Sturm und Drang
antworte ich, aber während wir weitergehen, beuge ich mich zu ihr und flüstere ihr ins Ohr.
»Ich glaube, jemand folgt uns.«
Makri hebt die Brauen, geht aber weiter, damit die Person, die uns folgt, nicht argwöhnt, dass sie bemerkt wurde. Ich flüstere wieder in ihr Ohr.
»Wir sollten das lieber klären, bevor wir die Taverne erreichen. Ich möchte niemanden zu Lisutaris führen.«
Makri nickt. Der Nebel wird immer dichter. Ich kann kaum ein paar Fuß weit sehen, aber ich höre immer wieder leise Schritte hinter uns. Als wir an der nächsten Gasseneinmündung vorbeikommen, huscht Makri lautlos hinein, während ich weitermarschiere.
Ich rede weiter, als wäre sie noch bei mir.
»Du hast ganz Recht, Makri. Ich habe mich auf dem Schlachtfeld letzten Monat heroisch geschlagen. Ich denke, die Stadt wird mir zu Ehren eine Statue errichten. Die Stadtväter warten schon lange auf einen guten Mann, der die Stadt führt, und es würde mich nicht überraschen, wenn man mich sogar in den Senat wählen würde. Steck mich in einen passenden Umhang, dann werde ich die Angelegenheit schon regeln.«
Falls unser Verfolger nicht bemerkt hat, dass Makri in die Gasse getreten ist, sollte er sich jetzt zwischen uns befinden. Ich drehe mich um und gehe zurück.
»Makri.« Die Stimme klingt klar und deutlich durch den Nebel. Ich kann nichts sehen und beschleunige meine Schritte. Ich höre Makris Antwort.
»Marizaz.«
Als ich den orkischen Namen höre, fange ich an zu rennen, weil ich fürchte, dass sie auf einen Invasionstrupp gestoßen ist, aber als ich am Schauplatz ankomme, finde ich Makri Aug’ in Aug’ mit einem einzelnen Ork. Er ist nach orkischen Maßstäben gemessen nicht sehr groß, aber dafür ausgesprochen breitschultrig. Er hält ein Schwert in beiden Händen und trägt einen Umhang und eine Kapuze, was ihn auf den nebligen Straßen vor einer Entdeckung geschützt haben mag. Der Ork sieht mich an.
»Wer ist das?«
»Ein Freund«, erklärt Makri.
»Du hast sogar menschliche Freunde?«
»Ja.«
Der Ork sieht mich verächtlich an. Offenbar mache ich keinen großen Eindruck auf ihn. Ich zücke mein Schwert. Vielleicht hilft das.
»Wir haben Gerüchte gehört, dass du dich den Menschen angeschlossen hättest«, meint der Ork. »Aber ich habe es nicht geglaubt. Bis jetzt.«
Sie unterhalten sich in gemeinem Orkisch, das ich ganz gut verstehe und leidlich spreche.
»Seid ihr alte Busenfreunde?«, frage ich Makri in derselben Sprache. Sie hat ihre Axt eingesteckt und hält jetzt ihre beiden Schwerter in den Händen.
»Das ist Marizaz«, antwortet Makri. »Der zweitbeste Gladiator der orkischen Arenen.«
»Jetzt die Nummer eins.«
»Aber nur, weil ich verschwunden bin.«
»Ich hätte dich schon bald getötet«, prahlt Marizaz.
»Was machst du hier?«, will Makri wissen.
»Ich bin hier, um eure Oberhexe zu töten.«
»Das dürfte Euch kaum gelingen«, kläre ich ihn auf.
»Ich hätte sie bereits erledigt, wenn sie nicht aus ihrem Haus geflüchtet wäre.«
Dass dieser orkische Attentäter in Lisutaris’ Haus eingedrungen ist, beunruhigt mich. Ich nehme an, dass er nicht einfach so nach Turai hereinspaziert und durch Thamlin geschlendert ist. Jemand muss ihm geholfen haben.
»Wie seid Ihr in die Stadt gekommen?«, verlange ich zu wissen.
»Genauso leicht, wie Prinz Amrag das bald tun wird«, erwidert er. Diese Antwort ist nicht sehr informativ, muss ich sagen.
Der Art und Weise, wie Marizaz und Makri sich anstarren, entnehme ich, dass sie in der Arena keine allzu guten Freunde waren.
»Du hättest Gladiator bleiben sollen«, meint Makri. »Meuchelmord liegt dir nicht.«
»Es liegt mir gut genug. Und obendrein dich töten zu können ist eine unverhoffte Zugabe.«
»Hast du vergessen, wie ich kämpfe?«
Marizaz schnaubt verächtlich. »Man hat dir immer leichte Gegner gegeben, weil du eine Frau bist.«
Makri sieht ihn grimmig an. Ich habe sie selten so empört erlebt, und ich habe ihr mehr als genug Beleidigungen an den Kopf geworfen. Sie wirft mir einen Seitenblick zu.
»Thraxas, misch dich nicht ein.«
Als Makri damals eine junge Elfe in Avula zum Kampf ausbildete, hat sie mir erklärt, dass sie zwei verschiedene Kampftechniken in den orkischen Gladiatorengruben erlernt hätte. Die eine, der »Weg des Berserkers«, scheint darin zu bestehen, möglichst aggressiv vorzugehen und seinen Gegner zu zerfleischen, ganz gleich, was es kostet. Die andere Technik, der »Weg des Besonnenen Kriegers«, ist eher
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