlacht. -
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