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Sturm ueber Thedra

Sturm ueber Thedra

Titel: Sturm ueber Thedra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Stuhr
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und ihr Eßgeschirr.
    Desinteressiert stocherte eine der Stadtwachen mit der Spitze seiner Waffe in den Kleidern herum. "Einpacken und mitkommen!"
    Die Kontrolle ihrer Habe war damit abgeschlossen, und Teri packte ihre Sachen unter dem Gegaffe der Menge wieder zusammen.
    "Beeil dich und komm mit!", forderte der Mann, der Teri das Bündel von der Schulter gestoßen hatte mürrisch.
    Verbissen schweigend knotete Teri ihre Felldecke auf das Bündel und stand auf.
    "Komm jetzt!" Flankiert von den zwei Männern wurde Teri wie eine Diebin abgeführt.
    Auf dem Weg zur Höhle der Wachen blieben etliche Leute stehen und schauten den beiden Stadtsoldaten nach, die Teri in ihre Mitte genommen hatten. Wieder bekam sie einige Kommentare zu hören: "Schau mal, die Fremde! Was die wohl ausgefressen hat?" – „Wo die wohl herkommt? Bestimmt nicht von hier!“ – „Schau mal, die Kleider!" - "Gut dass die Wachen aufpassen!"
    Schließlich kam die kleine Gruppe zur Höhle der Wachen.
    "Eine Fremde!" So wurde Teri dem Hauptmann der Stadtwache vorgestellt. "Behauptet Thedranerin zu sein."
    "Ich bin Thedranerin! Meine Eltern haben ihr Wohnrecht aufgegeben. Ich will ..."
    "Warum bist du nicht zur Belehrung gekommen?" Der Offizier schaute Teri mißtrauisch an.
    "Zur Belehrung?" Was sollte das denn sein?
    "Jeder Fremde, der nach Thedra kommt, muß belehrt werden. - Neues Gesetz!", erklärte der Hauptmann. "Also, dann fangen wir mal an."
    Was folgte, war eine ellenlange Aufzählung von Vorschriften und Verboten, die alle das Leben in Thedra betrafen. In schier endlosem Monolog leierte der Hauptmann solche Plattheiten wie, `Du sollst auf dem Markt nichts stehlen, niemanden verprügeln und auf der Hauptstraße nicht deine Notdurft verrichten!' herunter. Schließlich verbot er Teri ausdrücklich das Betteln im gesamten Stadtgebiet und erklärte, wenn sie sich Männern anbieten wolle, so sei das nur auf dem Hafenplatz statthaft.
    Teri hörte sich den ganzen Sermon ungeduldig an. Hoffentlich war dieser schmierige Hauptmann bald fertig! Die Tagteilung war nicht mehr weit, sie mußte zum Tor des Schwalbenhafens.
    Der Hauptmann machte eine Pause.
    "Ich habe es eilig!" Teri versuchte ihrer Stimme so viel Bestimmtheit zu verleihen wie nur möglich. "Obmann Athan erwartet mich."
    "So, Obmann Athan erwartet dich!" Der Hauptmann lachte auf. "Und danach gehst du dann zum König, nicht wahr? - Der wartet doch bestimmt auch schon."
    Teri sog scharf die Luft ein und setzte zu einer bissigen Erwiderung an, ließ es dann aber doch lieber.
    "Na, dann will ich mal nicht so sein und dich vorzeitig gehen lassen", meinte der Hauptmann mit gönnerhafter Miene. "Den König soll man nicht warten lassen. - Aber da fällt mir noch etwas ein: Ich habe heute früh auf dem Marktplatz zwei Bronzestücke verloren. Du warst doch dort. Ich könnte mir vorstellen, dass du sie gefunden hast."
    Teri begriff sofort. Sie war vielleicht in manchen Dingen naiv, aber nicht so naiv. Jetzt war das Maß voll! "Hauptmann", sagte sie in ruhigem und freundlichem Ton, "ich bin Thedranerin und war lange Zeit auf Reisen. Gleich werde ich Obmann Athan in einer äußerst wichtigen Angelegenheit aufsuchen, und ich möchte ihm nicht berichten, dass ich auf dem ganzen Kontinent besser und höflicher behandelt wurde als in meiner Heimatstadt. - Und was euer angeblich verlorenes Geld angeht, so sucht es nur selbst! Aber dann wirklich auf dem Markt und nicht in den Taschen der Gäste dieser Stadt! - Es könnte nämlich sein, dass Obmann Athan in nächster Zeit ein oder zwei Agenten aussendet, um euch zu prüfen."
    Mit diesen Worten, die es wert waren in Ton geritzt und in Bronze gegossen zu werden, stand sie auf, nahm ihr Bündel und ging hinaus. Niemand hielt sie auf.
    Erst auf der Straße, etliche Schritte von der Wache entfernt, begann ihr Herz wie wild zu schlagen. Aber nicht plötzliche Angst ob ihrer Kühnheit war es, die ihren Körper mit einer heißen Welle durchzog, sondern die Wut und die Enttäuschung über eine neue Erkenntnis: - Dass Großmütterchen Thedra lange, schmutzige Krallen hatte - und sich auch nicht scheute, sie zu gebrauchen!

    "Hallo, Eichhörnchen, du bist aber gewachsen!" Einer der Wächter des Schwalbenhafens hatte Teri erkannt und sie mit ihrem alten Spitznamen angerufen.
    Freundlich lächelnd ging sie auf ihn zu und musterte ihn aufmerksam. "Na, wollen wir es mal wieder versuchen?"
    Der Wächter verstand sofort, dass Teri das alte Ritual des Eichhörnchenspiels

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